Christoph Mülleneisen - Filmproduzent in Berlin und Landrat des Kreises Kempen - eine Lebensskizze

von Gerhard Rehm

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Einleitung
Ausbildung und Jugend
Mülleneisen und der deutsche Film: Die Anfänge in Köln und Berlin
Die Zeit in Konstantinopel -
Mülleneisen als Filmproduzent und Filmhändler
Mülleneisen als Landrat


Einleitung

Über Christoph Mülleneisen, der von Juni 1945 bis Mai 1946 Landrat des Landkreises Kempen-Krefeld war, ist nur wenig bekannt. Das liegt sicherlich an der relativ kurzen Zeitspanne, in der er dieses wichtige Amt als Nachfolger des Kempener Zeitungsverlegers Wilhelm Engels ausübte, zumal bereits Ende 1945 das britische kommunale Verfassungssystem eingeführt wurde, das den Landrat lediglich als Vorsitzenden des Kreistages vorsah, während die Leitung der Verwaltung und damit die Exekutive dem Oberkreisdirektor übertragen wurde.

Die Leistungen Mülleneisens für die Bevölkerung des Kreises in der schwierigen Zeit der politischen Neuordnung unter der Aufsicht der britischen Militärverwaltung, die großen Anstrengungen, die nötig waren, um eine einigermaßen auskömmliche Versorgung der Bewohner mit den Dingen des täglichen Bedarfs sicherzustellen, sind allerdings in den Grundzügen gewürdigt worden.

Was sich allerdings hinter seiner Berufsbezeichnung „Filmproduzent" verbirgt, mit der er in Akten und Literatur genannt wird, ist nicht weiter hinterfragt worden. Dies hatte insofern eine gewisse Berechtigung, als prima vista kaum angenommen werden konnte, daß von seinem damaligen Wohnort Lobberich wichtige Impulse für das Filmschaffen ausgegangen seien. Geht man dieser Frage jedoch nach, so stößt man auf eine Persönlichkeit, die einen ungewöhnlichen und außerordentlich interessanten Lebensweg aufweist, ja von Köln und Berlin aus als Produzent und Verleiher eine wichtige Rolle im deutschen Filmgeschäft der ersten vier Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts gespielt hat. Daß diese weithin unbekannte Rolle Christoph Mülleneisens als Filmproduzent in den Blick genommen werden kann, ist der Tatsache zu verdanken, daß seine Enkel die erhalten gebliebenen Teile seines schriftlichen und fotographischen Nachlasses öffentlich zugänglichen Institutionen, dem Kreisarchiv Viersen und dem Filmmuseum Berlin Deutsche Kinemathek, übergeben haben. Dieser Nachlaß, der im Wesentlichen aus Zeitungsartikeln zur Filmindustrie allgemein und zu Christoph Mülleneisen im Besonderen besteht, aber auch mehrere private Fotoalben, persönliche Dokumente und einige Geschäftsunterlagen enthält, ist nur ein Teil des Schriftgutes und der Mobilien, die Mülleneisen 1944 vor den Gefährdungen des Bombenkrieges in Berlin nach Lobberich, in die Heimatstadt seiner Ehefrau, flüchten wollte. Von den fünf „Containern", die Berlin verließen, erreichten nur zwei ihr Ziel, die übrigen verschwanden im Duisburger Hafen auf Nimmerwiedersehen. Für die relative Quellenarmut kann als weiterer Grund der Umstand namhaft gemacht werden, daß Mülleneisen vermutlich 1930 der Fachzeitschrift Lichtbildbühne Unterlagen geschenkt hat, die mitsamt dem Archiv während des Krieges in Berlin vollständig verbrannt sind.

Es kann nicht Ziel dieses Beitrages sein, die Rolle Christoph Mülleneisens und seines gleichnamigen Vaters in der frühen deutschen Filmgeschichte umfassend zu erhellen und einzuordnen. Das muß von der berufenen Seite der Filmgeschichtsschreibung geschehen. Einige Hinweise können anhand neuerer Literatur gegeben werden. Im Großen und Ganzen sollen lediglich die Erkenntnisse ausgebreitet werden, die sich anhand der jetzt neu zur Verfügung stehenden Quellen zu Leben, Persönlichkeit und Wirksamkeit Christoph Mülleneisens ergeben.

Ausbildung und Jugend

Christoph Mülleneisen wurde am 22. Dezember 1887 in Köln geboren. Seine Taufnamen waren Theodor Maria; entsprechend der Familientradition bürgerte sich jedoch der Vorname Christoph ein3• Seine Eltern waren der Filmproduzent Christoph Mülleneisen und seine Ehefrau Friederike Catharina Bernhardine Lammine, beide katholischer Konfession. Mülleneisen besuchte die Volksschule in Hitdorf seit ca. 1897 bis 1899, setzte dann seine Schulausbildung bis 1904 in Dolhain in Belgien fort. Bereits 1902 hielt er sich für mindestens 2 Monate in Yverdon in der französischen Schweiz auf. Von 1904 bis 1906 unterbrach er seine schulische Laufbahn für einen Auslandsaufenthalt auf den Kanarischen Inseln. Anschließend setzte er seine Studien im bereits genannten College et Ecole Supfrieure zu Yverdon fort. Nachweislich verbrachte er dort ein Semester vom 21. April bis zum 27. September 1906. Zusätzlich läßt sich ein Schulaufenthalt im englischen Gravesend nachweisen4• Diese Stationen lassen darauf schließen, daß seine Eltern ihm eine gründliche und weltläufige schulische Ausbildung zukommen ließen, die zweifellos seinem späteren beruflichen Leben zugute kam. Insbesondere scheint das Erlernen von Fremdsprachen eine große Rolle in seiner Ausbildung gespielt zu haben, zumal ihm das Lernen nach Aussage einer seiner Englischlehrer keine Probleme bereitete. Mülleneisen dürfte entsprechend seiner diversen Lebensstationen neben Englisch und Französisch zumindest Spanisch und Italienisch gesprochen haben. Seine die Schulzeit unterbrechende Auslandsreise zu den Kanarischen Inseln paßt in dieses Muster gediegener Ausbildung. Bei der Abreise zu den Kanarischen Inseln hält ein selbstbewußter 17-jähriger junger Mann offenbar seinen Reisepaß dem Fotografen entgegen. Die Fahrt war offensichtlich nicht als Vergnügungsreise geplant, denn Mülleneisen, der sich vom 17. April 1904 bis zum 3. Juli 1906 in Las Palmas aufhielt5, sollte sich praktische berufliche Kenntnisse aneignen. Sein Vater gab ihm eine Bescheinigung mit auf den Weg, nach der er sich „eine Stellung in einem achtbaren ausländischen Kaufhause auf spanischem und später italienischem Boden zu suchen [habe], um sich auf Grund seiner bisherigen in Deutschland, Belgien, Frankreich und England erworbenen Sprachkenntnisse in der Kaufmannschaft vorzubilden". Mülleneisen arbeitete als Sekretär bzw. als stellvertretender Vizekonsul des kaiserlichen deutschen Vizekonsulats auf der spanischen Insel6• Darüber hinaus war er über ein Jahr bei verschiedenen Schifffahrtslinien tätig, u.a. als Zahlmeister (purser) auf einem zwischen den Kanarischen Inseln verkehrenden Schiff?. Die mit der langen Reise verbundene Entlassung aus der preußischen Staatsbürgerschaft wird erst 1928 durch Wiedereinbürgerung rückgängig gemacht8• In den dazwischen liegenden Jahren galt Mülleneisen als staatenlos. Auch nach seiner Rückkehr zeigt sich Mülleneisen reisefreudig. In seinem Paß hat er die wesentlichen Aufenthalte für die Jahre 1906 und 1907 notiert: Köln, London, Köln, Dolhain, Köln, Liverpool, wo er sich am 22. Juli auf der „Burutu" für eine Seereise nach Westafrika einschiffte9, von der er am 7. September zurückkehrte. Von Liverpool reiste er über Dover nach Köln. Insbesondere Westafrika scheint es Christoph Mülleneisen angetan zu haben. Noch im Dezember desselben Jahres kehrte er nach Afrika zurück, wo er nahezu zwei Jahre (25. Dez. 1907 bis 27. Aug. 1909) in der französischen Kolonie Elfenbeinküste lebte und Reisen zur Goldküste und nach Belgisch-Kongo unternahm 10. Dort scheint eine jahrzehntelange Freundschaft mit Albert Picard entstanden zu sein, der als „administrateur" in Aboisso lebte. Noch in den 40er Jahren waren die Familien Mülleneisen und Picard persönlich und geschäftlich verbunden 11 • In Westafrika arbeitete Mülleneisen als Vertreter (agent) der Dunlop Trading Cie. Anschließend war er in Mailand für die Dunlop Pneumatic Tyre Co. tätig12• Ein Jahr nach seiner Rückkehr unternahm Christoph Mülleneisen 1910/1911 eine Studienreise in die Vereinigten Staaten und Kanada. Er besuchte Halifax, Montreal, Ottawa, Winnipeg, wo er sechs Monate verlebte13• Anschließend reiste er nach Regina und Vancouver am Stillen Ozean. Sein Vater hatte dem 23jährigen eine Vollmacht mit auf den Weg gegeben, um Grundbesitz in Kanada zu erwerben14 . Ob Christoph Mülleneisen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, ist anhand des Nachlasses nicht festzustellen. Desgleichen kann nur die Frage gestellt aber nicht beantwortet werden, ob er während seiner Studienreise Eindrücke vom kanadisch-amerikanischen Filmwesen gesammelt hat, die ihn z.B. für seine spätere berufliche Tätigkeit im Nahen Osten qualifizierten bzw. seine spätere Arbeit als Filmproduzent beeinflußten.

Mülleneisen und der deutsche Film: Die Anfänge in Köln und Berlin

Nach dieser umfassenden kauf- und weltmännischen Ausbildung trat Mülleneisen 1910 in sein eigentliches Metier, das Filmgeschäft, ein. Als 1941 die weitere Zulassung der Majestic Filmgesellschaft als Filmhersteller durch die Reichsfilmkammer auf dem Spiele stand, erwog Mülleneisen, für eine zustimmende Entscheidung seine persönlichen Verdienste um die deutsche Kinematographie in die Waagschale zu werfen15. In einem Schreiben an seinen Berliner Rechtsanwalt Vandeneschen, das allerdings vorerst nicht an die Reichsfilmkammer weitergeleitet werden sollte, entwarf er eine Begründung, um die geforderte „kulturpolitische Eignung" für sich nachzuweisen. Als sein eigentliches Arbeitsgebiet bezeichnete Mülleneisen „die Auswahl und Überwachung der Stoffbearbeitung, ferner die Frage der Regisseure und der hauptsächlichen Besetzung". Dieser grundsätzlichen Aussage schließt sich ein historischer Abriß seiner zahlreichen Tätigkeiten in der Filmwirtschaft an. Bereits 1910, also im Alter von 23 Jahren, war er Juniorpartner in dem damals größten Filmunternehmen Deutschlands, der Firma Deutsche Kinematographen-Gesellschaft Schwarz & Mülleneisen in Köln, die zwölf eigene Theater in Köln, Düsseldorf, Hamm, Iserlohn, Aachen, Stettin und Wilhelmhaven betrieb, sich aber auch mit Produktion und Verleih von Filmen im In- und Ausland beschäftigte16• Christoph Mülleneisen jun. kümmerte sich nach eigener Aussage schon jetzt in der Hauptsache um das Produktionsprogramm sowie um den Auslandsvertrieb dieser Firma, die einige ausländische Schauspieler exklusiv unter Vertrag genommen hatte. Genannt werden Asta Nielsen, Urban Gad, Susanne Grandai, Charles Decroix und Lissy Nebuschka. Mülleneisen schied aus der Deutschen Kinematographen Gesellschaft aus, um die Leitung der Luna-Film Gesellschaft in Berlin zu übernehmen, die die „seinerzeit im Inlande wie im Auslande im höchsten Ansehen stehenden Dorrit Weixler-Filme herstellte".

Insbesondere die aufsehenerregende Verpflichtung von Asta Nielsen, dem ersten internationalen Star der neuen Kunstform Film überhaupt, führt Christoph Mülleneisen an, wenn nach den von der Reichsfilmkammer geforderten persönlichen Verdiensten um „Ansehen und Weltgestaltung" des deutschen Films gefragt wird. Es sei „eine unumstößliche Tatsache ... , dass nämlich der 'deutsche Film erstmalig durch das Engagement Asta Nielsen 's nach Deutschland Weltgeltung bekam. Dieses Engagement, durch welches Asta Nielsen und der dänische Regisseur Urban Gad auf drei Jahre ausschließlich für die deutsche Filmproduktion verpflichtet wurden, ist von meinem Vater im Jahre 1911 für seine Gesellschaft, 'die Deutsche Kinematographen-Gesellschaft Schwarz & Mülleneisen, Köln a!Rh., unter meiner Mitwirkung getätigt worden"17 • Auch wenn sich diese Mitwirkung nicht präzisieren läßt, für den jungen Mülleneisen wird das Zustandekommen dieses Vertragsabschlußes äußerst lehrreich gewesen sein. Asta Nielsen schildert in ihrer Autobiographie, wie Mülleneisen sen. die Verhandlungen zwischen der Schauspielerin und' ihrem Regisseur Urban Gad auf der einen und den interessierten Filmunternehmen, der „ Union", der „Bioskop" und der Wiener „Österreichisch-Ungarische Kino-Industrie", auf der anderen Seite mit einigen Halbwahrheiten und Tricks, in Mülleneisens Version als „Notlüge" bezeichnet, zu einem letztendlich erfolgreichen Ende führte. Mülleneisen jun. bestellte 700000 m Nielsen Filme zu 1 Mark den laufenden Meter für die Jahre 1911 und 1912. „Es war dies der größte und gewinnbringendste Auftrag, den die Kinematographie je erlebt hatte", urteilte Mülleneisen sen., um in demselben Zeitungsartikel in schöner Offenheit mitzuteilen, daß „der pekuniäre Erfolg der Verbindung [mit Asta Nielsen] .. . ein sehr günstiger [war]. Wir bekamen für unseren Ein-Drittel-Anteil innerhalb Monaten 214000 Mark ausgezahlt"18• In demselben Artikel von 1914· schreibt Mülleneisen sen., daß sein Sohn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Direktor der Continental Kunstfilm Compagnie war. Von dieser beruflichen Tätigkeii: ist· sonst nichts bekannt, sie wird insbesondere in Mülleneisens jun. Schrift von 1941 inicht erwähnt19• Schrieb Mülleneisen in seinem·zitierten Rückblick aus dem Jahre 1941, er habe die Leitung der Luna-Film-Gesellschaft übernommen, so ist in dem Anstellungsvertrag davon nicht ausdrücklich die 'Rede. Die Luna-Film engagierte Mülleneisen zum 1. April 1915 auf die Dauer-von·zwei Jahren zu einem festen Gehalt von 700 Mark monatlich zuzüglich 1 % voni' 'Bruttobetrag sämtlicher verkaufter und bezahlter Kopien. Demnach dürfte der Verkauf von Filmen bzw. von Aufführungsrechten seine Hauptaufgabe gewesen sein. Mülleneisen hatte zudem seine beruflichen Aktivitäten ausschließlich der Luna-Film zu widmen20. Kurz vor Ablauf des Vertrages erreichte ihn die Kündigung durch den Eigentümer Dr. Max Maschke. Maschke bedauerte die Kündigung in einem vierseitigen handschriftlichen Schreiben außerordentlich und führte die Notwendigkeit dieser Maßnahme ausschließlich auf die augenblicklichen Schwierigkeiten, auf die finanziellen Nöte der Luna zurück, welche ihn zwängen, mit dem vorhandenen Kapital hauszuhalten und die Unkosten auf ein Mindestmaß zu senken. „Ich hoffe, ja ich bin dessen sicher, Ihnen mit dieser Kündigung keine unüberbrückbaren Schwierigkeiten zu machen. Bei Ihren mannigfachen und hervorragenden Fähigkeiten wird es Ihnen ein leichtes sein, bald einen anderen Wirkungskreis zu finden".

Die Erwartung Maschkes traf denn auch in einer Weise zu, die ihn wohl überrascht hätte -wenn er davon gewußt hätte. Denn bereits am 13. Januar 1917, also 14 Tage vor der Kündigung, stellte die Balkan-Orient-Film GmbH Mülleneisen, der laut bestehendem Vertrag seine Aktivitäten ausschließlich der Luna-Film widmen sollte, als Geschäftsführer ein. Es steht zu vermuten, daß Mülleneisen als Geschäftsmann die bedrohliche finanzielle Lage der Luna nicht unbekannt geblieben war und er sich rechtzeitig eine andere Verdienstmöglichkeit sicherte.

Die Zeit in Konstantinopel

Die Balkan-Orient-Film stellte Mülleneisen ein Beglaubigungsschreiben aus, in dem sie ihr Geschäftsfeld beschreibt. Sie betreibe „laut Abkommen mit der Militärischen Stelle des Auswärtigen Amtes im Interesse des Reiches die Verbreitung des gesamten militärischen, politischen und sonstigen Bild- und Filmstoffes, der aus dem Bild- und Film-Amte stammt, auf dem Balkan und im Orient"21 • Seit April 1917 war die Gesellschaft, an der ursprünglich mehrere Filmfirmen beteiligt waren, zu 50 % im Besitz der Deutschen Lichtbildgesellschaft22• Neben einem Fixum bezog Mülleneisen, der irt einem offiziellen Schreiben als Leiter der Niederlassung in Konstantinopel, Nisch und Bukarest bezeichnet wird, Provisionen entsprechend dem Geschäftserfolg bzw. eine Extragratifikation bei besonderen Geschäftsvorfällen. Unterschrieben waren Beglaubigungs- und Empfehlungsschreiben von einem Offizier des Generalstabs des Feldheeres, Dienststelle Militärische Stelle des Auswärtigen Amtes, Bild- und Film Amt. Das Militär hatte mit Unterstützung General Ludendorffs, einem Befürworter einer systematischen Filmpropaganda, das Bild- und Film Amt (BUFA) im Januar 1917 zur Produktion und zum Vertrieb von Filmpropaganda eingerichtet und diesem die bisherigen gleichgerichteten Aktivitäten des Auswärtigen Amtes unterstellt23 • Als Mülleneisens Rückstellung vom Kriegsdienst im Januar 1918 aufgehoben werden sollte, verwandte sich die „Nachrichten-Abteilung" bei der Militärischen Stelle für ein Fortbestehen der bisherigen Freistellung. Mülleneisen sei zur Zeit auf dem Balkan unentbehrlich, seine Reise nach Konstantinopel liege im dringenden Interesse des Reiches, das am Grundkapital der Balkan-Orient-Filmgesellschaft zur Hälfte beteiligt war. Als Repräsentant der Balkan-Orient-Filmgesellschaft erhielt er ein Dankschreiben des Kaiserlichen Hofes in Konstantinopel, nachdem er dem Sultan den Film „Graf Dohna und seine Möwe" vorgeführt hatte24• Hinter diesem unverfänglichen Titel verbirgt sich ein von Kapitänleutnant Wolf aufgenommener Film über die Kaperfahrten des deutschen Hilfskreuzers „Möwe", der am 2. Mai 1917 uraufgeführt worden war. Der Film war vom Bild- und Film-Amt erworben und an die Projektions Union AG zum Verleih verkauft worden. Er war einer der Filme, mit denen auch im Ausland für die deutsche Sache im Ersten Weltkrieg geworben werden sollte25•

Bereits am 16. März 1917 schloß Mülleneisen einen weiteren Arbeitsvertrag, diesmal mit der Deutschen Lichtbild-Gesellschaft, für die er vorwiegend eine Reisetätigkeit ausüben sollte26 • Zusätzlich zu dem vereinbarten Festgehalt sollte er auch hier eine Provision auf die von ihm acquirierten Filmanfertigungsaufträge erhalten. Zur Unterstützung seiner Tätigkeit erhielt Mülleneisen ein Empfehlungsschreiben des Centralverbandes Deutscher Industrieller zur Förderung und Wahrung nationaler Arbeit. Aufgabe Mülleneisens war es, über Ziele und Zwecke der Deutschen Lichtbild-Gesellschaft zu informieren und insbesondere darzulegen, wie diese Gesellschaft den Interessen der betreffenden Firma nutzbar gemacht werden könnte. Ziel war es, „die Wahrnehmung der Interessen des deutschen Wirtschaftsmarktes für die Zeit nach dem Frieden auch auf dem so überaus wichtigen Gebiete der Werbearbeit mittels Lichtbild und Film sicherzustellen". Die Deutsche Lichtbild-Gesellschaft baute auf Bestrebungen des deutschen Filmpioniers Oskar Messter auf, deutsche Filmpropaganda herzustellen und im Ausland zu vertreiben. Im November 1916 gegründet, wurden ihre Geschicke von dem Kruppdirektor Alfred Hugenberg wesentlich bestimmt, und sie entwickelte sich dementsprechend zu einer Interessenvertretung der deutschen Schwerindustrie und Finanzinstitutionen, die zunehmend in Konkurrenz zum Bild- und Film-Amt geriet, das die staatlichen Interessen in der Filmpropaganda wahrnahm. Der Deutschen Lichtbild-Gesellschaft wurde aber insbesondere der Balkan, also die Wirkungsstätte Christoph Mülleneisens, als Betätigungsfeld zugewiesen27• Obwohl kommerziell ausgerichtet, „war ihr Ziel die Beförderung der Leistungen deutscher Kultur, Industrie und Landwirtschaft im In- und Ausland"28• Kulturpropaganda diente als Grundlage wirtschaftlicher Erfolge, wie es in einer Werbeschrift der Deutschen Lichtbildgesellschaft hieß. Man wollte Sympathien für die deutsche Industrie und ihre Leistungen im neutralen und befreundeten Ausland wecken, um so Kaufentscheidungen zu beeinflussen, wobei sich der Blick schon auf die Zeit nach dem Ende des Krieges richtete29 • Ort seiner beruflichen Tätigkeit war Konstantinopel, wohin er am 26. Mai 1917 abreiste. Ende 1917 wurden die Vereinbarungen zwischen der Deutschen Lichtbild-Gesellschaft und Christoph Mülleneisen neu gefaßt. Hieraus ergibt sich, daß er das Geschäft in Bulgarien, Serbien, Griechenland und der Türkei leitete. War für ihn ursprünglich ein monatliches Fixum von 700 Mark festgeschrieben, so wurde ihm am Jahresende ein monatlicher Betrag von 1500 Mark garantiert, sicherlich ein Zeichen für eine äußerst erfolgreiche Arbeit. Hinzu kamen Tantiemen aus dem türkischen und bulgarischen Filmgeschäft. Die Deutsche Lichtbild-Gesellschaft erklärte sich außerdem unter gewissen einschränkenden Bedingungen einverstanden, daß Mülleneisen sich als Delegierter des Aufsichtsrates der Union Cine Theatrale d'Orient an der Geschäftsleitung dieser Gesellschaft beteiligte. Mülleneisens Tätigkeit konzentrierte sich auf eine Region, die seit längerer Zeit im Mittelpunkt der Interessen der deutschen Wirtschaft lag. Kleinasien war schon vor der Jahrhundertwende als ein zentrales Absatzgebiet der deutschen Industrie und wichtiger Wirkungskreis der deutschen Wirtschaft allgemein, insbesondere der Deutschen Bank, erkannt worden, das auch mit Mitteln der Kinematographie beworben werden sollte30•

Mülleneisens Arbeit änderte sich im März 1918 wenigstens formal. Seine Verträge mit der Lichtbild-Gesellschaft wurden aufgehoben, da eine Auslandsinteressengemeinschaft der Universum-Film AG (Ufa) mit der Deutschen Lichtbild-Gesellschaft gebildet werden sollte. Mit der Wahrnehmung der Interessen dieser neuen Vereinigung wurde hingegen wieder Christoph Mülleneisen beauftragt. Er sollte sich jetzt hinsichtlich des Filmeinkaufs auf die Türkei beschränken, seinen Rat im Bedarfsfall aber auch für die anderen ihm vertrauten Länder zur Verfügung stellen. Noch am 19. Dezember 41 1918 bestätigte die deutsche Botschaft in Pera, daß Mülleneisen als „hiesiger" Generalvertreter der Universum-Film AG tätig sei. Im Sommer 1918 waren die Anteile des Deutschen Reiches an der Balkan-Orient-Gesellschaft an die Ufa abgetreten, die Gesellschaft insgesamt am 24. Juli 1918 liquidiert worden31 . Ende 1918 endete für Mülleneisen der Aufenthalt in der Türkei. Er erhielt einen bis zum 17. Dezember 1918 gültigen, dann bis zum 15. Februar 1919 verlängerten Passierschein zur Heimreise über Odessa nach Deutschland. Diese erzwungene Heimreise gestaltete sich insofern abenteuerlich, da er als Staatenloser am 18. Dezember 1918 vom deutschen Konsul Lindenblatt von Bord gewiesen wurde, obwohl er ein Billet besaß. Nach Mülleneisens handschriftlicher Notiz mußte er sich für 4000 Mark eine Überfahrt als blinder Passagier erkaufen32• In einem Schreiben bescheinigte der deutsche Geschäftsträger in Konstantinopel, Graf Waldburg, daß Mülleneisen auf der Seereise als Verbindungsmann zwischen den deutschen Passagieren und dem englischen Kapitän der S.S. Corvocado auf der Fahrt nach Venedig fungierte, anschließend in derselben Weise zwischen den rund 700 Deutschen und Österreichern auf der einen und den italienischen Behörden auf der anderen Seite tätig war. Als „Oberobmann" habe Mülleneisen die Landreise der Gruppe geleitet und insbesondere die Verhandlungen über den Transport des Gepäcks von Venedig nach München geführt. Diese Vorgänge charakterisieren Mülleneisen als Menschen von außerordentlicher Energie und Durchsetzungskraft.

Mülleneisen als Filmproduzent und Filmhändler

Mülleneisen berichtet 1941 in der oben zitierten Darstellung seiner beruflichen Tätigkeiten: „Später leitete ich für die Deutsche Lichtbild-Gesellschaft und dann für die Ufa während des Weltkrieges die kulturellen Belange auf dem Gebiete des Films in Bulgarien, Serbien, Griechenland, der europäischen und asiatischen Türkei. So war ich u.a. während dieser Zeit Vorsitzender des Aufsichtsrates der grössten türkischen Filmtheater- und Filmverleihgesellschaft, der Union Cine Theatrale d'Orient in Konstantinopel. Kurz nach Kriegsende übernahm ich die kaufmännische Leitung der Cserepy-Film Co., welche zu dieser Zeit das grösste kulturpolitische Dokument der deutschen Kinematographie der damaligen Zeit, ,Fridericus Rex' im Ufa-Verleih, mit Otto Gebühr in der Hauptrolle, unter der künstlerischen Leitung von Arzen v. Cserepy schuf Schon zu der damaligen Zeit gründete ich die Cinema Film-Vertriebs G.m.b.H., Berlin, über deren Bedeutung für das deutsche Filmschaffen, namentlich aber für die Wertgestaltung des deutschen Films im Auslande, nähere Ausführungen deshalb nicht gemacht zu werden brauchen, weil diese als bekannt vorausgesetzt werden. Im Jahre 1935 trat ich in die Geschäftsleitung der Majestic-Film Ges.m.b.H. ein" 33 • Der Vertrag mit der Cserepy-Film wurde am 28. Mai 1919 abgeschlossen. Er übertrug Mülleneisen die gesamte Leitung dieser zum 1.Juni zu gründenden Gesellschaft. Das monatliche Fixum betrug 2500 Mark zuzüglich einer Provision von 5% des Umsatzes. Sollte das halbjährliche Einkommen 30000 Mark übersteigen, mußte Mülleneisen seine Beziehungen zur Ufa lösen und die Leitung der Gesellschaft offiziell übernehmen. Selbst für den Fall, daß seine Bezüge in den ersten neun Monaten 45000 Mark erreichten, wurde Vorsorge getroffen. In diesem Fall verlängerte sich der Vertrag automatisch um einJahr34•

Die Bedeutung Christoph Mülleneisens für den deutschen Film wird in einigen Zeitungsartikeln aus den Jahren 1930 bis 1932, dann in Schriften seiner Filmvertriebsfirma Cinema deutlich. Die Neue-Berliner 12-Uhr-Zeitung vom 3. Juni 1930 beschreibt unter der Überschrift „Der Mann hinter der Leinwand. Der Finanzier der deutschen Filmindustrie" das Geschäftsgebaren Mülleneisens als Inhabers des Cinema Weltvertriebs35. An ihn wandten sich Produzenten oder Regisseure mit ihren Projekten samt Besetzungslisten auf der Suche nach einer Finanzierung. Mülleneisen wiederum setzte sich wegen des Vorhabens mit seinen Kunden, den Verleihern aller Länder außer England und den USA, zusammen, um die Absatzmöglichkeiten zu besprechen. Waren die Perspektiven positiv, übernahm Mülleneisen die Finanzierung. Der Zeitungsartikel stellt Mülleneisen als Geschäftsmann dar, dem allein der finanzielle Erfolg des Films bzw. des Vertriebsgeschäfts, nicht der künstlerische Wert wichtig ist. Er finanziere das, was sich absetzen lasse, was Mode sei; Experimente wage er nicht. Man legt ihm die Worte in den Mund: „Einfluß habe ich; jedoch darf ich meine Kunden nicht betrügen. Ich finanziere nur, was verlangt wird; ich sehe mir Filme grundsätzlich nicht an, eine eigene Meinung darf ich bei dem Geschäft nicht haben". Mülleneisen beschwerte sich über den Artikel bei der Lichtbildbühne, indem er sich vor allem gegen die ,persönliche Reklame' verwahrte, dann aber auch die Wahrheit der ihm in den Mund gelegten Worte bestritt. Die Lichtbildbühne antwortete mit einem offenen Brief, in dem sie einen offenbar charakteristischen Wesenszug Mülleneisens herausstrich, seine Scheu vor Publizität aller Art. Was hinter dieser Scheu steckte, läßt sich nur vermuten. Sicherlich war sie nicht Ausdruck von Bescheidenheit oder innerer Unsicherheit. Hier reicht schon ein Blick auf die Privatfotos, auf denen die imposante Erscheinung des Filmproduzenten in Statur und Gestik auffällt. Das gleiche gilt für Fotos bei öffentlichen Auftritten. Eher darf man in die Richtung spekulieren, daß sich Mülleneisen seiner Bedeutung für sein Metier sehr wohl bewußt war, es gewissermaßen nicht nötig hatte, „persönliche Reklame" zu machen. Aber dies sind, wie gesagt, nur Vermutungen, die sich aber aufgrund der Biographie aufdrängen. Die Lichtbildbühne, die in Berlin erscheinende illustrierte Tageszeitung(!) des Films, nahm jedenfalls die Gelegenheit wahr, Mülleneisens reale Bedeutung in der Filmwelt zu formulieren. Er sei der Eckpfeiler der unabhängigen Filmproduktion, dessen moralischer Kredit, Vertrauen und Integrität in der internationalen Filmwelt zahlreichen freien Fabrikanten in schwierigster Zeit die Produktionsmöglichkeit gesichert habe. In einer Zeit „stärkster konzernmäßiger Konzentration und Monopolwirtschaft [verdanken wir Ihnen] zu einem guten Teil den Fortbestand einer selbständigen Filmfabrikation, Arbeitsmöglichkeit für eine ganze Liste von Produzenten, Künstlern und Filmschaffenden, erfolgreiche Filme"36• 1931 gab die 1919 gegründete Cinema-Film-Vertriebs-Gesellschaft selbst Auskunft über ihr Geschäftsmodell37. Zweck des Unternehmens war der in- und ausländische Filmhandel. Der Umsatz im Jahre 1930 betrug demnach rund 10 Millionen Reichsmark, bei sechs Produktionsgesellschaften war sie offiziell oder als stiller Teilhaber beteiligt. Wie schon in dem oben zitierten Zeitungsartikel zutreffend dargelegt worden war, verkaufte die Firma bereits vor Beginn der Produktion den betreffenden Film aufgrund einer kurzen Beschreibung an Firmen des In- und Auslandes. „ Wir brauchen nicht zu betonen, dass hieraus ein Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Fachkenntnis der, Cinema' hervorgeht, welches auf jahrelange Erfahrung zurückzuführen ist". Chridie in einer Aufstellung ebenso namentlich genannt werden, wie die 12 Filme, die bereits für das kommende Jahr bereitstanden. Was die Produktivität der Firma angeht, so konnte darauf hingewiesen werden, daß zeitweise mehr als 50 % der Uraufführungen in Berlin mit Filmen der Cinema bestritten wurden. In der Saison 1930-1931 seien nach einer Abstimmung der Theaterbesitzer 36 % der erfolgreichsten Filme im Weltvertrieb der Cinema erschienen. Die notwendig gewordene Abkehr des Vertriebs vom bloßen Verkauf eines fertiggestellten Films hin zu einer an Markt- und Käuferkenntnis orientierten Risikoübernahme, Finanzierung und Produktion, ja selbst die Mitwirkung bei der Rollenbesetzung, kurzum die zentrale Rolle des ,Unsichtbaren Produzenten' bei der Planung und Fertigstellung eines Filmes - formulierte Mülleneisen in einer (Werbe-)Schrift über die Arbeit der Cinema38. Umrahmt von Bildern seiner Stars Hans Albers, Gustav Gründgens, Magda Schneider, Anny Ondra, Gustav Fröhlich und Gitta Alpar - um nur einige zu nennen - beschreibt er die Aufgabe des Produzenten, die „großen Kanonen", sprich die zugkräftigen Stars, zu finden und zu pflegen. In ähnlich euphorischer Weise beschreibt die Lichtbildbühne die Bedeutung Mülleneisens als Pionier im Wiederaufbau des Außenhandels. Hier wird die besondere Situation angesprochen, mit der sich der deutsche Filmexport durch das Aufkommen des Tonfilms konfrontiert sah. Die Sprache erschien als „Grenzmauern, wie sie Hochschutzzölle nicht hätten errichten können"39• Hier bestand die Gefahr des Wegbrechens wesentlicher Auslandsmärkte, was Mülleneisen aufgrund seiner Auslandskontakte und seiner Vertrauensstellung verhindern konnte. Nach den Worten der Mülleneisen augenscheinlich außerordentlich wohlgesonnenen Lichtbildbühne war er ein wahrer Christopherus (!),der die Filmschaffenden durch die ersten bedrohlichen Fluten sicher hindurchtrug. In demselben Artikel wird er als Königlicher Kaufmann tituliert, offenbar um auf die Seriosität seines Handelns anzuspielen. Mülleneisen äußerte sich zu diesem Problembereich in einem Artikel, ebenfalls in der Lichtbildbühne40• Er analysiert die durch die Einführung des Tonfilms bedrohlich gewordene Lage des deutschen Films im Vergleich zum angelsächsischen Sprachraum, der aufgrund der großen Einwohnerzahl im eigenen Land ein unvergleichlich größeres Absatzpotential habe als der deutsche Film in der ganzen Welt. So sieht er voraus, daß eine ganze Anzahl von Ländern, in die bisher deutsche Filme exportiert werden konnten, in Zukunft als Markt ausfallen werde. Auf diese Gegebenheiten müsse der Film reagieren, indem einmal der Umfang der Dialoge reduziert und die Verständlichkeit eines Films durch eine ,flotte Handlung' getragen wird, dann durch Schaffung von nachträglichen preiswerten Synchronisationsmöglichkeiten. Er plädiert durchaus für die Aufgabe gestalterischer Mittel unter dem Druck der Verkäuflichkeit, etwa indem er den weitgehenden Verzicht auf Großaufnahmen empfiehlt. „Die Schauspieler müssen so spielen und so gestellt werden, daß die Mundbewegungen nicht genau zu kontrollieren sind".

Mülleneisen mag als Person gerne im Hintergrund geblieben sein. Er scheute sich aber nicht, bei Fragen, die seine Arbeit und,insbesondere seine geschäftlichen Interessen betrafen, sich zu Wort zu melden .. 1932 erschien ein Interview, ebenfalls in der Lichtbildbühne, in dem er die Notwendigkeit des internationaler Exports des deutschen Tonfilms für die gesamte heimische Filmbranche unterstrich, die Internationalität als Lebensfrage der Filmwirtschaft.propagierte41 . Das Weltvertriebssystem, wie es seine Cinema beherrschte, galt ihm als Vorbedingung für die Kreditfähigkeit des Films und damit für die qualitative Entwicklung der Produktion. Von den Geschäftsunterlagen der Filmproduktion und des Filmvertriebs ist nur wenig erhalten geblieben. Die wichtigsten Informationen enthält ohne Frage die von ca. 1930/31 stammende Kartei über den Verkauf von Filmaufführungsrechten in alle Welt42 • Zu jedem Film enthält eine Karteikarte den Namen der Käufer für die verschiedenen Regionen bzw. Länder, den.Kaufpreis und das Abschlußdatum. Ohne hier detaillierte Aussagen zu diesen einzelnen Punkten machen zu wollen, das Vertriebsgebiet der Cinema erstreckte sich in der Tat auf 4 Kontinente: Europa, Nord- und Südamerika, Asien und mit Aegypten den afrikanischen Kontinent. Lediglich Australien blieb außen vor. Anfang 1933 erfolgte eine Reorganisation der deutschen Filmwirtschaft, als die Tobis als Mehrheitsgesellschafter, der Europa Filmverleih und Mülleneisens Cinema Film Vertriebs GmbH die Cinema AG gründeten. „ Um diese industrielle Struktur herum kann sich nunmehr die deutsche Filmfabrikation in weitem Maße lebensfähig gruppieren", heißt es in einem Bericht der Lichtbildbühne vom 7. April 1933. Ohne auch hier auf die filmgeschichtlichen Hintergründe einzugehen, die möglicherweise auch mit den Folgen der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zusammenhängen können43, ist in diesem Zusammenhang wichtig festzuhalten, daß Mülleneisen als Vertreter des „maßgebenden deutschen Filmexporthauses" an dieser Aktion beteiligt war und dem Aufsichtsrat als stellvertretender Vorsitzender und als dessen Delegierter auch dem Vorstand angehörte. Mülleneisen blieb weiterhin dem Thema Filmexport verpflichtet. So plädierte er für den Einsatz des deutschsprachigen Tonfilms im Ausland ebenso nachdrücklich wie er als Mitglied der N.S.K. Spio der neuen Regierung die Auffassung in den Mund legte, wahrhaft nationale Filme könnten auf der ganzen Welt gespielt werden. Auch habe die Regierung erklären lassen, daß deutschem künstlerischen Schaffen kein Zwang angelegt werden würde. Er reklamierte. für die Lichtspieltheater die Funktion, auch als Stätten der Entspannung und Erholung zu dienen und forderte somit die Herstellung von Filmen, die diesem B'edürfnis entsprechen konnten. „ Von Uebel sind nur die nicht gekonnten Werke, die den Mangel an Können, wie man so schön sagt, durch ,stramme Haltung' ersetzen"44• Der Artikel Mülleneisens scheint in erster Linie das Ziel zu verfolgen, die Eigenständigkeit und den Freiraum der Filmindustrie unter den gegebenen politischen Verhältnissen.so weit wie eben möglich zu bewahren.

Mülleneisen war VorsitzenCler der Deutschen Vereinigung für Filmaußenhandel e.V„ die der Spitzenvereinigung der Deutschen Filmindustrie angeschlossen war, und schon Anfang 1933 Mitglied der Nationalsozialistischen Kommission (N.S.K.) Spio45• Diese Organisation der Filmwirtschaft wurde jedoch schon im selben Jahr in die (Reichs-) filmkammer überführt und · gleichgeschaltet. Im August erhielt Mülleneisen ein im Auftrag Goebbels verfaßtes Bankschreiben für seine bisherige Arbeit, im Februar des folgenden Jahres bestätigte die· Reichsfilmkammer, daß Mülleneisen sein Vorstandsamt niedergelegt habe46• 1938 wurde seine Mitgliedschaft als Kommissionär in der Fachgruppe Filmaußenhandel nicht verlängert. Die Cinema war nicht die einzige Firma, die Mülleneisen betrieb. 1935 trat er als Teilhaber in die Geschäftsleitung der 1931 von Harn van Peski gegründeten MajesticFilm ein47• Hier lag der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit in der Herstellung von Filmen. Im August 1941 zeichnete sich das Ende dieser Firma ab, als die Reichsfilmkammer den Antrag auf weitere Zulassung als Filmhersteller ablehnte und Mülleneisen zum 1. September aus der Reichsfilmkammer strich. Als Grund wird die Neuordnung der deutschen Filmproduktion angegeben, in der „für nicht staatsmittelbare oder staatsgebundene Produktionsfirmen keine Betätigungsmöglichkeit mehr gegeben" sei48• Die Majestic sollte ihre in Produktion befindlichen Filme fertigstellen, sich für weitere Projekte der in Gründung befindlichen Berlin-Film GmbH anschließen. Am 10. Februar 1942 wurde die Firma als erloschen beurkundet. 1942 und 1943 schlossen Mülleneisen und sein Kompagnon Franz Tapper mehrere Verträge zur Produktion von Filmen mit der Berlin-Film ab49• Aus der selbständigen Firma war die Produktionsgruppe Mülleneisen-Tapper geworden, die gemäß der Verträge nur Vorschläge für Rollenbesetzung, Regie usw. machen konnte, jedoch keine Abschlußvollmacht besaß. Noch vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges verließ Mülleneisen Berlin und siedelte sich mit der Familie in Lobberich an. Die Gründe für die Umsiedlung werden in dem Nachlaß nicht genannt, doch kann man vermuten, daß die Gefahren des zunehmenden Bombenkrieges, möglicherweise auch die Erschwernisse bei der Ausübung seines Berufes eine Rolle gespielt haben. Es ist von besonderer Tragik, daß seine aus Lobberich stammende Frau Irma, geb. Horstmann, kurz vor Kriegsende durch Explosion einer defekten Vl, also einer deutschen Rakete, den Tod fand50•

Mülleneisen als Landrat

Noch vor dem offiziellen Ende des Krieges durch die Kapitulation am 7. Mai 1945 hatte Mülleneisen in dem von britischen und amerikanischen Truppen besetzten Rheinland seine wirtschaftliche Tätigkeit wieder aufgenommen. An seinem Wohnsitz Lobberich schloß er im April Verträge mit den ortsansässigen Firmen Niedieck & Co, J. L. de Ball, Edm. Corty u. Co. sowie Gudehus u. Co. über seine Mitwirkung beim Wiederaufbau ihres Exportgewerbes51 • Seine Ernennung zum Landrat ließ dieses Engagement nur eine kurze Episode sein, die aber seine ungebrochene Aktivität durchscheinen läßt.

Über Christoph Mülleneisens Rolle als Landrat des Kreises Kempen-Krefeld liegen die Erinnerungen des Kempener Studienrates Dr. Eduard Royen vor, die dieser im Heimatbuch 1964 anhand seiner Tagebuchaufzeichnungen und von Protokollbüchern veröffentlichte52. Royen war selbst stellvertretender Landrat und hatte so Zugang und vertieften Einblick in das Geschehen in der Verwaltung speziell wie des Kreises insgesamt. Die amerikanischen Besatzungstruppen hatten am 19. März 1945 den bisherigen Landrat Jakob Odenthal, der seit 1929 dieses Amt innegehabt hatte, routinemäßig verhaftet. Seine Nachfolge trat am 31. März der Kempener Verleger Karl Wilhelm Engels an, der schon kurze Zeit später, am 12. Juni, von dem Kommandanten der britischen Militärregierung entlassen wurde, offenbar weil dieser kein Vertrauen zu Engels besaß. Als dessen Nachfolger setzte der Kommandant Major Vautelet Christoph Mülleneisen zum 13. Juni ein. Was qualifizierte ihn, der ja über keine Verwaltungserfahrung verfügte, für dieses Amt? Ein Bericht der „Neue Rheinische Zeitung" vom 29. Dezember 1945 legt ihm die Worte in den Mund: „ I eh fasse meine schwierige Aufgabe zweiseitig auf und bin bemüht, sie durch meine Kenntnis der Welt und anderer Völker zu bewältigen. Einmal will ich die Bedürfnisse und Wünsche des Kreises der Militärregierung in einer für die englische Mentalität überzeugenden Begründung und Form unterbreiten. Das andere Mal gilt es, die Forderungen der Militärregierung der Kreisbevölkerung verständlich zu machen, wenn Sinn und Notwendigkeit dieser Maßnahmen nicht ohne weiteres erkennbar sind". Auch bei seiner Verabschiedung aus dem Amt verwies der Kreistag darauf, daß seine „gründliche Kenntnis dreier Erdteile, besonders England und Amerikas" ihn für das Amt besonders qualifiziert habe. So zahlte sich sein eingangs geschilderter weltläufiger Bildungsgang für den Umgang mit der amerikanischen bzw. britischen Militärregierung aus. Royen erinnert sich insbesondere an die Energie und die Durchsetzungsfähigkeit Mülleneisens: „Landrat Mülleneisen, so lese ich in meinen Aufzeichnungen vom 15. Juni, entwickelt ein gewaltiges Tempo. Die fließende Beherrschung der englischen Sprache ist bei ihm so groß, daß er die Engländer einfach totredet. Im Landratsamt sorgt er zunächst dafür, daß der gewaltige Publikumsverkehr abgestoppt wird. (Er springt mit den Beamten und Angestellten herum, daß man nur staunen kann.)"53 • Seinen Willen vermochte er auch gegen die Militärregierung durchzusetzen, z.B. als sein Vorschlag, zur Kanalisierung der Vielzahl von Anträgen an die Verwaltung einen Kontrollbeamten zur Vorprüfung einzusetzen, abgelehnt wurde. Er setzte dennoch einen Beamten, den früheren Kriminalkommissar Beumer, ein, der diese Aufgabe über Monate im Landratsamt durchführte. Der Landrat hatte in täglichen Konferenzen mit dem Kommandanten sich um nahezu alle Details der öffentlichen Verwaltung zu kümmern, in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine schier unerschöpfliche Aufgabe: Dienstleistungen für die Militärregierung, Versorgung der Bevölkerung mit allem Lebensnotwendigem, Neuaufbau der Verwaltung, Bekämpfung des Schwarzmarktes, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Personenüberprüfungen, Beschaffung von Baumaterial usw. usw. Dieses Stakkato an Befehlen und Auskunftsbegehren ist für die ersten Monate der Amtszeit Mülleneisens, von Juli bis November 1945, erhalten. Mülleneisen charakterisierte das Landratsamt als Haus der kurzen Termine, in dem man gewohnt sei schnell zu arbeiten. Bei Anordnungen des Kommandanten ginge es meist um eine Frist von 24 Stunden54 • Daneben standen die z. T. sonderlichen bzw. speziellen Wünsche des Kommandanten: Sekt, Wein und Bier, ein ruhiges Pferd mitsamt Sattel, Reitstiefeln und Stiefelhalter. Im November 1945 wünschte der Kommandant die Beschaffung von Grammophonnadeln und alten Naziplatten55• Mülleneisen bot dem Kommandanten seinen privaten PKW der Marke Horch an, in den sich dieser gleich eine Lautsprecheranlage einbauen ließ, mit der er gelegentlich lautstark sein Kommen ankündigte56. Das Amt stellte hohe Anforderungen an Mülleneisen, der ja auch nicht mehr der Jüngste war. Royen spricht ausdrücklich von der nervenzerrüttenden Arbeit des Landrates. Bereits seit September verbrachte Mülleneisen wegen seiner geschwächten Gesundheit die Nachmittage im heimischen Lobberich. „ Wir waren uns klar, daß er in dem Tempo, womit er seine Arbeit begonnen hatte, nicht durchhalten würde. Seine Hauptaufgabe beschränkte sich immer mehr auf den täglichen gemeinsamen Gang zur Kommandantur. Immer wieder erlebte ich, daß er nach einer Konferenz erschöpft nach Hause fahren mußte, bis er eines Tages im Oktober zusammenklappte, bevor noch die Konferenz stattfand. Ich habe dann mehr als fünf Wochen den Landrat vertreten müssen. Wohl ließ Herr Mülleneisen die Referenten nach Lobberich kommen, um Einzelfragen mit ihnen zu beraten"57• Dieses aus der nahen Beobachtung und dem täglichen Umgang miteinander stammende Urteil über die zupackende Art und Weise, mit der Mülleneisen seine Aufgaben anging, erinnert an sein Verhalten bei der Aussiedlung deutscher und österreichischer Bürger aus Konstantinopel Ende 1918, wo er ebenfalls die vielfältigen organisatorischen Schwierigkeiten mit den Behörden bewältigte. Am 2. Dezember 1945 konnte Mülleneisen die erste Sitzung des Kreistages eröffnen. Unter Bezug auf das oberste Ziel der britischen Militärregierung einer geordneten und gut regierten Zone, die durch die Deutschen erst bewiesen werden müßte, erklärte er: „Dies ist m.E. das Wichtigste in dieser Verfügung. Alles andere ist Detailwerk. Es ist uns eine Augabe gestellt, auf die, so klein auch dieser Kreis sein mag, die Welt blicken wird.

Wir sind berufen, der Welt zu beweisen, dem übrigen Deutschland, daß wir imstande sind, demokratisch, menschlich, weitzügig zu denken. Daß wir nichts zu tun haben mit jenen Machenschaften, die hinter uns liegen und daß wir bemüht sein wollen, dieses Unrecht wieder gutzumachen, gleichviel ob der Eine oder Andere dazu viel oder wenig beitragen mag. Der Wille, darauf kommt es an. I eh für meinen Teil habe versucht, dieses seit 6 Monaten zu tun. Ich müßte eigentlich im Krankenhaus liegen. Ich tue es aus einem Pflichtgefühl meiner engeren Heimat gegenüber. Ich bitte, mir in Zukunft Ihre Arbeit und Ihre Mithilfe zu geben. Ich hoffe daher, daß die Zusammenarbeit zwischen uns immer getragen sein wird von dem Gedanken der Einigkeit, des Wohles, im demokratischen Sinne für unser Vaterland. Schwere Zeiten stehen uns bevor und wir werden mehr denn je noch enger zusammenrücken müssen. Zusammenrücken heißt, mehr Krach. Und Sie, namentlich in der Provinz, Sie sind berufen, dieses zu vermeiden, die Leute im demokratischen Sinne zu erziehen. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, muß ich um Unterstützung bitten"58• Der britischen Kommandant geht in seiner in Übersetzung vorliegenden Ansprache auch auf den Landrat ein, der nunmehr nach dem britischen Modell der Gemeindeverwaltung lediglich Vorsitzender des Kreistages, nicht mehr Leiter der Verwaltung ist: „Zunächst hat er als Landrat Herrn Mülleneisen gewählt, der trotz seiner schlechten Gesundheit sehr heftig gearbeitet hat und sehr loyal für diesen Kreis. Der Kommandant unterstreicht und betont, das der Kreis Herrn Mülleneisen vieles verdankt. Er hat der Militärregierung alle Probleme vorgelegt so stark und so nachdrücklich wie eben möglich. Und wenn er nicht in allen Punkten immer Erfolg gehabt hat, dann ist das nicht seine Schuld, sondern weil es begründet lag in Ursachen höherer Instanz". Es verdient hervorgehoben zu werden, daß Mülleneisen seine Arbeit ehrenamtlich, also ohne Entgeld geleistet hat. Bei der Beratung der neuen Kreisverfassung Ende 1945 betonte der Militärkommandant, daß es in Zukunft selbstverständlich sein müsse, dem Landrat eine Vergütung zu bezahlen, denn seine Arbeit erstrecke sich auf den ganzen Tag und umfasse ein ganzes Tagespensum59. Die 2. Sitzung des ernannten Kreistages am 13. Dezember eröffnete Eduard Royen, weil der Landrat erkrankt war. Anfang 1946 erlitt der Landrat einen Schlaganfall. Der englische Kommandant Oberstleutnant C. R. Greville Acworth würdigte bei einer Ansprache im Kempener Lichtspieltheater am 15. Januar 1946 die Leistung Mülleneisens mit den Worten: „Seine Krankheit ist vor allem auf die Arbeit zurückzuführen, die er für den Kreis geleistet hat. I eh allein weiß, was dieser an Arbeit geleistet hat, denn ich habe ihn gehetzt und hetzen müssen in diesen letzten Monaten. Immer wieder mußten neue Berichte angefordert, neue Listen aufgestellt werden, und alles in kürzester Frist" 60• Mülleneisen trat im Mai 1946 von seinem Amt zurück61 • Greville Acworth nahm das Rücktrittsgesuch an und dankte Mülleneisen am 22. Mai 1946 in einem sehr persönlich gehaltenem Schreiben für seine aufopferungsvolle Tätigkeit zum Wohle des Kreises Kempen-Krefeld und seiner Bewohner. Es sei hier in der beiliegenden Übersetzung zitiert: „22. Mai 1946 - Lieber Herr Mülleneisen, mit großem Bedauern habe ich Ihr Entlassungsgesuch erhalten und bewilligt. I eh bin sicher, dass es klug von Ihnen ist, diesen Schritt zu machen, damit Sie nach Ihrer Krankheit der Ruhe pflegen können, und ich bin auch sicher, dass es für Sie nicht gut wäre, sich mit Politik zu befassen, jetzt, in einer Zeit, da die Wahlen herankommen und es viel Aufregung geben wird. Ich muss ihnen danken, sowohl in meinem Namen als auch im Namen aller meiner Offiziere und meines Stabes für die außerordentlich große Arbeit, die Sie während der Zeit, da Sie Landrat waren, geleistet haben, und für die Unterstützung, die Sie uns allen gegeben haben. Keine Aufgabe war Ihnen jemals zu schwer, um sie anzufassen. Die Bevölkerung dieses Kreises schuldet Ihnen ohne Zweifel einen großen Teil Dankbarkeit für die Arbeit, die Sie für sie in der außerordentlich schwierigen Zeit unmittelbar nach der Besetzung geleistet haben. Ihren Anstrengungen ist es zum großen Teil zu danken, dass der Landkreis Kempen-Krefeld sich heute in der ausgezeichneten Verfassung befindet, in der er ist, einer Verfassung, die, wie ich sicher bin, ihm von vielen anderen Kreisen in Deutschland geneidet wird. I eh hoffe, dass, wenn immer Sie sich in Kempen befinden werden, Sie mich aufsuchen, und wenn es zu irgendeiner Zeit irgendetwas gibt, worin Sie diese Dienststelle unterstützen kann, darf ich Ihnen versichern, dass wir alle Anstrengungen machen werden, Ihnen diese Unterstützung zu geben. Ich danke Ihnen nochmals für alles, was Sie getan haben, und wünsche Ihnen eine schnelle und vollständige Besserung. Ihr gez. C.R. Greville Acworth".

Christoph Mülleneisen starb am 14. April 1948 und wurde in der Familiengruft auf dem Lobbericher Friedhof bestattet.

Anmerkungen:

  1. Dieter HANGEBRUCH, Der Landkreis Kempen-Krefeld von 1929 bis 1960, in: Der Kreis Viersen am Niedenhein, Stuttgart u. Aalen 1978, S. 113-136, hier S.128f; Eduard ROYEN, Die Kreisverwaltung 1945, in: Heimatbuch des Kreises Kempen-Krefeld 1964, S. 136-150.
  2. Nachlaß Christoph Mülleneisen (im folgenden NLM) Nr. 38. Den Hinweis über die Vernichtung des Archivs der Lichtbildbühne verdanke ich der Stiftung Deutsche Kinemathek Berlin.
  3. NLM 60. Lediglich sein Paß zur Ausreise zu den Kanarischen Inseln von 1904 trägt den Geburtsnamen, in den späteren Pässen erscheint durchgehend der Name Christoph.
  4. Lebenslauf in NLM 19. Sein Englischlehrer in Yverdon bescheinigte ihm 1902, er sei „a very diligent and bright pupil and leamt with great facility". NLM 24
  5. Reisepaß in N LM 17
  6. NLM 19
  7. NLM43
  8. NLM64
  9. Auf einer Veranstaltung an Bord der» Burutu" zugunsten des Liverpooler Seemanns-Waisenhauses wirkte Mülleneisen als Sänger mit (NLM 25)
  10. 10 NLM 73 (Fotoalbum, dort eingeklebt amtliche Bestätigung des Verwalters des „Cercle d'Assinie"); Lebenslauf in NLM 19
  11. Vgl. NLM 42, Nr. 73 (Fotoalbum) und Nr. 1.
  12. NLM 42
  13. In seinem Lebenslauf (N LM 19) spricht er von einer Inspektionsreise und vom Studium des kanadischen Freiland-Heimstätten-Problems.
  14. NLM 35
  15. NLM 41
  16. So die Angaben Mülleneisens. Nach Corinna MÜLLER, Frühe deutsche Kinematographie. Formale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklttngen 1907-1912, Stuttgart/Weimar 1994, S. 160 wurde die Deutsche Kinematographen-Gesellschaft (DEKAGE) erst 1912 gegriindet. Heinrich Schwarz war ein Kölner Großindustrielle1: Anders als von Christoph Mülleneisen behauptet, stand die Gesellschaft nicht in Verbindung mit Asta Nielsen, sondern baute die unbekannte Lissy Nebuschka als zweiten Monopolfilm-Star auf, nach dem Urteil Müllers als Nielsen-Konkurrenz eine Fehlbesetzung. Dieser Einstieg des „Großkapitals" in die boomende Filmbranche ist zeittypisch.
  17. Über die Hintergründe und zeitliche Abfolge des Vertragsabschlusses liegen zwei Darstellungen aus unterschiedlichem Blickwinkel vor: (Christoph MÜLLENEISEN sen "Wie ich Asta Nielsen engagierte, in: Asta Nielsen. Ihr Leben in Fotodokumenten, Selbstzeugnissen und zeitgenössischen Betrachtungen, hg. v. Renate SEYDEL und Allan HAGEDORFF, München 1981, S. 48f (Nachdruck eines Artikels aus Erste Internationale Film-Zeitung vom 25. 4. 1914) und Asta NIELSEN, Die schweigende Muse, München 1977, S. 136ff Die Frage, warum Nielsen Mülleneisen sen. durchgängig als Herrn X bezeichnet, ist nicht zu beantworten. Vielleicht erfolgte die „Anonymisiernng" wegen der kritischen Untertöne in ihrer Darstellung. Mülleneisen schrieb schon 1914 zu diesen Ereignissen und der Beziehung zu Nielsen: „Wie alles im Leben vergänglich ist, so vergessen sich auch derartige kurze Episoden, welche nachher nur noch in der Erinnernng als etwas Dagewesenes allmählich aus dem Gedächtnis verschwinden. So auch hier. Die Wege trennten sich, mit ihnen auch die Menschen. Ob noch einer an den anderen denkt, wer weiß? Doch sollte es sein - dann hoffentlich in Achtung" (MÜLLENEISEN, Asta Nielsen, S. 49). Kritisch zur Kreation eines Stars und seine Einordnung in das Filmgeschäft, insbesondere den Monopolfilm MÜLLER, Frühe deutsche Kinematographie, S. 144ff
  18. MÜLLENEISEN, Asta Nielsen, S. 49. Die Einlage betrng offenbar 25 000 Mark.
  19. Nach den Angaben im Internet, die hier nicht weiter überprüft werden können, wurde die Continental Kunstfilm GmbH 1911 von dem Schauspieler Walter Schmidthäßler und dem Ingenieur Max Rittberger in Berlin gegründet (www.cinegraph.de/filmmat/fm10)
  20. N LM 52. Dort auch das im Folgenden zitierte Schreiben Maschkes vom 28. Jan. 1917
  21. NLM 33. Zur Geschichte der deutschen Filmpropaganda grundlegend: Max BARKHAUSEN, Filmpropaganda im Ersten und Zweiten Weltkrieg, Hildesheim/Ziirich!New York 1982.
  22. BARKHAUSEN, Filmpropaganda, S. 83
  23. Ramona CURRY, Henny Porten im Ersten Weltkrieg, in: Kino der Kaiserzeit. Zwischen Tradition und Modeme, hg. v. Thomas ELSAESSER und Michael WEDEL, Miinchen 2002, S. 173-185, hier S. 174f Vgl. auch Jeanpaul GOERGEN, Neue Filme haben wir nicht erhalten. Die deutsche Filmpropaganda 1917/18 in Dänemark, in: Manfred BEHN (Red.), Schwarzer Traum und weiße Sklavin. Deutsch-dänische Filmbeziehungen 1910-1930, Miinchen 1994, S. 30-40; zur Entstehungsgeschichte BARKHAUSEN, Filmpropaganda, S. 65ff
  24. NLM 30
  25. 25 BARKHAUSEN, Filmpropaganda, S. 100
  26. NLM 34.
  27. BARKHAUSEN, Filmpropaganda, S. 116
  28. CURRY, Porten, S. 176. Zrt den Hintergriinden siehe BARKHAUSEN, Filmpropaganda, S. 37ff und 78ff
  29. BARKHAUSEN, Filmpropaganda, S. 82; im November 1917 beklagte Legationssekretär von Hentig an Major von Gillhausen, den Leitei der Bufa-Filmstelle, in der Tiirkei werde nichts mehr für die Propaganda getan, seitdem die Balkan-Orient-Filmgesellschaft lediglich auf Erwerb hinziele (ebd. S. 100); im Februar 1918 heißt es, sie betreibe ihre Propagandaaufgaben nur nebenbei (ebd. S. 139)
  30. Hierzu artsfiihrlich BARKHAUSEN, Filmpropaganda, S. 53.
  31. BARK.HAUSEN, Filmpropaganda, S. 141
  32. N LM 73. Dort auch das Folgende. Eine Liste der deutschen Passagiere in N LM 3
  33. NLM 41
  34. NLM 56
  35. NLM 10
  36. NLM 10
  37. NLM 40
  38. NLM 40 und 32. Dort auch eine Übersicht der von der Cinema produzierten und vertriebenen Filme mit Nennung der Regisseure und Schauspieler
  39. NLM 37
  40. NLM 36
  41. NLM 40. Lichtbildbühne vom 27. Sept. 1932
  42. NLM 2
  43. Die Cinema Information reflektiert unter der Überschrift ,Der deutsche Film in der Welt' sowohl die wirtschaftliche, im engeren Sinn devisenwirtschaftliche wie die kulturell-propagandistische Aufgabe des deutschen Films (NLM 40). Die Cinema mußte 1933 aufgrund der Judengesetze liquidiert werden (NLM 19).
  44. Artikel von Ch. MÜLLENEISEN: Was erwartet das Ausland von uns? Vor neuer Filmarbeit (NLM 40)
  45. NLM 41
  46. NLM 53
  47. Siehe den gedruckten Rückblick von 1933 „ Majestic-Film und Haro van Peski" in NLM 31
  48. NLM41
  49. NLM 18. Mülleneisen spricht 1945 von einer zwangsweisen Liquidierung durch Verfügung Goebbels (NLM 19)
  50. NLM 50. Christoph Mülleneisen und Irma Horstmann hatten 1913 in Lobberich geheiratet. Die Silberhochzeit fand am 21.Januar 1938 statt (NLM 72)
  51. NLM 14
  52. ROYEN, Die Kreisverwaltung 1945.
  53. Ebd. S. 142
  54. KAV Kreis Kempen-Krefeld 17516 und 869, BI. 9f
  55. KAV Kempen-Krefeld 17516, BI. 5
  56. ROYEN, Die Kreisverwaltung 1945, S. 14ff
    Dort ausführlicher Bericht Royens über die Vielzahl der zu bewältigenden Anforderungen an den Landrat.
  57. Ebd. S. 149
  58. KAV Kreis Kempen-Krefeld 869, BI. 4f
  59. Ebd„ BI. 6f
  60. Ebd. S. 150
  61. NLM 19. Der Rücktritt wurde im Juni 1946 dem Kreistag bekannt gegeben (KAV Kreis Kempen-Krefeld 869, BI. 69)

Quelle: Heimatbuch des Kreises Viersen 2006, Viersen 2005, S.31-50.
Die Veröffentlichung  an dieser Stelle geschieht mit freundlicher Genehmigung des Kreises Viersen vom 16. September 1999
(Aktenzeichen 41/E 1-47 12 43)

Der Artikel wurde in der ursprünglichen Rechtschreibung belassen


Link Christoph Mülleneisen auf Lobberich.de

Link Heimatbuchartikel über Lobberich

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