Geschichte des Kirchenchores St. Sebastian Lobberich 1841-1941

III. Kapitel:
Der Pfarrcäcilienchor 1920-1945

Buch S. 52

Mehrstimmiger Gesang 1920-1945

Willy Frohn

Willy Frohn, geb. 28. 5. 1888 - gest. 4. 7. 1976
Dirigent des Chores von 1920 bis 1955

Nach Ernst Kamper folgte Wilhelm Frohn, der wie sein Vorgänger die Dienste als Chorleiter, Organist und Küster auf sich vereinigte. Frohn war am 28. Mai 1888 in Lobberich zur Welt gekommen, hatte als Weber am Ort seine berufliche Tätigkeit begonnen und dann am Gregoriushaus in Aachen seine musikalische Ausbildung erfahren. 1914, im Sterbejahr von Franz Nekes, hatte er seine Studien beendet.
Lobberich war seine zweite Dienststelle. Als Eingesessener mußte er sein musikalisches Talent beweisen.
Am 11. Juli 1920 sang der Chor anläßlich einer Kriegergedächtnisfeier die Messe „0 crux, ave", und zwar mit Damen.

Gleich nach dem Krieg, vermutlich noch zu Lebzeiten Ernst Kampers, hatte der Chor sich in doppelter Hinsicht verändert: In den Jahren 1919 bis 1922 traten 23 Männer neu in die Gemeinschaft ein, die sich nunmehr „Pfarrcäcilienchor Lobberich" nannte darunter mehrere Fabrikarbeiter.
Teilweise kamen sie aus den beiden örtlichen Gesangvereinen „Frohsinn" und „Hoffnung". Außerdem erwachte der Jungfrauenchor zu neuem Leben und verdrängte den Knabenchor vollständig, so daß dieser zu bestehen aufhörte. Diese Vorgänge kann man nur vor dem Hintergrund verstehen, daß sich generell in der deutschen Gesellschaft durch den Krieg und die Neuordnung danach die Stellung des Fabrikarbeiters, aber auch der Frauen geändert hatte. Natürlich war außerdem die Arbeit mit Jungen immer mühsam gewesen. Der Verein gab sich keine neue Satzung, die Damen hatten einen eigenen Vorstand, der durch seine Vorsitzende im Gesamtvorstand des Chores eine Stimme hatte. Verheirateten Frauen wurde die Zugehörigkeit zum Chor bi etwa 1955 nicht gestattet. Wer von den Damen heiratete, schied aus.
Durch die Normalsatzung für die Kirchenchöre der Erzdiözese Köln im Jahre 1929 wurde bestimmt daß jeder „unbescholtene Katholik" Mitglied werden konnte. Über die Aufnahme sollte nach Stimmprüfung durch den Dirigenten und Zustimmung durch den Vorstand eine einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder entscheiden. (45)

Gruppenfoto 1925

Diese Normalsatzung wurde in modifizierter Form übernommen die Statuten von 1904 wurden in Einzelfragen immer wieder herangezogen.
Der Chor sang auch weiterhin A-capella-Mes en Alter Meister, so Palestrina „Aeterna Christi munera", „Missa brevis“ und „Missa Papae Marcelli“ , dazu die Messe „0 crux, ave" von F. Nekes. Dem Zeitgeschmack entsprechend wurde jedoch oft melodisch wohlgesetzten wuchtigen Orgelmessen ab 1929 auch Orchestermessen der Vorzug gegeben. Aus der Notzeit von 1931 stammt folgender Weihnachtsbericht:
„Auch das Wetter paßte sich der Notzeit an ... Wie ganz anders das Bild in der festlich erhellten Pfarrkirche ... Selbst von auswärts hatten sich viele eingefunden."
Gollers Loretomesse, die Festmesse von Dr. Faist, die Offertorien von Lipp und Frei, „Tantum ergo" von Kagerer, „Ehre sei Gott" von Dietrich und das innige „Ave Maria" von Bach-Gounod (letzteres sang Frl. Adele Gartz, Lobberich, in feiner künstlerischer Gestaltung) waren auf die kirchliche Hochfeier eingestellt. Beondere Hervorhebung verdient die orchestrale Begleitung, wozu sich die Musiker wiederum gern unentgeldlich zur Verfügung gestellt hatten." (46)

Zu den gern gesungenen Festmessen gehörten auch die „Missa solemnis" von Filke, die Ostern 1932 mit 4stimmigem Gemischtem Chor, der Orgel und einem 25köpfigen Orchester vorgetragen wurde, außerdem die Erlösermesse von Mitterer.
Das Orchester bestand aus Liebhabern der Musik, die fast nur zum Zwecke der Meßbegleitung oder bei Prozessionen gemeinsam musizierten. Der Dirigent des Chores leitete dessen Übungsstunden. Etwa um 1960 schlief die Zusammenarbeit mit dem Chor bis auf die Mitwirkung einiger Bläser bei der Fronleichnamsprozession ein.
Die folgende Zusammenstellung aller Aufführungen des Jahres 1932 vermittelt am Beispiel eines normalen Jahres den Umfang des liturgischen Dienstes:

  • 6. 1. 1932:
    Messe „0 crux ave" F. Nekes
    Offertorium „Jubilate Deo", Aiblinger
  • 18. 1. 1932:
    St.-Antonius -Messe Jaspers 2stimmig (in der Alten Kirche)
  • 24. 1. 1932:
    St. Sebastian: „Salve Regina", Gruber
    Offertorium „Gloria et honore' , Haller
    Betstunde zur Abwehr der Notzeit:
    „0 salutaris hostia Dietrich
  • 27. 3. 1932: Ostern:
    „Mis a Solemnis“ Filke mit Orgel und Orchester
    „Terra tremuit" Frei, mit Orchester
  • 28. 3. 1932:
    Hochamt: Messe wie oben
    Offertorium: „Terra tremuit" Gruber
    Sopransolo Frl. Adele Gartz
  • 29. 3. 1932:
    Hochamt: 2stimmige Messe von Haller
    Schlußkomplet des 40stündigen Gebetes beim Umzug:, Te Deum"
    0sterchor von Jasper , „Tantum ergo“ von Goller
  • 3. 4. 1932: Weißer Sonntag:
    beim Abholen der Kinder mehrstimmige Lieder aus „Kirchliche Gesänge", E. Istas,
    „0 Du mein Trost", , Beim letzten Abendmahle", „0 Kost zur Pilgerreise" Segen von Ett.
  • 1. 5. 1932:
    Dekanatsfest in Boisheim: „0 salutaris hostia", Dietrich
    Choralsatz „Factus est" (Introitus, Sonntag nach Fronleichnam)
    Im Saal: „Allmacht" von Schubert mit Sopransolo
  • 5. 5. 1932: Himmelfahrt:
    Hochamt: Loreto-Messe von Golier
    Offertorium: „Ascendit deus" Gries
  • 15. 5. 1932: Pfingsten:
    Messe von Dr. Faist
    Offertorium: „Confirma hoc“, Filke
    Pfingstmontag:
    Messe von Plag
    Offertorium wie am 1. Feiertag
  • 26. 5. 1932: Fronleichnam:
    Loreto-Messe von Goller
    Offertorium: „0 salutaris hostia“ Dietrich
    1. Altar: „Ave verum“
    3. Altar: „Pani angelicu''
    4. Altar: „Sacris solemniis "
    In der Kirche: „Tantum ergo“ Ett
  • 29. 6. 1932: Peter und Paul:
    Messe von Haller, 2timmig
    Offertorium: „Tu es Petrus" Haller
  • 3. 7. 1932:
    25jähriges Ortsjubiläum des Dechanten Boer
    Hochamt: „Missa solemnis“ mit Orchester, Filke
    „Ave verum“ mit Sopransolo, Mozart
    „Hallelujachor" aus dem „Messias' mit Osrchester, Händel
    nach dem Hochamt:
    Massenchor im Park: „Das ist der Tag des Herrn" Kreutzer
    „Die Himmel rühmen" mit Orchester Beethoven
    18 Uhr Festbankett:
    „Laut durch die Welten tönt"
    ,,Herr großer Gott" mit Sopransolo, Veith
    „Musikalisches Hoch" mit Orchester
  • 15. 8. 1932:
    Mariä Himmelfahrt: Messe „St. Henrici", 4stimmig, Schölgen
    Offertorium: „Assumpta est"
  • 4. 9. 1932:
    Wallfahrt Kevelaer: Lieder aus der Sammlung von Istas
    „Ave Maria" von Weyrich
  • 19. 10. 1932:
    Beerdigung eines Sangesbruders
    Auf dem Friedhof: „Schlaf wohl in Gottes Frieden", 4stimmig
    In der Kirche: „Requiem aeternam", Jaspers ( 40 Teilnehmer)
  • 23. 10. 1932:
    Herbstkirmes: Loreto-Messe, Goller
    Offertorium: „Ave Maria", Weyrich
  • 1. 11. 1932:
    Allerheiligen: Hochamt: Loreto-Messe
    Offertorium: „Justorum animae"
    Andacht: „Requiem aeternam", Jaspers
    Weg zum Friedhof: ,,Miserere", 5stimmig
    Priestergrab: „Schlaf wohl in Gottes Frieden"
    „Über den Sternen"
    Schlußandacht zum Rosenkranzmonat: ,,Tantum ergo"
  • 13. 11. 1932: Kirchweihfest:
    Messe von Faist
    Offertorium: „Bonum est"
  • 14. 11. 1932: Ewige Anbetung:
    Messe von Haller, 2stimmig
  • 16. 11. 1932: Buß- und Bettag:
    Messe von Plag
    Offertorium: „Panis angelicus"
  • 22. 11. 1932: Cäcilienfeier:
    Messe von Haller, 2stimmig
    abends: „Willkommensgruß“, Bungart
    Caecilienhymne Rathgeber
  • 8. 12. 1932: Mariä Empfängnis:
    „Ave Maria'', Weyrich
  • 25. 12. 1932:
    4 Uhr Mette: Erlösermesse von Mitterer (Neueinstudierung mit Orchester)
    Offertorium: „Laetentur coeli", Lipp
    Segen: Goller, nach dem Amt: „Ehre sei Gott" Dietrich
    10 Uhr: wie in der Mette
  • 26. 12. 1932: Hochamt:
    wie am Vortage
    Offertorium: „Hodie Christu natus est" Jasper mit Solo und Orche ter

Der Chor trat am 17. Januar 1932 in einer Versammlung unter dem Leitwort „Kommunistenabwehr" auf und sang außerdem anläßlich des 25jährigen Bestehens der KAB (47)


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