Hilfe durch die "Nettetaler Tafel"
bleibt weiter nötig

Nettetaler Spätlese. Zeitung für ältere Menschen 30/ 2007


Verein auf Spenden angewiesen - Ein Gespräch mit dem Vorsitzenden Hermann Hecker

Ins achte Jahr geht bald die "Nettetaler Tafel", die von Bäckereien und Supermärkten gespendete Lebensmittel an bedürftige Familien verteilt.

Die Zahl der Hilfeempfänger ist in den ersten Jahren natürlich steil angestiegen; er wächst aber immer noch - ein Zeichen dafür, dass sich Armut trotz eines sozialen Netzes noch weiter ausbreitet. und deshalb Hilfe jenseits gesetzlicher Regelungen nötig bleibt.

Die "Nettetaler Spätlese" sprach mit Hermann Hecker, dem Vorsitzenden des eingetragenen Vereins.

Spätlese: Wie viele Familien versorgen sie derzeit in Nettetal?

Hecker: Rund 250 Haushalte mit 360 Erwachsenen und 270 Kindern erhalten Lebensmittel an drei oder vier Tagen in der Woche. Hinzu kommen noch etwa 30 Personen in den Sozialwohnungen und Asylbewerberhäusern Vorbruch, Schmaxbruch (Breyell), Caudebecring (Lobberich) und Luchtberg (Kaldenkirchen).

Gibt es Schwerpunkte?

Breyell mit dem sozial teilweise schwierigen Speckerfeld ist ein Schwerpunkt, dann folgen Lobberich und Kaldenkirchen.

Wie bewältigen Sie die Verteilung der Lebensmittel?

Wir haben inzwischen rund 100 Mitglieder, von denen etwa 50 Prozent aktiv mitarbeiten. Darunter sind auch 30 Bedürftige, sechs mit einem Ein-Euro-Job und 20 ehrenamtliche Helfer. Sie leisten etwa 200 Arbeitsstunden in der Woche, den Verwaltungsaufwand nicht eingerechnet.

Was müssen Ihre Mitarbeiter tun?

Wir erhalten inzwischen regelmäßig Lebensmittel aus 17 Supermärkten der Firmen Aldi, Esch, Kaiser's, Lidl, Real, Rewe und Plus. Hinzu kommen die Bäckereien: Didden, Göbbels, Jansen, Kronenberg, Lehnen, Nethen, Schaager Backstube, Terstappen, Veken und van Bracht. Außerdem liefern ein Restaurant und verschiedene Firmen gelegentlich. Die Waren müssen abgeholt, sortiert und dann auf den einzelnen Touren verteilt werden.

Wo passiert das?

Wir haben seit April 2005 eine neue Halle am Donkelsvennweg in Kaldenkirchen. Dort wurde im Sommer 2006 auch eine Kühlzelle eingebaut, in der empfindliche Lebensmittel zwischengelagert werden können. In diesem Jahr hat Claudia Neesen, eine Ökotrophologie-Studentin der Hochschule Niederrhein im Rahmen eines Praktikums, sich vor allem um die Umsetzung der zahlreichen Vorschriften zur Lebensmittelhygiene gekümmert. Ihre Arbeit hat deutliche Spuren in den Arbeitsabläufen hinterlassen. Wir verteilen keine Lebensmittel mehr, deren Verfallssdatum abgelaufen ist oder das Mindesthaltbarkeitsdatum deutlich überschritten ist.

Wie viele Touren fahren Sie?

Wir sind Montag, Mittwoch Freitag und Samstag in Kaldenkirchen, Breyell, Lobberich und Hinsbeck (nicht Samstag) unterwegs, Dienstag, Donnerstag und Samstag in Breyell-Speckerfeld und Montag, Mittwoch und Freitag in Schaag, insgesamt 16 Haltestellen. Auch in Grefrath versorgen wir knapp 50 Haushalte, wir helfen dort beim Aufbau einer eigenen Tafel. Bewerkstelligt wird das mit zwei Fahrzeugen.

Wie kommen Sie an ihre "Kunden"?

Die Familien oder Einzelpersonen melden sich bei uns und weisen ihre Bedürftigkeit nach. Als unabhängiger Verein sind wir nicht an offizielle Regelsätze oder behördliche Weisungen gebunden. Es informieren allerdings die "Arge" oder Schuldnerberatung über die Möglichkeit der Hilfe durch die "Nettetaler Tafel".

Sie erhalten die Lebensmittel kostenlos. Wie finanzieren sie den Verteil-Aufwand?

Wir erhalten keine öffentlichen Mittel, sondern müssen uns aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanzieren. Der Mitgliedsbeitrag beläuft sich derzeit auf 30 Euro im Jahr, doch ist er nach oben offen. Wir freuen uns darüber, dass unsere Arbeit in den letzten beiden Jahren zunehmend anerkannt worden ist. Das macht sich auch im Spendenaufkommen bemerkbar. Anfangs hat uns die Firma Esch einen Lieferwagen zur Verfügung gestellt, später stiftete uns der Lions-Club Nettetal mit mehreren anderen Spendern einen neuen Wagen mit Kühlung. Die Pfarrgemeinden St. Sebastian Lobberich und St. Clemens Kaldenkirchen stellten uns die Hälfte ihres Pfarrfest-Erlöses zur Verfügung. Wir sind aber auch dankbar für jede kleine Spende. Manchmal kommt es vor, dass jemand bei mir klingelt und einen Briefumschlag abgibt mit der Bemerkung: "Meine Mutter hatte Geburtstag, das wurde ihr geschenkt." 100 Euro und auch mehr sind in den Umschlägen.

Wie hoch sind denn Ihre Kosten?

Monatlich müssen wir rund 1.200 Euro aufwenden. Der Löwenanteil geht natürlich für die Fahrzeuge drauf. Allein 2006 mussten wir fast 3.000 Euro an Reparaturkosten verkraften. Die steigenden Spritpreise bereiten uns Sorgen.

Wie sehen Sie die Zukunft?

Wir wären natürlich froh, wenn wir unsere Arbeit reduzieren könnten, denn das bedeutet ja, dass es den Menschen besser geht. Doch danach sieht es zurzeit nicht aus. Deshalb sind wir dankbar, dass uns zahlreiche Unternehmen unterstützen. Und wir sind weiterhin auf Mitglieder, Spenden und auch ehrenamtliche Mitarbeiter angewiesen. Wir möchten gerne noch mehr Ruheständler für die Arbeit begeistern, denn wir erblicken darin eine sinnvolle Betätigung in der Freizeit und erleben dabei auch viel Dankbarkeit.

Das Gespräch führten Manfred Meis und Toni Pollen.


Gewitterschauer gab Anstoß

Ein kräftiges Gewitter über Kaldenkirchen gab im Jahre 2000 den Anstoß zur Gründung der Nettetaler Tafel. Denn Hermann Hecker und seine Frau Christl suchten Zuflucht vor dem Regen im Haus der in der Pfarre St. Clemens arbeitenden Ordenschwester Laetitia und erfuhren von ihr über die schlechten Lebensbedingungen von Asylbewerbern in der Stadt. Sie suchte Mitstreiter, die sie bei ihrer Arbeit unterstützen.

Im Laufe der nächsten Monate erweiterte sich der Kreis der Menschen in Notsituationen, so dass der Gedanke aufkam, nach dem Mönchengladbacher Vorbild auch eine "Nettetaler Tafel" zu gründen. Das geschah am 6. März 2001. Mit rund 30 Mitarbeitern wurde der Start gewagt.


Weihnachtsaktionen zugunsten der "Tafel"

Mit Unterstützung der WDR-"Lokalzeit" führen viele Tafeln in NRW zu Weihnachten eine Paketaktion durch. Mitbürger werden gebeten, ein Paket mit haltbaren Lebensmitteln und einigen weihnachtlichen Süßigkeiten zu packen und am 18. Dezember in der Berufsschule in Lobberich (Färberstraße) abzugeben. Dort werden sie dann am 19. Dezember an Bedürftige weitergegeben. Genaueres wird noch in der WDR-"Lokalzeit" und in den Tageszeitungen mitgeteilt.

Das Handelsunternehmen Metro (in Nettetal durch Real vertreten), unterstützt die Tafeln durch den Verkauf eines Kinderkochbuchs. Die "Nettetaler Tafel" bietet das Buch auch beim Lichterfest in Kaldenkirchen (7. bis 9. Dezember) an ihrem Stand an.

Hinweis: (nicht mehr gültige Kontaktdaten wurden zur Vermeidung von Missverständnissen aus dem Bericht entfernt)


mehr aus der Spätlese

 Link Nettetaler Tafel