Chronik der Sparkasse 1870-1995

6. Die Sparkasse
nach dem Zweiten Weltkrieg
(1945 - 1970)

zum Jubiläum 125 Jahre Sparkasse Nettetal

von Manfred Albersmann

rechte Seite


zum Jubiläum 125 Jahre Sparkasse Nettetal

von Manfred Albersmann


 

Überall am Niederrhein rüstete man sich für die ersten freien Wahlen zu den kommunalen Parlamenten. Im Bericht der Gemeinde an den Landrat wird deutlich, daß das politische Leben in Lobberich immer noch sehr mühselig in Gang kommt: "Wenn auch bisher kein großes Interesse festzustellen ist, so kann man doch von einer beachtenswerten Anteilnahme sprechen. In den öffentlichen Auslagestellen sind die Wählerlisten oft eingesehen worden. Die Versammlungstätigkeit der Parteien lebt auf." heißt es in einem Bericht für Juli 1946. Die Alliierte Kontrollkommission stimmte im November 1945 der Umsiedlung, somit der Vertreibung von 6,65 Millionen Deutschen zu. Von ihnen kommen 1,5 Millionen aus den Ostgebieten in die Britische Zone. Zu diesem Menschenstrom kamen dann noch politisch Verfolgte und sonstige Flüchtlinge aus der damaligen SBZ (Sowjetische Besat-zungszone). In Lobberich stieg die Einwohnerzahl von 1945 bis 1955 von etwa 7.000 auf 10.000.

Diese Woge von Menschen hatten Hunderte, zum Teil tausend Kilometer hinter sich. Keine Heimat mehr, Familien in alle Winde zerstreut, keine Habe, buchstäblich nur das nackte Leben gerettet. Ein heute gern verdrängtes Kapitel der Nachkriegsgeschichte spielte sich in Deutschland ab: Die Einheimischen wollten ihre mittellosen Landsleute nicht aufnehmen. Gemeindedirektor Dr. Carl Smeets mahnt die Lobbericher. Er schrieb u.a..: "Angesichts des furchtbaren Elends ist es traurig, daß man der hiesigen Bevölkerung nur sehr schwer klarmachen kann, daß sie für die Flüchtlinge bereitwillig Unterkunft zur Verfügung stellen soll. Es ist ein erschreckender sozialer Gegensatz: auf der einen Seite die Ortseingesessenen, die durch den Krieg nur gering gelitten haben und andererseits die heruntergekommenen Menschen, denen jede Habe fehlt.

Aufsehen erregten in diesen Tagen Einbrüche in den Krankenhäusern Lobberich, Hinsbeck und Breyell. In Breyell wurden die Täter rechtzeitig entdeckt und in die Flucht geschlagen. Die Polizei vermutete dahinter das Werk einer organisierten Diebesbande. Die meisten Straftaten gingen eindeutig auf extre-men Hunger zurück. Jeden Tag überfluteten hungernde Städter das Land. Die Bauern wurden bestürmt, Lebensmittel herauszurücken, andere frönten erfolgreich dem Schwarzmarkthandel. Die traurige Ernäh-rungslage ließ Haß und Neid überall gedeihen. Alles, was nicht in Lebensmitteln schätzbaren Wert hat, wurde von den hungernden Massen als nichts erachtet.

In der Zeit vom 8. April - 2. Mai 1946 erfolgte durch den Verbandsrevisor Kaspari eine Ordnungs-prüfung, die die Jahresrechnungen von 1942, 1943, 1944 und 1945 betrafen. Aus dem Prüfungsbericht geht u.a. hervor, daß die Sparkasse im Jahre 1942 das unbebaute Grundstück "Ingenhovenpark" für 6.800 RM verkauft hatte, sich jedoch ein 10jähriges Rückkaufsrecht für einen evtl. Sparkassenneubau hat einräumen lassen. Einziges im Eigentum der Sparkasse befindliche Grundstück war das bebaute Grundstück "Berufsschule".

Daß es ohne eine Währungsreform keinen Wiederaufbau geben würde, zeigte sich in den ersten Nach-kriegsjahren immer deutlicher. Die wirtschaftliche Entwicklung vom Zusammenbruch bis zur Währungs-reform war überall gekennzeichnet durch einen ständigen Produktionsrückgang in der Wirtschaft und einem immer stärker werdenden Warenmangel. Die wichtigsten Güter des täglichen Bedarfs standen am Ende kaum noch zur Verfügung. Mangel war eine bittere Alltagserfahrung. Viele "beschafften" sich Waren über Kanäle außerhalb der Planwirtschaft, auf dem "Schwarzen Markt"

Der Verfall der deutschen Währung (offizieller Kurs 1 RM = 0,30 Dollar, inoffiziell 1 RM = 0,01 Dollar) machte eine Reform erforderlich, um die deutsche Wirtschaft neu zu beleben und die Produktion zu erhöhen. Die französische Regierung erklärte sich zur Beteiligung an der Reform bereit, während der sowjetische Militärgouverneur eine Aufschiebung verlangt. Da die Westalliierten eine Einigung mit den sowjetischen Stellen nicht für möglich hielten, blieb es bei dem geplanten Termin.

Bilanzzahlen nach dem Krieg bis zur Währungsreform:

 

1945

1946

1947

20-6-1948

 

TDM

TDM

TDM

TDM

AKTIVA

 

 

 

 

Barreserve

302

266

328

2.328

Eigene Wertpapiere

3.998

3.998

3.989

2.328

Guthaben bei Kreditinstituten

5.189

6.125

6.165

5.784

Darlehn

498

389

105

58

Hypotheken

304

298

150

149

Gesamt

10.411

11.066

10.908

12.423

PASSIVA

 

 

 

 

Spareinlagen

8.816

9.062

8.775

9.355

Depositen

1.419

1.854

1.850

2.750

Rücklagen

126

126

126

217

Gesamt

10.411

11.066

10.908

12.423

Am Freitag, den 18. Juni 1948, abends im Rundfunk und einen Tag später aus der Zeitung erfuhr die Bevölkerung von der "Währungsreform". Wo sonst die Lebensmittelkarten verteilt wurden, gab es am Sonntag, den 20. Juni 1948 das neue Geld. Zum Eintausch waren 60 Reichsmark pro Kopf mitzubringen. Dafür erhielt man im Umtausch zunächst einmal den legendären "Kopfbetrag" von 40 "Deutsche Mark". Die restlichen 20 neuen Mark sollten, so hieß es, etwas später ausgezahlt werden. Das ist auch im August 1948 geschehen.

Nach der Währungsreform gab es viele Enttäuschte, vor allem unter den Sparern gab es viele Klagen. Zwischen dem 20. und 26. Juni ging es bei allen Kreditinstituten in den "Westzonen" hoch her. Lange Schlangen bildeten sich vor den Schaltern, um die gesamten Vorräte von altem Geld einzuzahlen: Reichsmark, Rentenmark und Alliierte Militärmark. Was bis zum Ende dieser Woche nicht auf einem "Altgeldkonto" eingezahlt war, würde ein für allemal seinen Wert verlieren. Um diese Altgeld-Guthaben gab es aber schon bald herbe Enttäuschung. Sie wurden keineswegs im Verhältnis 1:10 in DM umgetauscht. Die empfangenen Kopfgelder wurden nämlich mit dem neunfachen Betrag auf die Altgeldguthaben angerechnet. Dazu kam noch die spätere Streichung von 3,5 % (100 RM = 6,50 DM). Ein Beispiel soll verdeutlichen, wieviel von einem "guten" Reichsmark-Guthaben letztlich übrig blieb:

"Altgeldguthaben" 10.000,- RM
abzüglich Neunfaches der Kopfquote von 60 RM für 3 Personen 1.620,- RM
verbleibt "Umstellungsguthaben" 8.380,- RM
umgestellt im Verhältnis 10:1 838,- DM
freigegeben eine Hälfte 419,- DM
Guthaben auf Sperrkonto (einstweilen nicht verfügbar) 419,- DM
Gestrichen im Oktober 1948 (70 %) 293,30 DM
Rest 125,70 DM
Freigegeben
- ohne Verwendungszwang 2/3 83,80 DM
- für Wertpapiere 1/3 41,90 DM
Gesamter Aufwertungsbetrag:
DM 419,- + DM 83,80 + DM 41,90 = 544,70 DM

Verständlich, daß in diesen Tagen an Sparen kaum jemand dachte.

Die Summe der in die Umstellungsrechnung eingesetzten Aktiven und Passiven ergab bei der Sparkasse Lobberich einen Überhang in Passiven in Höhe von DM 571.000. In Höhe dieses Betrages hatte die Sparkasse eine Ausgleichsforderung gegen das Land Nordrhein-Westfalen. Der Bestand der Reichsmark-schlußbilanz betrug 9.354.511,25 RM. Abzüglich der Altgeldguthaben Gruppe III, nicht angemeldete Guthaben, verfallene Pfennigbeträge, angerechnete Kopfbeträge, angerechnete Geschäftsbeträge und in der Schwebe verbleibende Beträge in Höhe von insgesamt RM 2.624.70,25 und einem bevorzugten Um-stellungsbetrag von 3.715 RM verblieben ca. 6,7 Mio RM zur Umstellung. Die Umwandlung dieses Betra-ges erfolgte mit 6,5 % = DM 437.000.

Angesichts eines ständig steigenden Konsumbedarfs der Bevölkerung wurden Ende 1952 Richtlinien für den sogenannten "Kaufkredit" von seiten der Sparkassen beschlossen. Ein Geschäft, daß sicherlich nicht den alten Grundsätzen der Sparkassen (Pflege des Spargedankens) entsprach.

Nach ansteigender Tendenz im Rechnungsjahr 1953 ließ die Geschäftstätigkeit bei dieser Art von Kredi-ten in den Jahren 1954 - 1957 nach. Rechnete die Sparkasse im Jahr 1953 noch 1.205 Kaufkredite mit einem Volumen von 396 TDM ab, ging diese Zahl in 1955 auf 1.011 Stück mit einem Volumen von 381 TDM Kreditsumme zurück. Diese rückläufige Entwicklung wurde positiv aufgenommen: "Die erwähnte rückläufige Entwicklung bei den Kaufkrediten hält an. Eine gute Feststellung, die zeigt, daß unser Ruf "Erst sparen - dann kaufen" bei der Lobbericher Bevölkerung nicht überhört wurde."

Aber auch andere Ausleihformen kurbelten das "Wirtschaftswunder" an: Die mit öffentlichen Mitteln geförderten Kredite und Darlehn wurden zu einem vielseitigen Instrument im Dienste der Wirtschafts-politik. Der "soziale Wohnungsbau" wurde durch entsprechende Darlehn angekurbelt. Eine neue und wichtige Aufgabe fiel in diesem Zusammenhang den Sparkassen zu. Sie hatten die "durchlaufenden Kredite" zu verwalten und die Abwicklung solcher Programme im Dienste ihrer Kundschaft zu über-nehmen. Die dabei teilweise übernommenen Risiken wurden nicht immer durch staatliche Ausfallbürg-schaften gedeckt.

Entwicklung der durchlaufenden Kredite

1953: 107 TDM

1954: 197 TDM

1955: 344 TDM

1956: 441 TDM

Im langfristigen Geschäft wurde die Hypothek zum wichtigsten Instrument der Wohnungs-baufinanzierung. Dementsprechend erhöhten sich die Bestände bei der Sparkasse Lobberich von 362 TDM in 1953 auf 881 TDM Ende 1956. In wirtschaftlicher Hinsicht stand Lobberich Anfang der fünfziger Jahre im Zeichen einer Vollbeschäftigung. Durch den Einsatz von zum Teil erheblichen Mitteln, die die Sparkasse im Wege des Kommunalkredits der Gemeinde zur Verfügung stellte, konnten bedeutende Bauvorhaben, wie die Kanalisation der Breyeller Straße, der Bau einer neuen evangelischen Volksschule, die Instandsetzung der durch Artilleriebeschuß stark beschädigten katholischen Pfarrkirche "St. Sebastian", der Bau des Kolpingsaales und die Durchführung des Teilbebauungsplanes "Mirbach-Land" durchgeführt werden. Der Anstieg der Kommunaldarlehn von 77 TDM in 1953 auf 700 TDM in 1956 belegen dies eindrucksvoll.

Von geschichtlicher Bedeutung ist noch, daß die Gemeinde Lobberich seit dem 1.10.1954 nach Besei-tigung erheblicher Schwierigkeiten nun endlich einen eigenen Bahnhof hat (bisher lag der Lobbericher Bahnhof auf Hinsbecker Gebiet).

Die gute Entwicklung der Einlagen in den Jahren 1949 - 1956 ist zum Teil auf die staatliche Sparför-derung zurückzuführen, die ebenfalls zu den wichtigen Neuerungen der Nachkriegszeit gehörte. Als sich kurz nach der Währungsreform ein erheblicher Rückgang der Spareinlagen abzeichnete, blieb nur ein Ausweg - die Sparförderung. Das Sparen wurde zunächst als Steuervergünstigung eingesetzt und zwar in der Weise, daß die auf Sparkonten eingezahlten Beträge bis zu einer bestimmten Höhe als "Sonder-ausgaben" steuermindernd wirkten. Die Sparmotivaton für die große Zahl der Klein- und Normalverdiener hielt sich in Grenzen. Die Ergebnisse waren jedoch ansehnlich:

Entwicklung des steuerbegünstigten Sparens

1953: 278,4 TDM

1954: 442,8 TDM

1955: 552,0 TDM

1956: 614,5 TDM

Alles in allem brachten die fünfziger Jahre für die Sparkasse der Gemeinde Lobberich zunächst die Rück-kehr "zum normalen Geschäft" und dann - parallel zur allgemeinen wirtschaftlichen Prosperität - eine geradezu stürmische Aufwärtsentwicklung. Bei ausgeglichener Liquidität und guter Rentabilität spiegelte sich im rapiden Wachstum der Sparkasse Lobberich auch das "Wirtschaftswunder" in der Gemeinde Lobberich wider. Das Statistische Bundesamt meldete für das Jahr 1955 einen hohen Anstieg des Sozialprodukts in der Bundesrepublik. Die gesamten Leistungen der Volkswirtschaft waren danach um 12,7 % (1954 nur 8,3 %) gestiegen.Die Räumlichkeiten der Sparkasse ließen einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb auf Dauer nicht mehr zu. So entschied sich der Gemeinderat auf Vorschlag des Spar-kassenvorstandes zum Ankauf des "Dammer'schen Saales". Mit der Planung eines Neubaus wurden die Architekten Vogelsang, Düsseldorf und Schmitter, Lobberich beauftragt.

Die Fa. Philippen begann im Februar 1957 mit den Abbrucharbeiten des Dammer'schen Saales. Der Firma Tümmers wurden die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten übertragen. Die Firma Ferdinand Pickers erhielt den Auftrag für die Sanitäranlagen, die Firma Fritz Kother den Auftrag für die Elektroarbeiten. Die Firma Johannes Beckers erhielt den Zuschlag für die Zimmererarbeiten, die Firmen H.u.W. Claas bzw. Toni in het Panhuis für die Stuck- und Putzarbeiten. Die Dachdeckerarbeiten wurden an Johannes Schiffer vergeben, die Plattierungsarbeiten erhielt die Firma Willi Döbler.

D er Vorstand der Sparkasse ab Januar 1957 setzt sich aus folgenden Personen zusammen:

Ordentliche Mitglieder

  • Clemens Boetzkes, Lebensmittelgroßhdl

  • Dr. Hermann Weber, Zahnarzt

  • Matthias Jacobs, Angestellter

  • Matthias Hahn, Weber

  • Josef Kauerz, Kaufmann

  • Hermann Bongartz, Kaufmann

Stellvertreter

  • Arnold Josten, Möbelkaufmann

  • Franz Bäumges, Bauer

  • Heinrich Rex, Betriebsschlosser

  • Leo Bontenackels, Weber

  • Theo Optendrenk, Gärtner

  • Hermann Hasenkox , Angestellter

Am 25. März 1957 wurden in Rom von den Regierungschefs der sechs Mitgliedsstaaten Frankreich, Italien, Niederlande, Belgien, Luxemburg und Bundesrepublik Deutschland die Verträge unterzeichnet, die die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) besiegeln. Am 31. August 1957 verstarb der Bürgermeister a.D. Leo Marx, der vom 1.8.1933 - 31.7.1945 Vorstandsvorsitzender der Sparkasse der Gemeinde Lobberich war.

Am 7.1.1958 trat das neue Sparkassengesetz NRW in Kraft. Die Ausführungsbestimmungen besagten, daß der Rat der Gemeinde auf Vorschlag des Sparkassenrates den Vorstand der Sparkasse bestellen muß. Entsprechend der Regelung bei der Nachbarsparkasse in Süchteln wurde zunächst die Bestellung eines "Einmann-Vorstandes" beschlossen. Bernhard Kuhnert, seit 1941 Sparkassenleiter wird zum Vor-stand der Sparkasse Lobberich gewählt. Zum Verhinderungsvertreter bestellt man Hans Tünsmann. Der Sparkassenrat, ein bisher nicht bekanntes Gremium - vergleichbar mit dem früheren Sparkassenvorstand - bestand aus:

  • Carl Smeets, Gemeindedirektor Vorsitzender

  • Clemens Boetzkes Mitglied

  • Hermann Bongartz Mitglied

  • Matthias Hahn Mitglied

  • Josef Kauerz Mitglied

  • Matthias Jacobs Mitglied

  • Dr. Hermann Weber Mitglied

Dem ebenfalls erstmals zu wählenden Kreditausschuß gehören neben dem Sparkassenvorstand Kuhnert die Sparkassenrats-Mitglieder Boetzkes und Dr. Weber an. Im Dezember 1958 schied Dr. Smeets aus und Gemeindeamtmann übernahm bis zum 23.9.1959 seine Aufgaben im Sparkassenrat.

Unter dem amtierenden Vorsitzenden des Sparkassenrates Hans Meis hatte sich der Sparkassenrat am 19. Januar 1959 zu einer Sitzung in der Burg Ingenhoven eingefunden, an der auch der frühere lang-jährige Vorsitzende des ehemaligen Vorstandes, Dr. Smeets teilnahm. Clemens Boetzkes, das älteste Mitglied des Sparkassenrates schilderte in dieser Sitzung ausführlich die Verdienste, die sich Dr. Smeets in seiner Eigenschaft als Gemeindedirektor im Vorstand und Rat der Sparkasse erworben hatte. Dr. Smeets erhielt für seine Verdienste eine Holzplastik aus der Barockzeit überreicht. In dieser Sitzung wurde der Termin für die Einweihung des neuen Sparkassengebäudes auf Dienstag, den 27. Januar 1959 festgesetzt.

Der 27. Januar 1959 war wohl ein wichtiger Meilenstein nicht nur in der Geschichte der Sparkasse Lobbe-rich, sondern auch für die Gemeinde selbst. An diesem strahlend-schönen Wintermorgen wurde das neue Sparkassengebäude in einem kurzen feierlichen Akt seiner Bestimmung übergeben. Dr. A. Fenkes schrieb seinerzeit: Vor dem sehr repräsentativ wirkenden Gebäude auf dem Bongartzplatz (heute: von-Bocholtz-Straße) wehten an drei Masten die Fahnen, als sich um 11 Uhr die vom Sparkassenrat gela-denen Gäste vor dem Portal der Kasse eingefunden hatten. Dort übergab Architekt Philipp Vogelsang, Düsseldorf dem stellvertretenden Sparkassenratsvorsitzenden Amtmann Hans Meis den mit einem kleinen Blumenangebinde versehenen Schlüssel. Amtmann Meis gab ihn an den Sparkassendirektor Bernhard Kuhnert weiter mit dem Wunsch, daß diese symbolische Handlung eine neue Aera des Vertrauens zur Sparkasse und des Aufstiegs einleiten möge zum Wohle unserer Heimatgemeinde und der gesamten Bevölkerung. Kuhnert öffnete sodann den Zugang zum neuen Hause. Auf dem Rundgang erklärte der Architekt die Bedeutung der Einrichtung. In der sich anschließenden Feier im Hotel Dammer (heute: Hotel Stadt Lobberich) begrüßte Meis den Vertreter der Landesregierung, Dr. Von Hochstetter, den Geschäftsführer des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes, Schwandt, Direktor Hoesch von der Rheinischen Girozentrale Düsseldorf, Direktor Piel von der Landesbausparkasse, die Direktoren der benachbarten Sparkassen Willich, Kaldenkirchen und Süchteln, die Herren Gornick, Münter und Theelen und den Leiter der hiesigen Spar- und Darlehnskasse Götte. Zu den weiteren Ehrengästen gehörten Bürgermeister Hein Nicus, die Leiter der hiesigen Schulen. Neben den Räumlichkeiten, die von der Sparkasse selbst genutzt wurden, wurde das Ladenlokal an die Eheleute Hans Thoneick (Damen-Oberbekleidung), Im Obergeschoß Praxisräume an Dr. Walter Bömer und Dr. Steeger vermietet. Im Erdgeschoß fand der Polizeiposten Lobberich eine neue Unterkunft. Die Gesamtkosten incl. Der Grundstücks- und Abbruchkosten beliefen sich auf 720.000 DM.

Wie schon erwähnt übernahm Gemeindedirektor Hans-Willi Güßgen am 23.9.1959 den Vorsitz im Sparkassenrat.

Die Bankenlandschaft in Lobberich ändert sich in 1959: Die beiden Großbanken Deutsche Bank und Commerzbank eröffnen Filialen.

Entwicklung der Sparkasse von 1958 - 1962 in Zahlen:

 

 

1958

1959

1960

1961

1962

AKTIVA

 

 

 

 

 

 

Liquide Mittel

 

700

589

1.221

896

1.009

Kreditinstitute

 

1.139

889

582

1.907

1.038

Wertpapiere

 

348

877

962

984

1.569

Debitoren

 

1.509

1.847

2.185

2.257

2.569

langfr. Darlehn

 

1.828

2.339

3.199

3.785

4.777

Kommunaldarlehn

840

913

965

921

883

 

Bilanzsumme

 

8.250

9.486

10.988

12.698

13.876

 

 

 

 

 

 

 

PASSIVA

 

 

 

 

 

 

Spareinlagen

 

5.226

6.448

7.549

8.471

9.508

Befr. Einlagen

 

60

67

34

509

530

Sichteinlagen

 

1.695

1.696

2.212

2.353

2.317

Sich.-Rücklage

 

235

271

325

390

444

Aufgen. Darl.

 

245

226

34

-

-

Durchlfd. Gelder

 

483

488

495

547

611

Bilanzsumme

 

8.250

9.486

10.988

12.698

13.876

Die Hochkonjunktur der deutschen Wirtschaft Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre sorgen für eine Voll-beschäftigung. Nach einer Statistik im April 1960 fehlten der bundesdeutschen Wirtschaft 410.000 Arbeitskräfte. Die Bundesregierung kündigte an, daß man sich verstärkt um ausländische Arbeitskräfte bemühen wolle. Das Konjunkturhoch ging erst mit der Kubakrise im Jahre 1962 zu Ende. Dennoch war die Investitionsbereitschaft der Verbrauchsgüter-Industrie, der Bauwirtschaft und der öffentlichen Hand unverändert hoch.

Die Vollbeschäftigung und gute Verdienstmöglichkeiten führten zwangsläufig zu einer breiten Anhebung des Einkommensniveaus der Bevölkerung. Der wachsende Wohlstand schlug sich zwar zum großen Teil in einem erhöhten Verbrauch nieder, jedoch brachte die Sparfreudigkeit der Sparkasse beachtliche Zuflüsse.

Am 6. Februar 1962 beschloß der Rat der Gemeinde Lobberich auf Vorschlag des Sparkassenrates ent-sprechend des in den letzten Jahren stark gestiegenen Geschäftsumfanges der Sparkasse, die Bestel-lung eines Zweimann-Vorstandes. Johannes Zanders, seit 1945 Angestellter, wurde am 20.6.1962 als zweites Vorstandsmitglied in sein Amt eingeführt. Damit wurde ein Mann in den Vorstand der Sparkasse gewählt, der lange Jahre die Geschicke dieses Institutes verantwortlich mit gestalten sollte.

Zur Vereinfachung des Sparverkehrs wurde im Jahre 1962 erstmals eine "Schalterquittungsmaschine mit Sparbucheindruck" (NATIONAL) angeschafft, die das für die Mitarbeiter äußerst aufwendige manuelle Zu- und Abschreiben von Spareinlagenumsätzen erheblich vereinfacht.

Das bedeutendste Ereignis auf kommunalpolitischem Gebiet im Jahre 1964 war die Verleihung der Stadtrechte an die Gemeinde Lobberich. In der Sitzung des Kabinetts des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7.7.1964 war der Gemeinde Lobberich in Anerkennung ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Bedeu-tung das Recht verliehen worden, sich zukünftig "Stadt" zu nennen. Einem Ratsbeschluß entsprechend firmiert die Sparkasse seit diesem Termin mit

STADTSPARKASSE LOBBERICH

Die Kommunalwahl 1964 hatte auch eine Neuwahl des Sparkassenrates zur Folge. In seiner Sitzung vom 12.10.1964 hat der Rat der Stadt Lobberich folgende Personen in den Sparkassenrat gewählt:

Vorsitzender:
Hans-Wili Güßgen, Stadtdirektor

Stellvertreter:
Hans Meis, Stadtoberamtmann

Mitglieder

  • Hein Nicus, Kaufmann

  • Theo Optendrenk, Kaufmann

  • Hans van Ditzhuysen, Lehrer

  • Josef Frank, Journalist

  • Matthias Hahn, Rentner

Vertreter

  • Karl Reulen, Realschullehrer

  • Ernst Otthoff, Fabrikant

  • Hermann-Josef Müller, Zahntechniker

  • Josef Bouverie, Samtweber

  • Fritz Einmal, Rentner

Verlangsamtes Wirtschaftswachstum, beschleunigter Preisaufstieg und ein Defizit in der Zahlungsbilanz kennzeichneten im wesentlichen die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik im Jahre 1965. Das am 1.4.1965 in Kraft getretene 1. Vermögensbildungsgesetz ermöglichte den Arbeitnehmern von ihrem Arbeitslohn jährlich 312 DM vermögenswirksam anzulegen. Mit diesem Gesetz bekam das "Prä-mienbegünstigte Vertragssparen", das vom Staat unter bestimmten Voraussetzungen mit einer Prämie bis zu 30 % "belohnt" wurde, weiteren Aufschwung. Der immer stärker eingesetzte bargeldlose Gehalts- und Lohnzahlungsverkehr trug erheblich zur Ausdehnung des Giroverkehrs bei. Bei der Stadtsparkasse Lobberich wurden allein im Jahre 1965 117 Millionen DM im Spargiroverkehr umgesetzt. Von 2.080 Girokonten waren allein 1.274 Lohn- und Gehaltskonten.

Zur beschleunigten Abwicklung des Spargiroverkehrs wurden im Jahre 1966 der Eil- und Blitzgiroverkehr eingeführt und auch der Lastschriftverkehr erfreute sich immer größerer Beliebtheit. Die sich in ver-stärktem Maße fortsetzende Geschäftsausweitung gab der Sparkasse Veranlassung, weitere Geschäfts-räume zu schaffen. Durch den Umbau von bisher für Wohnzwecke vermietete Räume in der ersten Etage (das Zimmer des Vorstandsvorsitzenden bis zum Büro des Kreditabteilungsleiters) konnte die Kreditabteilung ausgeweitet werden.

Die konjunkturelle Abschwächung des Jahres 1967 war Anlaß für verschiedene Sonderkreditaktionen. Darlehn für bestimmte Zwecke wie "Junge Familie" oder "Besser und schöner wohnen", die vom Staat bezuschußt wurden, trugen sicherlich zu einer gewissen Belebung bei. Am 31.3.1967 beendete der bis dahin Vorsitzende des Vorstandes, Sparkassendirektor Bernhard Kuhnert, seine Tätigkeit bei der Sparkasse. In einer Abschiedsfeier würdigte der Vorsitzende des Verwaltungsrates sein rd. 25jähriges erfolgreiches Wirken für das Institut. Kuhnert, der am 1.4.1921 bei der Kreissparkasse Iburg (Teutoburger Wald) seine Lehre absolvierte, arbeitete bei der Girozentrale in Osnabrück, beim niedersächsischen Sparkassenverband in Hannover, von 1929 - 1937 bei der Kreissparkasse Aschendorf-Hümling (Ems-land) und von 1937 - 1941 bei der Städtischen Sparkasse in Meyen. Nebenamtlich ist Kuhnert Kirchen-kassenrendant der kath. Kirchengemeinde Lobberich. Als Nachfolger wählte der Rat der Stadt das bishe-rige Vorstandsmitglied, Johannes Zanders, zum Vorsitzenden und Karl Eicken aus Korschenbroich zum Vorstandsmitglied.

Die Rezession des Jahres 1967, die erstmals seit der Währungsreform keinen Zuwachs des realen Bruttosozialproduktes brachte, wurde durch die von der Regierung im Spätsommer 1967 beschlossenen konjunkturpolitischen Maßnahmen und die hierdurch verursachte Entfaltung wirtschaftseigener Kräfte verhältnismäßig schnell überwunden. Zwar wirkten noch Dispositionen der Wirtschaft im Zusammenhang mit der Anfang 1968 eingeführten Mehrwertsteuer auf die ersten Monate des Jahres 1968 ein, doch expandierte hiernach die Nachfrage auf breiter Front. Produktion und Beschäftigung stiegen kräftig an. Die öffentlichen Sparkassen konnten Ende des Jahres auf ein bedeutungsvolles Ereignis zurückblicken: Die bei ihnen unterhaltenen Spareinlagen überschritten die 100-Milliarden-Grenze. Damit hatten Deutsch-lands Sparer den Sparkassen rd. 60 % aller Spareinlagen in der Bundesrepublik anvertraut.

Auch bei der Sparkasse Lobberich machte sich im Jahre 1968 ein immer schärfer werdender Wett-bewerb unter den Kreditinstituten bemerkbar. Neben einer Intensivierung der Werbung wurde das Leistungsangebot in allen Geschäftsbereichen erweitert. Die Einführung des Dispositionskredits für Privatgirokunden, die Ausgabe von Sparkassenbriefen und die Einführung von Scheckkarten seien hier nur beispielhaft genannt. Der in die Angebotspalette aufgenommene Sparkassenbrief, eine auch heute noch sehr beliebte und sichere Geldanlageform, wurde gerne gekauft. Im ersten Absatzjahr wurden 739.000 DM angelegt. Im Vordergrund der organisatorischen Maßnahmen stand im Mai 1968 die Umstellung der Geschäftsgiro-, Gehaltsgiro- und Hauptbuchkonten auf eine elektronische Datenverar-beitungsanlage der Buchungsgemeinschaft rheinischer Sparkassen, die eine erhebliche Beschleunigung des Arbeitsablaufes und eine spürbare Entspannung der Personalsituation mit sich brachte.

Nachdem die Verhandlungen mit den Eigentümern des Grundstücks Bahnstraße 45 (Gebr. Bongartz) über die Anmietung von Räumen abgeschlossen waren, wurde mit den Umbauarbeiten für die Eröffnung der ersten Zweigstelle begonnen, die schließlich am 17.12.1969 eröffnet werden konnte.


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