WESTDEUTSCHE ZEITUNG

21. Oktober 2004


Flagge zeigen gegen Folter und Mord

Seit 30 Jahren gibt es die Nettetaler amnesty-Gruppe.
Anfangs beinahe ein Flop, bewegt wurde trotzdem so Manches.

Nettetal. 30 Jahre "amnesty international" (ai) in Nettetal: Gründer und Aktivisten von heute blickten jetzt auf die Geschichte der örtlichen Gruppe der internationalen Menschenrechts-Organisation zurück die Geschichte einer Sysyphus-Arbeit.

Jürgen Boyxen und Dietmar Sagel schildern die Anfänge 1973/74: "Eine Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs, wir waren jung, wollten die Welt verändern. Aber wir wollten nicht nur reden, wir fragten konkret, was können wir in Nettetal tun." Die ai-Gründung in der Seenstadt erwuchs aus einem "alternativen" Gottesdienst zum Thema Folter in Lobberichs Alter Kirche. Solche "alternativen" Themen-Gottesdienste waren neu; manche betrachteten sie noch misstrauisch. Die projektierte ai-Gründung im März 1974 wurde zum Flop: 25 Leute hatten signalisiert mitzumachen, alle 25 zuckten zurück.


Amnesty-Mitglieder im Jahr 2000
bei einer Mahnwache gegen die
Todesstrafe. Auf den Schildern
die Namen der Verurteilten.

So blieb es bei nur wenigen jungen Gründern. Neben Boyxen und Sagel waren unter anderem Monika Honnes, Helma und Martina Zanders und Jochen Wefers dabei. Dass es zur ai-Gruppe kam, verdankten die Jugendlichen wesentlich dem damaligen Kaplan Wolfgang Wessel, der sie bestärkte und immer wieder Mut machte. Noch in der Gründungsphase reihten sich Ältere wie der Sonderschullehrer Fred Michels ein. Sagel: "Das war ein Glück für uns; sie nahmen uns unter die Fittiche, lieferten der Gruppe den nötigen Rückhalt."

Die Nettetaler gingen in die "Lehre", schauten sich die Arbeit anderer ai-Gruppen in der Region an. Im Juli 1974 kam die Anerkennung durch die Londoner Zentrale. Sagel damals 22 Jahre alt und noch Azubi der Stadtverwaltung, heute Geschäftsführer der NetteAgentur, wurde der erste Sprecher der ai-Gruppe Nettetal, Jahre später gefolgt von Michels. Natürlich stand die "Adoption" politischer Gefangener im Mittelpunkt. Aus Briefkontakten sollten Hilfskontakte werden. Das höchste Glücksgefühl stellte sich ein, als ein von der Gruppe betreuter rhodesischer Gefangener freigelassen wurde. Zu Schwerpunkten wurden aber auch das Eintreten gegen die Todesstrafe und Folter sowie die Flüchtlings-Arbeit.

Von der Gruppe wurden u.a. einige Perser betreut, die es auf der Flucht vor Ayatollah Khomeni nach Nettetal verschlagen hatte. "In 100 Ländern Gesinnungs-Justiz Amnesty erhob schwere Vorwürfe gegen den Iran", titelte die WZ am 27. September 1976. Norbert Schneider ist einer der heutigen Aktivisten. Er unterstreicht den Wandel von Gefangenenhilfszur Menschenrechts-Organisation.

Die Arbeit sei nicht leichter geworden "in einer Zeit, in der man beispielsweise Menschen weltweit einfach verschwinden lässt". Für die Gruppe gelte die alte Leitfrage auch im Zeitenwandel weiter: "Was können wir in Nettetal tun?" Der Wunsch des heutigen ai-Sprechers Hubert Lowis (59): Jüngere für die Mitarbeit in der ai-Gruppe gewinnen.

Telefon: 02153/2472

21.10.04

Von Bernd Schubert


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