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Donnerstag, 10. Mai 2007


Geschichte bekommt ein Gesicht


Lobberland e.V. gibt Totengedenkbuch heraus

Präsentieren stolz ihre wertvolle Arbeit: Ralf Schmeink (links) und Hermann-Josef Müllers erinnern
anhand von Totenzetteln an die Opfer des zweiten Weltkriegs aus Lobberich.

Von Daniela Veugelers

Nettetal. Ein Buch über Tote zu schreiben, mag auf den ersten Blick recht ungewöhnlich erscheinen. Schaut man jedoch etwas genauer hin, entdeckt man, wie wertvoll die nun vorgelegte Arbeit der beiden Lobbericher Hermann-Josef Müller und Ralf Schmeink ist. Am Dienstag stellten beide ihr „Gedenkbuch für die Opfer der Nationalsozialisten und des von ihnen begonnenen Krieges" aus Lobberich vor. Auf 160 Seiten präsentieren sie über 400 Totenzettel. „In diesen Zetteln kann man das Leid des Krieges erleben", findet Müller. Der heute 75-Jährige erlebte den Krieg hautnah mit. Aber schon heute, 60 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges, gibt es kaum noch Zeitzeugen, die das damals Geschehene aus eigener Anschauung berichten können.

„In Kürze wird der zweite Weltkrieg nur noch aus Büchern, Computerspielen und Filmen bekannt sein. Schon heute können einige meiner Schüler Honnecker nicht mehr von Hitler unterscheiden", so Ralf Schmeink. Als stumme und bleibende Zeugen stehen daher die Totenzettel.

Den Grundstock für die jetzt vorgelegte Sammlung bildete eine Kiste mit 80 Totenzetteln, die Hermann-Josef Müller von seiner verstorbenen Mutter übernommen hatte. Nach einem langen Dornröschenschlaf fühlte sich der Zahntechniker nach der Max Zanders Ausstellung „Von der Wiege bis zu Bahre" verpflichtet, das Andenken an die Verstorbenen wach zu /halten. Nachdem mehrere Aufrufe in der Presse kaum Resonanz brachten, fragte Müllers gezielt bei bei weiteren Hinterbliebenen nach. „Ich musste richtige Kleinarbeit leisten, aber es hat sich gelohnt". Müllers Anliegen ist es, ein Zeichen gegen den Krieg zu setzen. „Ich habe meinen Vater in Stalingrad verloren. Viele Familien wurden in dieser Zeit nicht körperlich, sondern an ihrer Seele verwundet. Das Buch erinnert an die Toten und zollt den Lebenden Respekt für ihr Durchhaltevermögen in dieser schweren Zeit."

Durch die Kontakte zu Ralf Schmeink und den Verein Lobberland konnten die Totenzettel oder Fotos digitalisiert und gespeichert wurden. Die Totenzettel berichten in martialischen Texten von toten „Helden", von Führer, Volk und Vaterland, aber auch von einem tiefen Glauben, der den Angehörigen Halt gab. Ralf Schmeink übernahm die Verarbeitung der Dateien und brachte die Sammlung in eine Buchform. „Wir haben kein Heldengedenk- oder Lesebuch herausgegeben", stellen die Autoren eindeutig fest.

Auch wenn der Anlass tragisch ist, so lohnt es sich, einen Blick in die Totenzettel zu werfen. So wurde etwa der Postbote Jacob Heinrich Compans während seiner Arbeit beschossen und starb einen sinnlosen Tod. Erinnert wird natürlich auch an die Opfer des „eigenen" V1-Geschosses. Darunter ein siebenjähriges Kind. „Wichtig ist, dass Menschen aus dem Buch sprechen, die in der gleichen Straße gewohnt haben, die gleiche Schule besucht und auf dem gleichen Markt eingekauft haben wie viele Lobbericher heute noch. Dieses Buch sei den Toten ein Gedächtnis, den Lebenden eine Mahnung", so Schmeink. Mit der Veröffentlichung erhoffen sich die Autoren noch weitere Ergänzungen.

Das Buch (Auflage 60 Exemplare) ist als drittes in der Medienreihe des Vereins Lobberland erschienen und im Vereinshaus, An St. Sebastian 30, erhältlich. Es kostet elf Euro.

Anfragen werden unter Telefon 02153/9597929 (Schmeink) oder 02513/2189 (Müller) gerne beantwortet.


Karl Funcke führt Geschäft in vierter Generation


Seit 125 Jahren in Lobberich ansässig / Am kommenden Samstag wird gefeiert / Dank geht an Freunde, Familie, Kunden und Mitarbeiter


Eines der letzten Fotos, das die Familiendynastie Funcke-Böken zeigt.
Auf dem Bild Heinrich Böken, links Karl Funcke, in der Mitte der jetzige Inhaber Karl Funcke sowie rechts sein Vater Franz-Leo Funcke.

Lobberich (ib). Wenn die Firma Karl Funcke am Wochenende ihr 125-jähriges Jubiläum feiert, kann Inhaber Karl Funcke auf eine lange Tradition zurtickschauen. Seit dem Jahre 1899, also nunmehr seit 108 Jahren, befindet sich die Firma auf der Hochstraße 42 in Lobberich. Franz Boeken, der Urgroßvaters des heutigen Inhabers Karl Funcke, machte sich im Jahre 1882 auf der Kirchstraße als Kupferschmied und Pumpenmacher selbständig. Als Franz Boeken im Jahre 1922 starb, führte seine jüngste Tochter, Josefine „Finchen", das Geschäft weiter. Sie heiratete ein Jahr später den jungen Elektromeister Karl Funcke, der bereits einige Jahre später seinen zweiten Meister in der Sanitärinstallation machte. Vier Kinder, darunter der spätere Inhaber Franz-Leo, kamen zur Welt. Karl und Josefine Funcke bauten das Geschäft weiter aus. Doch der Zweite Weltkrieg ließ das junge Unternehmer-Ehepaar nach Ende des Krieges wieder bei Null anfangen.

Sohn Franz-Leo stieg in den Betrieb ein. 1950 wurde das Verkaufssortiment, das bis dahin nur im Haushaltswarenbereich angesiedelt war, vorsichtig mit der Sparte Porzellan, Glas und Geschenkartikel erweitert. Elektrogeräte, Leuchten, Radios und Schaltplatten ergänzten das Sortiment und schlugen eine Brücke zum Handwerk, welches durch die große Leistungsspanne - Elektronik, Sanitär, Heizung, Klempnerei - weiter wuchs.

Sortiment vorsichtig erweitert

Um auch Herde und Öfen ausstellen zu können, wurde ein Ladenlokal auf der Wevelinghoverstraße (jetzt AXA-Versicherungen Cremers) angemietet. 1952 bestand Sohn Franz-Leo Funcke die Meisterprüfung zum Elektromeister an der Berufsfachschule

für Elektronik in Oldenburg. Fünf Jahre später heiratete der seine Ehefrau Margot. Ständig wurde das Geschäft umgebaut und neu gestaltet, den ersten großen Umbau erlebte das Geschäft 1964: Front, Schaufenster und das komplette Ladenlokal wurden verändert, die Verkaufsfläche verdoppelt. Erstmals erlaubte ein großer Verkaufsraum im Obergeschoss eine Ausstellung von 50 Stück kompletter Kaffee- und Tafelservices.

Zehn Jahre später, als Nettetal ihre erste Fußgängerzone baute und die Innenstadt eine komplette Umstrukturierung erfuhr, erfolgte ein weiterer großer Umbau. Diesmal wurde eine Anbindung an den neu entstandenen Doerkesplatz geschaffen und damit eine zusätzliche Verkaufsfläche von rund 100 Quadratmetern erreicht. Die Werkstatt wurde räumlich erheblich verkleinert, jedoch waren Esse, Schmiede und große Maschinen mit Transmissionen längst nicht mehr nötig und auch nicht zeitgemäß.

In diesem Jahr starb auch Finchen Funcke, die Tochter des Gründers, im Alter von 84 Jahren. Ihr Enkel Karl ging ein Jahr später in die Elektrolehre zur Firma Johannes und Heinz Spieß nach Kempen.

1978, nach verkürzter Lehre und bestandener Gesellenprüfung, schloss er die zweite Lehre als Gas- und Wasserinstallateur an. Lehrherr war der elterliche Betrieb.

1978 verstarb die zweite Generation, Karl Funcke, im Alter von 86 Jahren. Im Jahr des 100-jährigen Jubiläums, bestand Karl junior die Meisterprüfung im Elektro-Installationshandwerk. Drei Jahre später legte der heutige Inhaber Karl Funcke zusätzlich die Meisterprüfung im Heizungs- und Lüftungsbauer-Handwerk ab. Seine Ehefrau Judith stieg nach der Hochzeit 1984 sofort in das Geschäft ein, eine Tochter und ein Sohn kamen zur Welt.

„Gott schütze das ehrbare Handwerk"

Als es dann auf der Hochstraße zu eng wurde, mietete Karl Funcke ein Gebäude und Hallenflächen der ehemaligen Firma Girmes auf der Elisabethstraße an.

Durch die.Verlagerung der Werkstatt konnte nun ein weiterer Umbau Richtung Doerkesplatz erfolgen. Das repräsentative Porzellangeschäft konnte nun beidseitig betreten werden und ermöglicht heute ein Angebot auf über 200 Quadratmetern Verkaufsraum.

Stolz ist Karl Funcke darauf, dass seit Ende des zweiten Weltkrieges mehr als 50 Lehrlinge in dem Familienunternehmen ausgebildet wurden.

Ein Jahr, nachdem die komplette Vorderfront und das Schaufenster modern und zeitgemäß umgestaltet wurde, verstarb Franz-Leo Funcke nach schwerer Krankheit.


Die Ansicht Doerkesplatz: Attraktives Angebot auf
über 200
Quadratmetern. Foto: Inge von den Bruck


Die fünfte Generation, Hendrik Funcke, steht schon in den Startlöchern, Margot Funcke, Karl Funcke und Ehefrau Judith freuen sich auf das anstehende Jubiläum. Foto: Inge von den Bruck

Karl Funcke führt das Geschäft nun in vierter Generation weiter. Ob es die fünfte Generation in dem Familienunternehmen geben wird, entscheidet sich in den nächsten Jahren. Sohn Hendrik beginnt im Herbst ein Studium der Elektrotechnik in Oldenburg. „Ob er allerdings die strukturellen Voraussetzungen in Deutschland antrifft, um einen Handwerksbetrieb langfristig und erfolgreich zu erhalten, wird nicht nur für ihn, sondern für alle Handwerksbetriebe, Mittelständler und somit für die gesamte Gesellschaft von größter Bedeutung sein", so Karl Funcke heute.

Am kommenden Samstag wird das 125-jährige Firmenjubiläum gefeiert. Unter den Gästen haben sich auch zahlreiche ehemalige Auszubildende angemeldet. Karl Funcke bedankt sich vor allen Dingen bei den Kunden und Freunden der Familie für die langjährige Treue und Unterstützung sowie bei den Mitarbeiten der Vergangenheit und der Gegenwart für ihren Einsatz.

„Danke möchte ich auch meinen Vorfahren sagen, für ihre Last und Mühe sowie den Lieferanten und Kollegen für' das faire Miteinander", so Karl Funcke, „Gott schütze das ehrbare Handwerk."


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