ihre aktuelle Wochenzeitung
nicht nur für Lobberich!

Donnerstag, 21. Dezember 2006


Karten lesen? Das geht in Fleisch und Blut über


(ur) Schauplatz Bedburg. Noch rund 400 Meter, es geht bergab, eine letzte Rechts-Links-Kurve, ein letztes Mal Vollgas, doch plötzlich sieht Detlef Hannes nur doch Zuschauer vor sich.

Foto: Josef Rütten

Er setzt seinen Toyota Corolla GT quer, will Geschwindigkeit abbauen, doch die Fliehkraft ist zu groß, er kracht gegen den Bordstein und macht sich mit seinem Auto auf den Weg in Richtung Obstbäume. Eine Windhecke rettet ihm wahrscheinlich das Leben, sie bremst die Rutschpartie entscheidend ab. Drei Monate alt war das Fahrzeug, hatte gerade 7.000 Kilometer gelaufen, ist jetzt nur noch Schrott. Pech! Aber großes Glück, dass es am Ende für Leib und Seele gut ausging.

Knifflige Aufgaben

„Das war die brenzligste Situation, die ich im Motorsport erlebt habe“, erzählt Detlef Hannes (55). Der Lobbericher hat sich mit Haut und Haaren dem Motorsport verschrieben. Rallyes fährt er allerdings nicht mehr, sondern konzentriert sich auf sporttouristische Orientierungsfahrten. Dort lösen Fahrer und Beifahrer bei jeder Veranstaltung eine Aufgabe, die in einer vorgegeben Zeit zu lösen ist. Nach Karte ist eine bestimmte Strecke zu fahren, Verkehrsregeln müssen unbedingt eingehalten werden, das Auto muss sich in einem technisch einwandfreien Zustand befinden. Auf der Strecke befinden sich Orientierungs-, Stempel- und geheime Zeitkontrollen. Kommt man ins Ziel, wird entschieden, ob man alle Teilaufgaben gelöst hat oder Strafpunkte kassieren muss. Gefahren wird in verschiedenen Leis-tungsklassen, damit Anfänger nicht gleich beim ersten Mal die Motivation verlieren.

Detlef Hannes, der für den Motorsportclub (MSC) Höllen fährt, kann auf ein überaus erfolgreiches Jahr zurückblicken. Zusammen mit seinem Beifahrer Holger Wannen aus Duisburg darf er sich Gesamtsieger im Niederrhein Cup nennen. Dieser Erfolg gelang ihm 1992 schon einmal, damals noch mit Beifahrer

Christoph Janoschek, als die beiden für den MSC Uda Oedt fuhren. Hannes fährt in der B-Klasse, der zweithöchsten Stufe. Er muss nun aber aufgrund der Erfolge in die höchste Klasse, in die C-Klasse aufsteigen.

Seit 1982 ist Detlef Hannes „auf der Strecke“. Eine achtjährige Pause nutzte er, um auch an Turnieren teilzunehmen, bei denen es in erster Linie um Geschicklichkeit geht. 2000 wurde der Lobbericher im Turniersport Gaumeister im Gau Nordrhein des ADAC. Doch dann ließ sich Hannes von seinem ehemaligen Beifahrer noch einmal überreden, wieder bei den Orientierungsfahrten mitzumachen. Ein kluge Entscheidung. Zwei Gesamtsiege, zweimal Vierter in den Gesamtsiegerlisten, sieben Siege in der B-Klasse, zwei zweite und drei dritte Plätze sind der Lohn für einen großen Aufwand. Ganz frisch ist noch die Siegerehrung für den Gesamtsieg der Stadtmeisterschaft Duisburg/Mülheim/ Oberhausen.

Erfahrung ist wichtig

Hin- und Rückreise sind zu fahren, die Meisterschaften selbst natürlich auch. „Das sind rund 300 Kilometer pro Veranstaltung“, rechnet der ehemalige Fußballer des BSV Leutherheide vor, „Gottseidank fahre ich noch Diesel“, lacht er dann mit Hinweis auf die derzeit hohen Benzinkos-ten. Es lohne sich, sein Auto mit einem Unterbodenschutz auszustatten, sagt er noch, denn weitere besondere Kos-ten außer dem Startgeld (25 Euro) kommen nicht auf den Motorsportler zu.

Bei den Verstaltungen selbst ist die Geselligkeit nicht so ausgeprägt, doch wenn sich die Mitglieder des Motorsportclubs zu Clubabenden treffen, steht auch die Geselligkeit im Vordergrund. Die Besten im Club werden geehrt, in bunter Runde wird Bilanz gezogen. „Wir haben ein gut funktionierendes Vereinsleben“, bestätigt Hannes.

Bei aller Liebe zu den Orientierungsfahrten: „Mein Sport ist der Rallyesport“, sagt Hannes, der jedoch Rallye wie Paris-Dakar davon ausnehmen möchte. „Das hat nichts mit Motorsport zu tun“, stellt er fest, „diese Tour fordert viel zu viele Todesopfer. “ Genauso sind ihm illegale Rennen ein Greuel.

Kann man sporttouristische Orientierungsfahrten trainieren? „Das Lesen der Karten lernt man schnell“, versichert Detlef Hannes. Schließlich seien die sogenannten Chinesenzeichen und Fischgräten keine Hexerei. „Am Anfang waren die Karten wie böhmische Dörfer für mich“, gesteht der Lobberich, „doch inzwische drehe ich keine Karte mehr und kann mich ganz auf meinen Orientierungssinn verlassen.“ Die Erfahrung spiele eine große Rolle, der Beifahrer trage zusätzlich entscheidende Verantwortung. Das Auto lerne man am bes-ten beim Sicherheitstraining kennen, das vielerorts angeboten wird. „Übrigens ein schönes Weihnachtsgeschenk“, lacht Detlev Hannes, „viele junge Autofahrer sollten solch ein Sicherheitstraining absolvieren. Es ist doch wichtig zu wissen, wie das Auto in bestimmten Situationen reagiert.“ Schließlich ist Detlev Hannes, seit dem er den Führerschein besitzt, auf der Straße unfallfrei. Und das ist noch eine Meisterschaft, die nicht alle vorweisen können.


Nettetal - eine Rarität in Europa


Zahlreiche Interessierte folgten am Dienstag der Einladung des Vereins „Sablonibus“ gemeinsam mit der Stadt, dem Netteverband und der Biologischen Station in das Infozentrum Krickenbecker Seen.

Neugierig gemacht hatte vermutlich alle der Titel der Veranstaltung: „Eine Rarität in Europa - Das Nettetal und die Krickenbecker Seen“. Und Professor Dr. Josef Klostermann, Präsident des Geologischen Landesamtes NRW in Krefeld, enttäuschte die Zuhörer nicht. „Die Krickenbecker Seen sind eine Rarität in Europa, weil sie zum einen tektonische Stauseen sind und zum anderen anzeigen, dass sich in rund 50.000 Jahren ein neuer Ozean - ähnlich dem Atlantik bildet“, formulierte der Professor die Aussage des Abends.

Die heutigen Seen waren ursprünglich vertorfte Gebiete, die sich durch die Absenkung der Erdkruste gebildet hatten. Die Erdkruste befindet sich in ständiger Bewegung und ist aus geologischer Sicht nicht fest. „Die Erde funktioniert, ganz simpel ausgedrückt, wie Knäckebrot auf heißer Erbsensuppe“. Aus dem Erdkern strömt ständig flüssiges Material an die Oberfläche. Die so neu gebildete Erdkruste schiebt sich unter die vorhandene Erdplatte und bäumt so beispielsweise unterirdische Gebirge auf, wie sie im Atlantik zu finden sind. Oder es entstehen Gebirge wie die Alpen - als „Knautschzone“ zwischen Europa und Afrika.


Foto (Montage): Lobberland e.V.

Forscher haben bewiesen, dass sich der Atlantik um rund zwei Zentimeter im Jahr öffnet. Derzeit sei diese Rissbildung auch unterhalb der Krickenbecker Seen nachzuvollziehen. „Wir haben dieses Phänomen bereits vor 300 Millionen Jahren beobachten können, als sich der afrikanische und südamerikanische Kontinent voneinander trennten“, so Professor Klostermann. So alt sei auch der Riss, der sich quer durch Europa zieht.

Speziell der Niederrhein befinde sich in einer Art „Schraubstocksituation“, da durch das Absinken der Venloer Scholle (auf der die Kri-ckenbecker Seen liegen) die Erdkruste zuerst weiter auseinandergezogen wird und sich dann aufwellt. „Das Resultat sind kleinere Erdbeben, die sich in Zukunft noch verstärken können,“ so Klostermann. Einen Grund zur Besorgnis gäbe es aber nicht.

Für die kommenden 100 Jahre müsse man aber mit häufigeren Erdbeben rechnen. „Wir messen jeden Tag sogenannte Mikro-Erdbeben die die Menschen kaum spüren“, so der Präsident des Geologischen Landesamtes NRW. Die Gefahr von Erdbeben erhöhe sich im Gebiet auch durch den sogenannten Viersener Sprung - dessen deutlichste Ausprägung die Süchtelner Höhen darstellen. Da sich der Viersener Sprung wenig bewegt und die Venloer Scholle permanent dagegen drücke, könne es zu größeren Erdbeben kommen.

Neueste Messungen haben ergeben, dass sich die Erd-kruste in unserem Gebiet um drei Meter abgesenkt hat. In den vergangenen 10.000 Jahren sogar um 600 Meter. „Das hört sich zwar nicht viel an, signalisiert es doch für die Krickenbecker Seen eine enorme Bewegung“. Man befände sich in - aus tektonischer Sicht - derzeit in einer höchst aktiven Zeit, unterstrich der Professor.

Für die nächsten 20. bis 30.000 Jahre gehen die Wissenschaftler von einer Vulkanbildung rund um die Krickenbecker Seen aus. „Was folgt ist das Eindringen von Wasser von der Niederländischen Bucht her. Der westliche Niederrhein wird von einem kleinen Ozean erfüllt, der im Endstadium so groß werden kann, wie der jetzige Atlantik“.

Um künftig auf die Gefahren von Erdbeben richtig reagieren zu können, soll ein Landeserdbebendienst gegründet werden. Täglich kann man aktuelle Erdbeben in der Region auf der Internetseite des Geologischen Landesamtes unter www.gd.nrw.de abrufen.


Rokaler“ kämpfen weiter


(dv) „So kann man mit der Belegschaft nicht umspringen“, machte Guntram Schneider, Landeschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, deutlich. Und alle Rokal-Mitarbeiter und Gewerkschaftler gaben ihm durch stürmischen Beifall und lautes Pfeifen Recht.

Foto: Inge von den Bruck

Mit einem großen Zug durch Lobberichs Innenstadt bis hin zur Fußgängerzone machten die Rokal-Mitarbeiter ihrem Unmut Luft.

Auf dem langen Weg vom Betriebsgelände bis zur Innenstadt ernteten sie viel Anerkennung, einige Bürger schlossen sich spontan dem Demonstrationszug an, andere unterstützten die Rokal- Mitarbeiter durch langanhaltendes Auto-Hupen. Friedel Coenen von der IG Metall hatte zuvor die Rokal-Mitarbeiter auf dem Werksgelände begrüßt. Von dort aus zogen die Demonstranten durch Lobberichs Straßen, begleitet von zahlreichen Spruchbändern und Tafeln, auf denen deutlich das Befinden der „Rokalisten“ erkennbar war. „Rokal muss bleiben“, hieß es auf einem Schild und immer wieder „ich will arbeiten“. „Die Gier kennt keine Grenzen“, sagte Guntram Schneider, und bezog sich dabei auf die „Gewinnrekorde“, die die Unternehmen erzielen und dennoch die Arbeitsplätze „plattmachen“.

„Das ist Willkür statt Wirtschaftlichkeit“, heizte er die Menge in der Fußgängerzone an. Er kann die Vorgehensweise der Konzernleitung nicht akzeptieren. „Sie haben auch eine soziale Verantwortung den Arbeitnehmern gegenüber. Und deren Kindern“, so Schneider. Der Rokal-Standort in Nettetal sei durchaus rentabel, Betriebsführung und Geschäftsführung müssten an einen Tisch. „Wir wollen nicht billiger, sondern besser werden. Und nicht in Tschechien sondern in Nettetal arbeiten“, so Schneider und sprach damit die geplante Arbeitsplatzverlagerung in Billiglohnländer an.

Diese Demonstration sei nur der Anfang, die Generalprobe für das, was noch komme, versprach er. Auch die Politik müsse nun handeln, daher forderte Schneider eine Verlagerungs-Abgabe. Auch Rokal-Betriebsratsvorsitzender Detlev Pockrandt war sauer. „Man hat unsere Argumente bislang nicht angehört“, sagte er und sprach von einem „Diktat nach Gutsherrenart“. Der Erhalt von 30 Arbeitsplätzen sei nicht respektabel, „damit geben wir uns nicht zufrieden“, so Pockrandt. Er erinnerte an das Jahr 1993, schon damals haben Rokal-Mitarbeiter auf 15 Prozent ihrer Löhne verzichtet. Zwei Jahre später seien die Löhne zwar um 7,5 Prozent wegen der hohen Gewinne erhöht worden, dennoch hätten die Mitarbeiter weiter auf 7,5 Prozent verzichtet. „Der Konzern rechnet den Standort Lobberich einfach rot“, glaubt er und wurde von lautem Beifall begleitet. „Wir wollen keinen Sozialplan, sondern Arbeitsplätze“, forderten die Mitarbeiter. „Wir werden weiter kämpfen und uns nicht kleinkriegen lassen“, so der Tenor der Beschäftigten.

Um dem Rokal-Geschäftsführer Wolfram Göhring zu verdeutlichen, was soziale Verantwortung bedeutet, haben sich Betriebsrat und Belegschaft entschlossen, eine private Spende an die Aktion „Lichtblicke“ zukommen zu lassen. Bis Mittwoch hatte die Belegschaft 511 Euro gesammelt. Das Geld kommt hilfsbedürftigen Kinder zu Gute.


Themen in den GN diese Woche:


Weitere Zeitungsartikel: Archiv


Bestellen Sie jetzt Ihre online!

Die Grenzland-Nachrichten legen ganz besonderen Wert auf die lokale Berichterstattung.
Viele Sportinteressierte schätzen die ausführliche Berichterstattung aus den unteren Ligen und dem Jugendbereich.


Links innerhalb Lobberich.de:

Gästebuch

home

Kontakt

virtuelle Postkarten


Impressum - Datenschutzerklärung