Pfarrbriefe 1973

Nr. 1: Wir begrüßen unseren neuen Pastor

Herr Pfarrer Johannes Torka wurde von unserem Bischof als Nachfolger für Domkapitular Dechant Werth an »St. Sebastian« ernannt. Die Einführung ist am Sonntag, dem 1. April 1973, um 15.30 Uhr in Form einer Eucharistiefeier. Dazu sind alle Pfarrangehörigen herzlich eingeladen.

Pfarrer Torka gab der Redaktion unseres Pfarrbriefes folgendes Interview:

Frage: Herr Pfarrer Torka, wie kamen Sie zum Priestertum?

Pfarrer Torka: Ich bin am 7. Januar 1932 in Frankenstein/Schlesien geboren. 1946 kam ich dann mit meinen Eltern und Geschwistern ins Rheinland. Schon als Jugendlicher habe ich mich sehr stark für die Aufgaben in der Mission interessiert. Gefördert wurde diese „Missionsbegeisterung" durch meinen Onkel, der lange Jahre Missionar in Australien war. 1946 trat ich in das Hermann-Josef-Kolleg der Pallottiner in Rheinbach bei Bonn ein. 1953 machte ich am Städtischen Humanistischen Gymnasium Rheinbach das Abitur. — Ich begann auch mein Studium bei den Pallottinern. Aus gesundheitlichen Gründen konnte ich mein Ziel, Missionar zu werden, nicht weiter verfolgen. So brachte ich meine theologischen Studien in Frankfurt St. Georgen an der Theologischen Hochschule der Jesuiten zum Abschluß. Am 12. März 1960 wurde ich im Dom zu Aachen zum Priester geweiht.

Frage: Können Sie uns Schwerpunkte Ihres bisherigen priesterlichen Wirkens nennen?

Pfarrer Torka: Für kurze Zeit war ich Kaplan in Mönchengladbach-Neuwerk. Anschließend folgte eine 6-jährige Tätigkeit in Vorst. Seit 1966 bin ich Seelsorger in Hinsbeck. — Auch heute noch liegt mir das Anliegen der Weltmission besonders am Herzen. In Vorst war ich seinerzeit beteiligt an der Gründung der Aktion „Misereor". Diese Organisation ist heute von Bedeutung für die gesamte Weltmission. Sie beliefert Missionsapotheken und Leprastationen mit Medikamenten. — Auch in Hinsbeck förderte ich besonders die Arbeit der Missionsgruppe.

Frage: Als neuer Pfarrer von Lobberich erwarten Sie Aufgaben vielfältigster Art. — Können Sie uns etwas sagen über die Hoffnungen und Erwartungen, die Sie für Ihr zukünftiges Amt haben?

Pfarrer Torka: Zunächst möchte ich aufgreifen und versuchen weiterzuführen, was bisher geschaffen wurde. Ich muß da ganz herzlich Herrn Dechant Werth und den tüchtigen Kaplänen vergangener Jahre für Ihre geleistete Arbeit danken. Ich weiß natürlich, daß zuerst eine besondere Verantwortung für die Fortführung der schon begonnenen oder geplanten Bautätigkeit in der Pfarre St. Sebastian auf mich zukommt: das Kircheninnere muß neu gestaltet und der Bau des Pfarrzentrums vollendet werden. Aber ich möchte kein Bauherr sein „auf immer und ewig" — ich möchte nicht in erster Linie Häuser aus Stein bauen; wichtiger ist mir, am inneren Aufbau mitzuarbeiten. Dabei ist mir besonders die Form der Teamarbeit ein Anliegen, nicht nur die Zusammenarbeit mit den Priestern, sondern auch mit allen Laien, die bereit sind, Verantwortung zu tragen. — Meine Hauptaufgabe sehe ich aber darin, Zeugnis für die Wahrheit abzulegen. Ich möchte mit der Gemeinde um diese Wahrheit ringen, sie neu erfragen und sie dann aber auch mutig vertreten.


Erinnerungen und Gedanken anläßlich des Verzichtes von Dechant Werth auf die Pfarrstelle an St. Sebastian

Im folgenden soll der Versuch gemacht werden, in Form von 3 Zeitblenden Wichtiges über die Zeit auszusagen, in der Dechant Werth unter uns als Pastor gewirkt hat. Dabei mag der Leser zum Bedenken kommen:

Die Ausgangssituation um 1950:

Der neue Pastor Peter Werth wird am 21. 11. 1948 in sein neues Amt eingeführt. Er hatte am 27. 5. 1900 in Köln das Licht der Welt erblickt, war 1923 Priester geworden und war vor seiner Ernennung zum Pastor von Lobberich in gleicher Eigenschaft in Dovern tätig. Die Pfarre nimmt freudig Anteil, die Lobbericher sind offen und beweglich. Das gefällt dem neuen Pastor, der später einmal sagt: „Ich habe nie bereut, nach Lobberich gegangen zu sein." 1948 sind noch viele Kriegswunden offen: Der Tod hat Lücken geschlagen, manche Eltern warten noch auf ihre Söhne, manche Frauen auf ihre kriegsgefangenen oder vermißten Ehegatten. Den Flüchtlingen aus dem Osten ist das Grauen der Vertreibung in lebhafter Erinnerung.

Die Spuren des Dritten Reiches sind auch in Lobberich noch nicht alle verwischt. Ein Riß hat die Menschen getrennt. Nicht überall wird jedoch genug darüber nachgedacht, was in Lobberich geschehen konnte. Wer spricht noch von den jüdischen Mitbürgern?

Am Horizont zeichnen sich die Konturen des kommenden wirtschaftlichen und sozialen Aufschwungs ab. Werden die Lobbericher die Kraft aufbringen, den Wohlstand zu erarbeiten und gleichzeitig unruhig zu bleiben aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit?

Hoffnungsvoll stimmt die Bereitschaft der Pfarrangehörigen, durch finanzielle Opfer beim Erneuerungswerk an unserer Pfarrkirche mitzuwirken. Es entsteht ein Kirchbauverein.

Das Kolpinghaus wächst Stück um Stück aus den Ruinen, 1951 erhält der Turm der alten Kirche ein neues Schieferdach.

Um 1960:

Innerhalb von 10 Jahren hat sich die große und kleine Welt grundlegend verändert. In Lobbereich ist im Zeichen des „Wirtschaftswunders" manches Wohnhaus neu erstanden. So ist nördlich der Graf-Mirbach-Straße zwischen Wevelinghover- Straße und dem Sassenfelder Kirchweg, zum großen Teil auf kirchlichem Grund und Boden, ein großes Wohngebiet zusammengewachsen.

Die Schäden in der Pfarrkirche sind beseitigt. Aufgrund der Mittel, die durch die Gläubigen beigesteuert werden, und durch die Unterstützung der bischöflichen Behörde wird vieles möglich:

Eine neue Heizungsanlage wird eingebaut, Beleuchtungs- und Lautsprecheranlage kommen hinzu. 1954 werden Buntglasfenster eingesetzt. In demselben Jahr wird das Kolpinghaus mit angegliedertem Jugendheim seiner Bestimmung übergeben. Die alte Kirche erhält ein neues Dach. 1956 öffnet der Kindergarten an der Wevelinghover Straße seine Türen für katholische und evangelische Kinder, und ein Jahr später läuten vom Nordturm unserer Kirche wieder alle 4 Glocken.

Wie steht es um die Menschen?

1958 stirbt Plus XII., ihm folgt Johannes XXIII. Man ist geneigt, mit dem Übergang vom einen zum anderen Papst einen tiefgreifenden Wandel in der Kirche zu verbinden. Im Juni 1957 versammeln sich Hunderte von Gläubigen in der Kirche, um an der Weihe unserer Pfarre an das unbefleckte Herz Mariens teilzunehmen. Noch in demselben Monat warnt im Rahmen der Jubiläumsversammlung der KAB ein Redner vor „der großen Völkerwanderung zum Materialismus". Im November des Jahres sagt Pfarrer Bucholz im Kolpinghaus: „Vieles Unheimliche lebt, und nichts ist unheimlicher als der Mensch."

In dieser Zeit formuliert Dechant Werth das Pfarrgebet. "...laß uns dem Glauben unserer Vorfahren treu sein! Du bist der Gott der Liebe und des Friedens, laß uns untereinander Frieden bewahren, eingedenk des Wortes der hl. Schrift: „Wie gut und schön ist es, wenn Brüder einmütig beieinander wohnen."

Um 1970:

Vor 5 Jahren, am 5. 12. 1965, endete das Konzil; seit 1963 ist Paul VI. auf dem Stuhl Petri.

Vieles hat sich geändert: In unserer Kirche steht ein einfacher Altartisch auf der Empore, an der die Priester alle Messen, dem Volke zugekehrt, zelebrieren. Sie sind in die Gemeinde hineingenommen. Die Meßtexte sind im neuen Gebetbuch, Oremus 1971, nicht mehr nach Proprien gesondert zusammengestellt. Liedanrufe und Psalmen machen den wesentlichen Teil des neuen Gebetbuches aus. Andachtsübungen fehlen. Die meisten Gläubigen bevorzugen die Handkommuion gegenüber der früheren Form.

In der neuen Fastenordnung gibt es nur noch wenige vorgeschriebene Fast- und Abstinenztage. Es wird zu persönlichen Opfern aufgerufen; Geldspenden für die großen Anliegen in aller Welt sollen Ausdruck der Opfergesinnung sein. In den Jahren 1968/69 werden für solche Zwecke mehr als 150 000 DM gespendet. Im Dezember 1970 findet der erste Bußgottesdienst in unserer Pfarre statt.

Die Fronleichnamsprozession wird 1970 zum erstenmal in neuer Form durchgeführt: Die Gläubigen gehen in geordnetem Zug zum Ingenhovenpark, dort findet eine Eucharistiefeier statt. Dann wird das Sakrament in Prozession zur Kirche zurückgeleitet.

An die Stelle der Bittprozessionen treten Gottesdienste.

Seit 1969 finden in der alten Kirche Jugendgottesdienste statt, die zeitnahe Themen in den Mittelpunkt rücken und die Gemeinde durch Gesänge in modernen Rhythmen beteiligen.

Seit 1968 gibt es einen Pfarrgemeinderat, der „der Erfüllung der Heilssendung der Kirche" dient. 1970 und 1971 werden Pfarrversammlungen abgehalten.

Im Angesichte der so zahlreichen Veränderungen und der beachtlichen Zahl von Meinungen und Standpunkten sind nicht wenige um die Zukunft der Kirche besorgt, andere sehen das Schiff Christi auf dem Weg zu neuen Ufern. Dechant Werth spricht am 15. 12. 1968 vor der KAB zum Thema „Wandelbares und Unwandelbares in der Kirche". Die folgenden Ausführungen werden aus einer Tageszeitung wörtlich übernommen: „Angesichts gewisser Akzentverschiebungen und auch Strukturveränderungen im kirchlichen Leben scheinen manche Christen die Orientierung zu verlieren, meinte der Referent. Es müsse unterschieden werden, was Inhalt der christlichen Botschaft sei, und dem, was zeitbedingt und damit wandelbar ist. Dechant Werth zitierte Papst Gregor den Großen" Christus sagt nicht: Ich bin die Gewohnheit, sondern: Ich bin die Wahrheit! Die stetige Reformbedürftigkeit der Kirche habe den Grund in ihrer Geschichtlichkeit und ihrer Bindung an die Sündhaftigkeit ihrer Glieder.

Das Innere, das göttliche Leben der Kirche, sei als unveränderlicher Wesenskern immer da und wirksam, wie unvollkommen die Formen der Verleiblichung auch sein mögen."

Der Dechant hilft auch um 1970 mit, daß nötige Baumaßnahmen und Ausbesserungen durchgeführt werden:

Von 1964 bis 1969 dauern die Außenarbeiten an der Pfarrkirche (Ausbesserung des Mauerwerks, Reparaturen am Dach der Schiffe und weitgehende Erneuerung der Helme, neue Beschieferung).

Dezember 1970: Das letzte Rundfenster wird im Seitenschiff eingesetzt.

1970: Eine neue „Aktion Kirche" wird ins Leben gerufen. Im Laufe der Jahre sind dringende Innenarbeiten nötig geworden.

Daten aus dem priesterlichen Leben unseres Dechanten (Lobbericher Zeit):

  • 1953 Dechant des Dekanates Lobberich
  • 1959 Geistlicher Rat
  • 1963 40jähriges Priesterjubiläum; Geschenk der Pfarre sind 100 000 DM für eine neue Orgel; diese wird 1967 fertiggestellt_
  • 1968 Ernennung zum nichtresidierenden Domkapitular.
  • 1. 2. 1973 Verzichtserklärung: Der Dechant wird Subsidiar an unserer Pfarre. Herr Dechant Werth hat aus tiefer Gottes- und Menschenliebe den ihm Anvertrauten selbstlos gedient. „Nichts verlangen, nichts verweigern" (Franz von Sales)

Wir danken Ihnen, Herr Dechant, und hoffen, daß Sie noch lange bei uns bleiben.

Für die Pfarrangehörigen

Max Zanders


Nr. 1: Aus der Geschichte unserer Pfarre

Die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen über die Pfarre führen in die Zeit zwischen 986-988. Der Erzbischof von Köln, Everger, tritt u. a. die Kirche von Lobberich an den Bischof von Lüttich ab. Über 500 Jahre, bis 1561, bleibt die Pfarre beim Bistum Lüttich. Von 1561-1801 gehörte Lobberich zum Bistum Roermond, 1802 wurde es dem Bistum Aachen eingegliedert. Dieses wurde 1821 aufgehoben. Lobberich wurde zum Bistum Münster geschlagen. Als 1930 das Bistum Aachen neu erstand, wurde die Pfarre Lobberich Teil dieses Kirchengebietes und gleichzeitig Dekanatsort. (Aus „Die Sebastianus-Pfarre zu Lobberich und ihr Archiv", Klaus Dors, 1. Heimatbuch des Kreises Kempen-Krefeld 1973, S. 214 ff.)

Das Patronat über die Pfarre Lobberich ging 1221 mit einem Teil der damit verbundenen Rechte an die Praemonstratenser-Abtei Knechtsteden. Es ist davon auszugehen, daß danach alle Pfarrer von Lobberich bis zum Jahre 1841 von diesem Kloster bestellt wurden (vgl. Joh. Finken), Geschichte der ehemaligen Herrlichkeit Lobberich, Lobberich, 1902, S. 148 ff).

Der erste Pfarrer, den wir mit Namen kennen, war Johann van Oussom, der in einer Urkunde des Jahres 1483 genannt wird (Pfarrarchiv, Reg. 17).

Pastor. Peter Heinrich Krins, geb. 22. 2. 1803, war der erste Weltgeistliche, der unserer Pfarre vorstand. Er wurde am 31. 3. 1842 zum Pfarrer von Lobberich ernannt und am 11. 5. 1842 in sein Amt eingeführt (von ihm und seinen Amtsnachfolgern hängen Ölporträts im Pfarrhaus). 1854 wurde er Dechant des Dekanates Kempen, 1867 Ehrendomherr an der Kathedrale in Münster. Als er 1867 starb, bestattete man ihn am Fuße eines großen Steinkreuzes auf dem neuen Friedhof. Auf seinem Grab liegt heute ein schlichter Granitstein. (Seine Vorgänger wurden auf dem alten Friedhof bei der alten Kirche beerdigt) Sein Nachfolger war Pastor Ludwig Hegger, der am 24. 10. 1825 in St. Tönis geboren worden war. Er erhielt seine Ernennung zum Pfarrer von Lobberich am 4. 10. 1867 und wurde am 24. 10. des Jahres eingeführt. In seine Zeit fiel die bemerkenswerte Bevölkerungsentwicklung Lobberichs im Zusammenhang mit der industriellen Entwicklung am Orte. Von 1867 bis 1901 stieg die Zahl der Katholiken von 3787 Seelen auf 7541, die Zahl der Erstkommunikanten von 64 im Jahre 1867 auf 180 im Jahre 1901 (im Jahr 1900 waren es gar 195).

In direktem Zusammenhang zum Bevölkerungswachstum stand der Bau der neuen Pfarrkirche. Im Jahre 1818 war die alte Kirche erweitert worden, 1875 wurde der Bauverein zum hl. Sebastian gegründet, dem „wohl fast die ganze katholische Pfarrgemeinde" (Finken a. a. 0.) angehörte. 1892 wurde der Grundstein zur neuen Kirche gelegt Am 15. 10. 1893 weihte der Bischof von Münster, Dr. Hermann Dingelstadt, die Kirche ein. Der Amtsvorgänger des Pastors Hegger hatte das um 1740 erbaute neue Pfarrhaus im Jahre 1863 umbauen lassen, Pfarrer Hegger ließ 1874 die dem Krankenhaus gegenüber gelegene Scheune des Pfarrhofes abreißen und in demselben Jahr den Anbau der Pastorat errichten.

Zum goldenen Priesterjubiläum schenkten unsere Vorfahren ihrem Pastor die Marmorkanzel, die noch heute durch eine Gedenktafel an den großen Tag und an die Opferbereitschaft um 1900 erinnert.

Im Jahre 1907 starb der hochverdiente Jubilarpriester. Auch er fand seine Ruhestätte im Priestergrab auf unserem Friedhof.

Viele ältere Mitbürger werden sich seiner und seines Nachfolgers, des Pfarrers Boers, noch gut erinnern. Er wurde am 8. 7. 1865 in Bislich geboren. Er stammte aus einer angesehenen Bauernfamilie, aus der neben dem Priester ein Sohn in hohem Offiziersrang hervorging. Es nimmt daher nicht wunder, daß seine Pfarrkinder einem Manne begegneten, in dessen Leben Ordnung und Selbstbeherrschung eine große Rolle spielten. Diese Grundhaltung prägte auch die Predigten des begabten Kanzelredners. Im fortgeschrittenen Lebensalter erfreute der Greis durch wohltuende Leutseligkeit.

Pfarrer Boers veranlaßte die Ausmalung der Kirche, die sich bis in den Ersten Weltkrieg hinein erstreckte. Die älteren Lobbericher erinnern sich noch an die farbenprächtigen im Stil des Realismus gemalten Szenen der Bergpredigt und Kreuzigung in den Seitenschiffen.

Im Jahre 1923 läuteten zum ersten Mal Lobberichs neue Glocken, die auf die Töne b, d, e, g gestimmt waren und die Namen der Heiligsten Dreifaltigkeit, Mariens, Josephs und Sebaananus' trugen. Die Marien- und Josephsglocke rufen noch heute die Gläubigen zum Gottesdienst.

Auf der Empore an der Ostseite der Kirche baute die Orgelfirma Klaes aus Bonn eine mächtige Orgel auf.

Im Jahre 1922 wurde Pfarrer Boers zum Dechanten ernannt, 1933 berief ihn der Bischof von Aachen als nicht residierenden Domkapitular in das Domkapitel von Aachen. Im Jahre 1940 ließ sich der 75jährige von seinen Aufgaben als Dechant entbinden und verzichtete dann am 31. 3. 1941 auf seine Pfarrerstelle.

Sein Nachfolger wurde im Jahre 1943 Pastor Matthias Schmelzer, der am 1. 11. 1886 in Eschweiler bei Aachen geboren wurde. Er war ein aufrechter Mann, bei dem die Lobbericher während des Dritten Reiches wußten „wo sie dran waren". In Wort und Tat war er von prägnanter Kürze. Eine Predigt zu Karneval in den ersten Nachkriegsjahren bestand aus den Worten: „Freuet euch, wiederum sage ich freuet euch, aber freuet euch im Herrn!" Dieser etwas herbe Mann fand im letzten Kriegsjahr einen Mitarbeiter in dem jungen Kaplan Engelbert Gerhards, der eine außerordentliche Ausstrahlung auf jung und alt in unserer Gemeinde ausübte und als 31 jähriger durch den Tod abberufen wurde. Pastor Schmelzer war es nicht vergönnt, im tiefen Frieden auf der Basis materiellen Wohlstandes große Bauwerke zu errichten. Er mußte „flicken" so gut es ging. Als die Amerikaner am 1. 3. 1945 in Lobberich einzogen, konnte man aus dem Längsschiff der Kirche „in den Himmel schauen". Er ließ Gewölbe einziehen, Glasscheiben einsetzen. Wenige Wochen nach dem äußeren Zeichen für den Wiederaufbau in unserer Gesellschaft, der Währungsumstellung vom Juni 1948, starb Pastor Schmelzer an einem Herzleiden. Es war am 10. 9. 1948

M. Zanders

Nr. 1: Abschied von Pfarrer Koch

Berufsschulpfarrer Arthur Koch wurde am 1. Februar an die kaufmännische Schule II der Stadt Aachen versetzt. Am 4. März 1960 kam er als Kaplan nach Lobberich und übernahm den Religionsunterricht an der Kreisberufsschule. Als er 1969 zum Berufsschulpfarrer und Studienrat ernannt wurde, blieb er als Subsidiar im Dienste der Pfarrer St. Sebastian tätig.

Sein Verständnis für die Nöte der Jugend, die heute der doppelten Unruhe des Reifungsprozesses und des Zeitumbruchs ausgesetzt ist, hat ihm das Vertrauen vieler junger Menschen erworben. Seine Mitbrüder sind ihm besonders dankbar für die immer wieder bewiesene Hilfsbereitschaft. Sie wünschen ihm Spannkraft und Arbeitsfreude im neuen Wirkungskreis und Gottes Segen für die Aufgaben, die in der Bischofsstadt auf ihn warten!

Dechant P. Werth

Nr. 1: Der Kirchenchor vor großen Aufgaben 1973

Am 12. Januar eröffnete unser Vorsitzender, Herr Touppen, mit einer Begrüßung die diesjährige Jahreshauptversammlung. 38 Mitglieder waren anwesend. Der besondere Dank des Vorsitzenden galt dem scheidenden Präses, Herrn Dechant Werth, der 25 Jahre dem Chor mit Rat und Tat zur Seite stand. Nach der Verlesung des Jahresberichtes gab unser Chorleiter, Herr Spratte, das Programm für die nächsten Wochen bekannt: Zur feierlichen Einführung des Herrn Pfarrers Torka und Verabschiedung des Herrn Dechanten Werth: „Missa in Honorem Sanctissimi Cordis Jesu" von J. Van Nuffel. Dem Wunsche Pfarrer Torkas entsprechend werden die Kirchenchöre von Hinsbeck und Lobberich diese Messe gemeinsam vortragen.

Gründonnerstag:

  • Einzug: Wir rühmen uns im Kreuze, Psalm
  • Gloria: Jauchzet dem Herrn (Thiel)
  • Sanctus: Heilig, heilig (Schubert)
  • Kommunion: Ich bin's, ich sollte büßen (Bach)
  • Auszug: In jener letzten der Nächte (Bruckner)

Karfreitag:

  • O Haupt voll Blut und Wunden (Bach)
  • Popule meus (Palästrina)
  • Kommunion: Ich bin's, ich sollte büßen (Bach)

In der Osternacht:

  • Gloria: Du bist's, dem Ruhm und Ehre gebühret (Händel)
  • Alleluja (Händel)

Ostersonntag:

  • Choral vom 1. Feiertag
  • „Missa in Honorem Sanctissimi Cordis Jesu" von J. Van Nuffel

Ostermontag:

  • Einzug: Erschalle laut (Chor und Volk)
  • Gloria: Aus der Deutschen Messe von Müller
  • Sanctus: Du bist's, dem Ruhm und Ehre gebühret (Händel)
  • Vater unser (mehrstimmig von Blarr)

Weißer Sonntag:

  • Zum Altare Gottes (Freistett)
  • Jauchzet dem Herrn (Thiel)
  • Ave verum (Mozart)

Für weitere zwei Jahre wurden in der Generalversammlung wiedergewählt: Heinz Touppen (1. Vorsitzender), Heinz Jakobs (Kassierer), Frau H. Gerads (Vertreterin der weiblichen Chormitglieder), Karl Klingen und Manfred Thoenissen (Notenwarte).

Es kamen neu in den Vorstand: Frau G. Engelhardt (Schriftführerin) und Frau A. Zanders. Ihr obliegt gemeinsam mit Herrn Jakobs die Vertretung des 1. Vorsitzenden. Johannes Zanders und Harald Fierley werden die Kassenführung überprüfen.

Aus dem vorangestellten, reichhaltigen Programm kann man die Anforderungen, die unserem Chor gestellt sind, ablesen. Weitere große Aufgaben stehen dem Chor in diesem Jahre bevor.

Wer bei der musikalischen Gestaltung des Gottesdienstes mitarbeiten möchte, wird herzlich gebeten, dem Chor beizutreten.

Die Proben sind freitags von 20.15 bis 22.00 Uhr im kleinen Saal des Kolpinghauses.

G. Engelhardt

Nr 2:

»Überzeugen wird die Wahrheit, wo sie gelebt wird.«

Am 12. August1973 feiert der langjährige Seelsorger der Pfarrgemeinde St Sebastian, Herr Domkapitular und Ehrendechant PETER WERTH, sein 50 jähriges Priesterjubiläum und sein 25jähriges Ortsjubiläum. Wir gratulieren und danken Ihm, vor allem für das Zeugnis des Glaubens, das er uns in all den Jahren gegeben hat Mögen Ihm noch viele Jahre in Gesundheit in unserer Gemeinde geschenkt sein.

Die Feier des goldenen Priesterjubiläums von Domkapitular und Ehrendechant Peter Werth

In vergangenen Jahrhunderten schien es so, daß die Priester in der Kirche die Gebenden, die Gläubigen die Empfangenden sind. Die Sendung der Kirche in unserer Zeit fordert Priester und Laien zur missionarischen Kraftentfaltung. In der missionarischen Aktivität der Laien wird Christus auch die moderne Welt erreichen. Aber nur in der Stärkung durch ihre Priester werden sie ihre Sendung erfüllen können. Nur wenn das Wort Gottes, das in der Kirche vom Priester verkündet wird, von Laien in Leben übersetzt wird, kommt es bei den modernen Menschen an. Die kommende Feier des goldenen Priesterjubiläums von Domkapitular und Ehrendechant Werth, mag dazu dienen, daß wir uns alle, Priester und Laien, wieder neu auf unsere Aufgabe und Rolle besinnen. Deshalb laden wir alle ein, sich an der geplanten religiösen Woche zu beteiligen. Die zahlreiche Teilnahme und die religiöse Erneuerung mag ein Zeichen des Dankes an den Seelsorger der letzten 25 Jahre sein. Wir beginnen diese religiöse Woche am 4./5. August mit der Kevelaer wallfahrt. Fuß- und Buspilger treffen sich nicht nur zum Kreuzweg, sondern wir wollen als Gemeinde in der Kirche der Clemensschwestern auch die Sonntagvorabendmesse feiern. Montag und Dienstag den 6. und 7., gestaltet Kp!. Wessel abends um 20.00 Uhr eine Bildmeditation zum Thema Berufung zum Dienst für Gott

Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag wird in einem Wortgottesdienst jeweils ein Synodale zu uns sprechen zum Thema: Kirche, das sind wir.

Am Sonntag, dem 12. August feiern wir um 10.00 Uhr ein Festhochamt, bei dem eine Orchestermesse von Mozart gesungen wird. Anschließend findet im Kolpinghaus ein Empfang statt. Wir hoffen, daß wir an diesem Festtag recht viele Geistliche, die aus Lobberich stammen oder hier gearbeitet haben, begrüßen können

J. Torka, Pfarrer


Nr 2: 500 Jahre St. Sebastianus-Bruderschaft

Im Jahre 1640 legt der Pfarrer Mathias Pricken, ein geborener Lobbericher, ein neues Kirchbuch an und gibt auf den ersten Seiten eine Übersicht über alte bestehende Stiftungen. Er erwähnt da eine Obligation, die noch in einer Kirchenrechnung zu finden sei, von einem Erbmalter Roggen, gestiftet von Michael Hegges und seiner Hausfrau Gritgen für die Bruderschaft St. Antoni-Sebastiani, dies im Jahre 1477. Als Unterpfand hat der Stifter dafür 3 Morgen Land im Bocholter Feld gegeben. Dies war bis 1968 die erste urkundliche Erwähnung unserer Bruderschaft. So wurde, da genaue Unterlagen fehlten, das Gründungsjahr auf 1477 fortgeschrieben, obwohl anzunehmen war, daß die Bruderschaft zu dieser Zeit bereits einen festen und gesicherten Bestand haben mußte, sonst hätte man sie nicht zum Erb- und Lehensträger einer so ansehnlichen Stiftung gemacht.

Im Frühjahr 1968 machte der damalige Student Klaus Dors auf dem Speicher des Pfarrhauses in einer kleinen Blechkiste einen auch für uns bedeutsamen Fund. Neben anderen Urkunden entdeckte er eine Stiftungsurkunde, gut erhalten, mit vollständigen Siegeln.

Es siegelten Johann von Besell, Katherina von Bocholtz und Heinrich von Krieckenbeck als Lehnsherr. Und darum geht es:

Am 25. Juli 1471 stifteten die Eheleute Johann von Besell und Katharina von Bocholtz die Vicarie für den Antonius- Fabianus- und Sebastianus-Altar in der Pfarrkirche Lobberich. Die Verwaltung der Stiftung, in die die Stifter das Lehnsgut „op der Dellen" (Dellenhof, Hinsbeck) mit 7 Morgen Land und einige andere Güter einbringen, wird den Brudermeistern anvertraut. Der Name der Bruderschaft wird nicht ausdrücklich erwähnt, er ist gleichlautend mit dem Namen des Altares. Daraus kann auf die Gründung der Bruderschaft als Stiftungsverwalterin durch Johann von Besell geschlossen werden. In allen Urkunden der nächsten 100 Jahre wird die Bruderschaft mit St. Antonius-Fabianus und Sebastinus-Bruderschaft angegeben. Ab 1530 heißt sie St. Sebastiani- und Antoni-Bruderschaft und ab 1699 erscheint nur noch der Name St. Sebastianus-Bruderschaft. Damit liegt für die Bruderschaft das Gründungsjahr 1471 fest. In einem großen Königsaufzug soll in den Tagen des 7. bis 10. September dieses Jahres das 500jährige Jubelfest gefeiert werden. Zu einem solchen Hochfest ist es angebracht, unseren Standort zu bedenken, aus der Tradition heraus das Heute zu bestimmen und das Wohin festzulegen. Dieses würde aber sicherlich über den Rahmen dieses Beitrages hinausgehen. Ich darf deshalb auf das Festbuch verweisen, daß aus Anlaß des Jubiläums erscheinen wird Hier nur. soviel:

Neben der Verwaltung großer Vermögen mit den vielfältigen Verpflichtungen durch die Stifter, u. a. den Armen Tuch und Schuhe zu geben, einen Vikar für den Antonius-Altar anzustellen oder auch zum Unterhalt des Schullehrers beizutragen, fanden sich unsere Vorfahren in der Bruderschaft auch zusammen, um Glaube, Sitte und Heimat mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Wir sind heute aufgerufen, für die gleichen Ideale einzustehen als christliche Männer in geistiger Wehrhaftigkeit auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Lebens. So wird der Bogen gespannt aus der Vergangenheit in die Zukunft von religiösem Ernst zur gesunden Lebensfreude.

Wenn wir in den Tagen des September durch die Stadt marschieren, tun wir es in Freude, um Zeugnis abzulegen für unsere Idee und unser Ziel. Es ist keine Demonstration anonymer Masse. Grüßend neigen wir uns vor unserem König. Nicht, weil er Macht hat, sondern weil wir vor aller Öffentlichkeit damit sagen wollen, jeder Mensch ist ein königliches Geschöpf Gottes, eine unersetzbare Person. Im Spiel haben wir ihn erwählt und stellen ihn nun heraus als Bruder König. Stellvertretend für uns alle steht er dort in dankbarer Ehrfurcht vor dem Schöpfer, sich der Größe bewußt, die uns Gott gegeben hat.

K. Reulen

Nr 2: Ausstellung von Statuen, Andachtsgegenständen und Urkunden aus dem Besitz unserer Pfarre

In Verbindung mit dem Schützenfest veranstaltet der Pfarrgemeinderat am Samstag, dem 8. September und am Sonntag, dem 9. September 1973 eine Ausstellung von Statuen, wertvollen Andachtsgegenständen und bedeutenden Urkunden aus dem Besitz unserer Pfarrer in der Alten Kirche. Die Ausstellung wird am Samstag um 11 Uhr feierlich eröffnet. Kaplan Dors wird dabei in einem kurzen Referat eine Einführung geben.

Wertvollstes Ausstellungsstück wird das romanische Kreuz aus dem 12. Jahrhundert sein. Weiter werden wohl besondere Beachtung finden die Verleihungsurkunde des Marktrechts Lobberich aus dem Jahre 1505 und die Gründungsurkunde der St. Sebastianuschützenbruderschaft aus dem Jahre 1471. Unter den Statuen werden die älteren Lobbericher die Darstellungen von St. Nikolaus, St. Sebastian, St. Petrus und St, Antonius wiedererkennen. Photografien der wichtigsten Ausstellungsstücke werden zum Kauf angeboten.

Ebenfalls soll anläßlich dieser Austellung ein Modell für die Neugestaltung des Inneren unserer Pfarrkirche gezeigt werden.

Alle sind herzlich eingeladen!


Nr 2: Zur Neugestaltung des Kircheninneren

Damit das von unserer Pfarrgemeinde ersparte Geld für die „Aktion Kirche" durch Währungsverfall nicht verloren geht, hat der Kirchenvorstand beschlossen, die Neugestaltung des Kircheninneren möglichst bald vorzunehmen. Mit einer ersten Vorplanung wurde der Künstler Paul Brandenburg aus Berlin beauftragt. Herr Brandenburg gilt als anerkannter Experte für derartige Aufgaben. Er hat inzwischen bei drei Besuchen in Lobberich die Architektur und das Konzept unserer Kirche gründlich studiert und sich dem Kirchenvorstand vorgestellt. Dieser wird bestätigen, daß dieser Mann in großer Verantwortlichkeit an die ihm gestellte Aufgabe herangeht. Wir wollen ja keinen Kahlschlag, sondern alles soll an den rechten Platz gerückt werden. Der Altar und der Ambo (= das Lesepult) sollen näher an die Gemeinde heranrücken, und die Kirche soll vor allem heller und sauber werden

Herr Brandenburg sagte nach seinen ersten Eindrücken von unserer Kirche: „Die Bausubstanz ist gut. Was Ihre Kirche braucht, ist an erster Stelle "Auflichtung und Ruhe". In logischer Einheit sollen bei dieser Neuordnung das vorhandene wertvolle Alte mit notwendigem Neuem einander zugeordnet werden, so daß alles im Raum zusammenklingt.

Im August wird der Künstler uns seine Planung vorlegen, Diese muß dann die Zustimmung der Gemeinde und auch der Diözese erhalten, Jedoch bei allem Optimismus können wir nicht damit rechnen, daß die Arbeiten vor Ostern 1974 begonnen werden können. Wir hoffen, daß es nach dem nächsten Weißen Sonntag so weit sein wird. Weiter hoffen wir, daß mit der Konkretisierung der Pläne das Interesse und die Spendenfreudigkeit der Lobbericher gestärkt bzw. neu belebt werden,


Nr 2: Protest gegen die »Fristenlösung«

In seiner Sitzung am 8. Mai 1973 hatte der Pfarrgemeinderat beschlossen, die Pfarre zu einer Protestaktion gegen die im Zusammenhang mit der geplanten Reform des § 218 vorgeschlagene Fristenlösung und gegen eine weitgefaßte Indikationslösung aufzurufen. Am Sonntag, dem 13. Mai hatten die Pfarrangehörigen nach den Messen Gelegenheit, ihre Unterschrift unter eine Protest-Resolution zu setzen. Außerdem warben Mitglieder des Pfarrgemeinderates am Samstag, dem 19. Mai, öffentlich auf der Hochstraße um zusätzliche Unterschriften.

Die Resolution hatte folgenden Wortlaut:

„Die geplante Änderung des Paragraphen 218 des Strafgesetzbuches hat zu Bedenken und Protesten der überwiegenden Zahl der deutschen Ärzte und weiter Bevölkerungskreise geführt. Wir schließen uns diesen Bedenken und Protesten an.

Unserer Meinung nach ist es die Pflicht des Staates, jede gewollte Tötung menschlichen Lebens, auch des ungeborenen, mit allen geeigneten Mitteln zu verhindern. Bei der Abtreibung handelt es sich um die Tötung eigenen menschlichen Lebens.

Die Änderung des Paragraphen 218 in der geplanten Form läßt künftig den Schwangerschaftsabbruch ohne Angabe von Gründen zu. Eine solche Regelung halten wir für unverantwortlich. Wir warnen vor der sogenannten Fristenlösung und einer weit gefaßten Indikationslösung auch deshalb, weil sie das Bewußtsein von der Unantastbarkeit letzter Grundsätze in unserem Volk zu vernichten droht.

Wir sind der Meinung, daß den Fällen echter menschlicher Not eher begegnet werden kann durch eine familiengerechte Gesetzgebung, durch ein verbessertes Adoptionsrecht, durch den Abbau der Vorurteile gegen das uneheliche Kind und gegen die ledige Mutter in der Gesellschaft und auch in der Kirche, durch Hilfsmaßnahmen von staatlicher und kirchlicher Seite, z. B. die finanzielle Unterstützung sozial schwacher Familien, verstärkte Aufklärung über Wege zu einer verantwortlichen Familienplanung und nicht zuletzt durch die Sicherung des Ausbildungsplatzes für ledige Mütter.

Nettetal, den 13. Mai 1973

Der Pfarrgemeinderat von St. Sebastian und alle Unterzeichneten"

Insgesamt schlossen sich dieser Unterschriftenaktion 4693 Personen an. Dabei wurden in Lobberich 1559 Unterschriften gesammelt. 2132 Bürger aus anderen Ortsteilen Nettetals haben unterzeichnet, und 1002 Unterschriften stammten von auswärts.

Die Resolution wurde den einzelnen Bundestagsfraktionen über die Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises. bzw. der FDP-Fraktion direkt zugesandt. Wenn man bedenkt, daß leider viele Bürger nur mit Widerwillen öffentlich ihre Meinung bekunden und außerdem die Aktion kurzfristig und ohne vorausgehende intensive Planung durchgeführt wurde, so kann man wohl feststellen, daß auch heute noch in Nettetal eine große Zahl von Männern und Frauen bereit ist, sich nachhaltig für die Verteidigung christlicher Grundwerte einzusetzen.

K. Hörnschemeyer


Nr 3: Pfarrausstellung in der alten Kirche

Ursprünglich wollte der Pfarrgemeinderat mit der Pfarrversammlung im März eine kleine Ausstellung wertvoller Kunstgegenstände aus dem Besitz unserer Pfarre verbinden. Auf Wunsch der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft wurde sie in Verbindung gebracht mit dem 500jährigen Jubiläum dieser Gemeinschaft. Gleichzeitig hatten auch so die französischen Gäste aus Caudebec Gelegenheit, sich einen Einblick in die Geschichte unserer Pfarre zu verschaffen.

Am Samstag, dem 8. September, wurde die Ausstellung um 11.00 Uhr vom Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates eröffnet. Musikalisch wurde diese Eröffnungsfeierlichkeit umrahmt durch Darbietungen der Jugendlichen Andrea Frösch, Martina Zanders und Michael Zanders. Kaplans Klaus Dors gab in einer kurzen Ansprache eine Einführung. Als Theologiestudent war er es ja gewesen, der sich maßgeblich für die Herrichtung der alten Kirche für Jugendgottesdienste eingesetzt hatte. Er hatte auch im alten Pfarrhaus wertvolle alte Urkunden entdeckt und gesichtet. Auf der Ausstellung wurden u. a. die Gründungsurkunde der St.-Sebastianus-Bruderschaft und die Urkunde über die Marktrechtsverleihung an Lobberich durch Herzog Karl Egmont gezeigt. In einer anderen Tischvitrine zeigte man wertvolles altes Königssilber und ein handgeschriebenes und ein kunstvoll gestaltetes Gesangbuch des Lehrers Wolters, der im 18. Jahrundert in Lobberich tätig war.

Wertvolle Monstranzen und Kelche konnte man in Standvitrinen bewundern. An einem Kelchetui war noch das Siegel des preußischen Staates zu sehen, der während des „Kulturkampfes" die Lobbericher „Kirchenschätze" gepfändet hatte. Als wertvollsten Ausstellungsgegenstand betrachteten die Besucher unser romanisches Kreuz aus dem 12. Jahrhundert, das ja schon auf bedeutenden überregionalen Ausstellungen Beachtung fand.

Mit recht viel Mühe waren von Jugendlichen des Werner-Jaeger-Gymdasiums alte Figuren aus der neuen Pfarrkirche herangeschleppt worden. Zu sehen waren Statuen der Heiligen Kornelius, Lucia, Antonius, dazu verschiedene wertvolle Marienfiguren. Auf dem ehemaligen Sakramentsaltar stand die mit Hilfe von Spenden unserer Schützen restaurierte Sebastianusstatue. Vielen Besuchern bekannt war die Nikolausfigur, die früher am Eingang des Kirchplatzes an der neuen Kirche stand. Es wäre wünschenswert, wenn neben der Sebastianusfigur auch die anderen wertvollen Statuen restauriert werden könnten und einen würdigen Platz in der neuen Pfarrkirche finden würden.

Im Laufe des Sonntags fanden immer mehr Lobbericher den Weg zur alten Kirche. Wegen des starken Andrangs mußte der Ausstellungsschluß am Abend sogar hinausgeschoben werden! Besonders die älteren Pfarrangehörigen schienen dankbar gewesen zu sein für diese Initiative des Pfarrgemeinderates.

Es sei ein Dank gerichtet an die Herren Lanser von der Stadtverwaltung und Dr. Peters von der Kreisverwaltung, die bei der Vorbereitung mitgeholen haben. Ein ganz besonderer Dank gilt aber jenen tapferen Pfadfindern, die zwei Nächte in der Kirche Wache gehalten haben und sich nicht einmal von dem unheimlichen Schnarchen der Turmeulen erschüttern ließen.

Im Jahre 1945 hatte Herr Günter Nonninger an der alten Kirche ein steinernes Kultgefäß gefunden. Es konnte bisher zwar noch nicht datiert werden, es war aber wohl das älteste Ausstellungsstück, und es mag ein Zeugnis aus jener Zeit sein, in der unsere Pfarre gegründet wurde. In 13 Jahren (1986) können wir nämlich die Tausendjahrfeier unserer Pfarre begehen! — Vielleicht könnte dann aus diesem Anlaß eine ähnliche Ausstellung wiederholt werden.

K. Hörnschemeyer