Ein Strandfest zur Einweihung
des „Adolf-Hitler-Parks"

Vor 80 Jahren durch ein
Arbeitsbeschaffungsprogramm am Nettebruch angelegt

Nettetaler Spätlese. Zeitung für ältere Menschen Nr. 57(2014)


Bilder von der Eröffnung des Adolf-Hitler-Parks hat Lobberichs Zeitung „Rhein und Maas" damals nicht veröffentlicht, vermutlich aus technischen Gründen. Dieses Foto ist einer bis in die 1940er Jahre verkauften Postkarte entnommen, auf der mehrere Abbildungen abgedruckt waren. Foto: Archiv Lobberland

Ein „unschöner Platz, der sich in gar keiner Weise dem schönen Seenlandschaftsbilde anpaßte", wie die Zeitung „Rhein und Maas" am 2. August 1934 schrieb, war in einen Park umgestaltet worden. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme machte es möglich und bescherte der neuen Reichsregierung und den sie stützenden Nationalsozialisten Anerkennung auch auf lokaler Ebene. Mehr als selbstverständlich war es deshalb, dieses Gelände am Nettebruch zwischen oberer Breyeller und Flothender Straße „Adolf-Hitler-Park" zu benennen, da sonst noch keine Straße oder Platz in Lobberich den Namen des „Führers" trug. Vorher hatte die Gemeinde Breyell abgelehnt, das Nettebruch „Hitler-See" zu taufen.

Die Gemeinde hatte im November 1932 den früheren Fabrikkomplex Niedieck auf beiden Seiten der oberen Breyeller Straße samt den bis zum Nettebruch und zum Windmühlenbruch reichenden Grünbereichen, insgesamt knapp 40.000 m2, für 30.000 Reichsmark gekauft (die Summe wurde mit Steuern verrechnet). Das insge-

samt 15.500 m2 große Parkgelände musste zunächst entsumpft und kanalisiert werden, tiefe Stellen wurden mit Steinschutt aus dem Abbruch der Niedieck-Samtbandfabrik an der Süchtelner Straße aufgefüllt. Durch einen Uferweg entlang dem Windmühlenbruch, das noch entschlammt und ent-schilft werden musste, sollte ein grüner Wanderweg in den Ortskern entstehen.

Die Arbeiten zur Gestaltung des Geländes hatten schon im Frühjahr 1933 begonnen und sollten eigentlich bis zum Herbst beendet sein. Doch die Arbeiten verzögerten sich, und auch der nächste Fertigstellungstermin im April 1934 verstrich. Dann aber wurde das Wochenende 18./19. August festgelegt - und zwei Wochen vorher musste erneut, diesmal auf den 26. August, verschoben werden. Denn Hitler hatte nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hinden-burg am 2. August eine Volksabstimmung für den 19 August angesetzt, in der die Zusammenführung der Ämter von Reichspräsident und Reichskanzler gebilligt werden sollte.

Schon am 11. August war ein unbekannter Autor in „Rhein und Maas" voll des Lobes über den neuen Park und beschrieb einen Spaziergang vom Bahnhof Lobberich bis zum Seegelände: „Stets ist der Besucher wie in Ferien, und nach der Freilegung und Fertigstellung des Adolf-Hitler-Parks genießt man am Endpunkt eine Weite und eine Weitsicht, die entzückt. Vor uns der klare Wasserspiegel, hinter uns der Park, umsäumt von alten wetterharten Bäumen, mit seinen gefälligen Anlagen, Zwerggestrüpp und Blumenschmuck. Wohlgepflegte Wege laden zum Lustwandeln, ringsum Sitzbänke in großer Zahl zur ruhigen Rast und beschaulichen Besinnlichkeit ein. Beruhigend schließt hier am Horizont der große Rundhügel der Baumkronen und der Breyeller-Boisheimer Chaussee das Blickfeld. Ein Landschaftsbild, wie es sich nicht oft bietet."

Zur Übergabe des Geländes an die Öffentlichkeit luden die Gemeinde, der Verkehrs- und Verschönerungsverein (VVV), der Verein der jungen Gärtner Niederrhein-West und die NS-Organisation „Kraft durch Freude" zu einem „Strandfest in Lobberich" ein, das am Samstag, 25. August, mit einem Blumenkorso und einem Festball mit Blumenverlosung im Strandrestaurant Ludwigs begann. Die Ufer waren illuminiert, die Kähne geschmückt und mit Lampions beleuchtet. Am Sonntag fand bei schönem Sommerwetter von 11 bis 13 Uhr im Park ein Promenadenkonzert der Musik- und Gesangvereine statt, nachmittags um 16 Uhr formierte sich auf der Süchtelner Straße ein Festzug „mit allen NS-Formationen" und etlichen anderen Vereinen zum Park. Dort wurde es drangvoll eng, denn allein der Sturmbann der SA hatte 1.200 Mann gemeldet.

Wer musste marschieren?

Für den Festzug zur Einweihung des Adolf-Hitler-Parks war diese Reihenfolge der Vereine festgelegt:

  • SA (Schutzabteilung) Reitersturm,

  • A Kapelle,

  • SA,

  • SA Reserve I,

  • Arbeitsdienstlager,

  • Hitlerjugend (HJ),

  • Bund deutscher Mädchen (BDM),

  • Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NS-BO) und Arbeitsfront,

  • Musikverein,

  • Feuerwehr,

  • Sanitätskolonne,

  • Gemeinderäte,

  • NSDAP,

  • SA Reserve II (Kyffhäuserbund),

  • Gesangvereine,

  • Turnverein,

  • Sportclub,

  • Fahnenabordnungen und sonstige Vereine.

Inmitten eines „riesigen Fahnenwaldes" und unter dem Banner „Ein Führer - ein Volk" verglich Bürgermeister Leo Marx „an einem herrlichen sommerlichen Tag" im gewünschten Pathos der Nationalsozialisten das Entstehen des Parks aus dem Sumpf heraus mit dem Wiederauferstehen des deutschen Staates nach dem Ersten Weltkrieg (den man damals noch nicht so nannte). Dabei dankte er den vielen Männern und Frauen, die für diesen Park gearbeitet hatten, und nannte besonders den Gemeindegärtner Josef Caelers und den Tiefbauingenieur Arno Schmitter. Das Rahmenprogramm bestritten Musikkapellen, Chöre, Frauen des Turnvereins und der Arbeitsdienstgruppe Volkstanz sowie Jugendliche des Lobbericher SC.

Die Organisation eines Strandfestes hatte die NSDAP schon am 18. August 1933 geprobt, als sie zu einem „Nationalsozialistischen Strandfest" ans Nettebruch einlud. Der Wirt Willi Ludwigs stellte dazu zusätzlich ein Zelt auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierte der VW auf dem von zaghaft wieder wachsenden Pappeln umsäumten Gelände zahlreiche Strandfeste, verbunden mit einem spätabendlichen Lampionkorso auf dem Nettebruch, Feuerwerk und „bengalischer Beleuchtung" der Breyeller Ufers. Die Feste waren große Ereignisse in den 1950er Jahren, als der Feierkalender sonst nur von Karneval und den Kirmessen bestimmt wurde. Vom Ufer aus ließen sich in den 1970er Jahren auch die Zieleinläufe von Kanuregatten beobachten, die der Kanu- und Ruderclub Lobberich veranstaltete.

Dann wurde es ruhig um das Gelände, auf dem der Stamm Lobberich der St. Georgspfadp-finder noch sein 40-jähriges Bestehen feierte und alle paar Jahre die St. Sebastianus-Bruderschaft zum Vogelschuss antrat. Der einstige Park wurde stellenweise der Natur überlassen, es entstand Wildwuchs. Den wollte Mitte der 1990er Jahre der Versi-cherungs- und Immobilienkaufmann Kurt Schmidt etwas lichten und dort ein Boardinghouse-Hotel mit einem Investor errichten, nachdem sich Pläne zerschlagen hatten, aus dem ehemaligen Strandrestaurant Ludwigs-Brill eine schmucke Hotelanlage zu machen. Einen Investor hat Schmidt nie gefunden, so dass er vor einigen Jahren auf Einfamilienhausbebauung umschaltete. Der entsprechend geänderte Bebauungsplan „Strandweg" ist nach Uberwindung etlicher Hürden realisierungsreif. Doch blieben sie wegen finanzieller Turbulenzen im Schmidt'schen Firmenreich in der Schublade. Mittlerweile haben die Grundstücke einen neuen Besitzer gefunden.

Auf der nördlichen Seite der Breyeller Straße ist die Grünbereich inzwischen wieder von schlanken Bäumen bewachsen, nachdem die jungen Gärtrier dort 1934 Zierbeete angelegt hatten. Der Wanderweg zum Windmühlenbruch und weiter zur Wiese unterhalb der Sassenfelder Schule oder am Ludbach entlang in den Ortskern ist verwirklicht, so dass eine durchgehende „Grünverbindung" bis zum einstigen Karstadtgebäude besteht.

Kampf um die Hybridpappeln

Baumfreunde vor allem aus Viersen kämpften im Herbst letzten Jahres um rund 20 windschiefe und hiebreife Pappeln, deren Fällung die Stadt angekündigt hatte. Die Bäume sind im Winter gefällt worden, am Uferweg wurden standortgerechte hochstämmige Laubbäume nachgepflanzt. Der Weg soll noch etwas verbreitert werden, damit sich Fußgänger und Radler nicht in die Quere kommen.

Manfred Meis


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