Paul Clemen: Die Kunstdenkmäler des Kreises Kempen (1891)

Bocholt

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BURG BOCHOLT

A. Fahne, Die Dynasten, Freiherren und jetzigen Grafen von Bocholtz. Beitrag zur alten Geographie, rechts-, Sitten- und Kulturgeschichte des Niederrheins, Köln 1857, 4 Bände. --- Ders., Codex diplomaticus genetis Bocholtanae Köln 1860.


Fig. 2. Burg Bocholt. Situationsplan.

Geschichte

Die Burg Bocholt wird urkundlich zum ersten Male im J. 1096 erwähnt (Notice historique sur l'ancien chapitre de chanoinesses nobles de Munsterbilsen, Gand 1848, p. 45) und befand sich nebst den Dörfern Ober- und Nieder- Bocholtz ständig im Besitz der Familie von Bocholtz. Ihre erste Gründung wird mit Wahrscheinlichkeit mit dem Bau der Karlsstrasse von Aachen nach Nymwegen in Verbindung gebracht, einer römischen Heerstrasse, die vom Boichberg bei Straelen über Herongen, Krickenbeck, Hinsbeck in Richtung nach Dülkenführte (eingetragen als Karlsstrasse in der karte des Kreises Geldern vom M. Buyx in Nuikerk.

-Vgl. B. J. LXIV, S.18) und deren Spuren in einer Entfernung von 450 m nordöstlich von der Burg nachweisbar sind (vgl. den Situationsplan Fig. 2.)

Die Burg war Lehen von Geldern, wird 1326 Hof zu Bocholt ( FahneCod. Dipl. p.39), 1444 Were (Cod. Dipl. p.60),1486 Haus und Hof zu Bocholt genannt. (Cod. Dipl. p. 81 vgl. die Auszüge aus den Geldrischen Lehenregistern von 1326 bis 1556 ebenda p.39).


Fig. 3. Burg Bocholt. Kaiserturm

Über die Gründung der noch in den resten erhaltenen Bauten liegen keinerlei Urkunden vor. Die Kapelle im aiserturm, die bereits eine Schöpfung des 14. jh. Ist, wird erst 1531 und 1678 (Cod. Dipl. p.103 und 231) genannt.

Beschreibung

Die Burg liegt kesselartigen, 200m langen und 150m breiten Terrainabschnitt und war ehemals von zwei Gräben und einer Umwallung umgeben. Die Umwallung und der äussere Graben sind auf der West- und Südseite noch vollständig erhalten und lassen sich auch an den beiden andere nSeiten im vollen Umkreis nachweisen. Der erhaltene Teil des Walles ist auf der Höhe abgeplattet und fällt auf den Seiten steil ab. Die alte Burganlage gruppierte sich, wie aus der alten Abbildung von 1646 8Fahne a.a.O.S. 287) hervorgeht, um den erhaltenen Turm B.

Der Kaiserturm

(Fig. 2B), mit Unrecht auf Karl den Grossen zurückgeführt (Fahne, Dynasten von Bocholtz I, S. 116), ist ein Backsteinbau des 14. Jh. In vier Stockwerken, zu denen noch ein nur von oben zugängliches Kellergewölbe kommt, mit einem quadratischen Grundriss von 7,4 m Seitenlänge und einer Gesammthöhe von 21,5m. Die Mauerstärke des Turmes beträgt im unteren Geschoss 2m, seine Fundamente sind auf 2m Höhe durch Tieferlegen des umgebenen Terrains blossgelegt worden.

Das erste Stockwerk enthielt die Kapelle (Fig. 3A), deren Wölbung noch zum Teil erhalten ist: sie bestand in einem Kreuzgewölbe mit ein Stein starken Backsteinkappen zwischen Diagonalrippen aus Niedermendiger Tuffstein mit Hohlkehlprofil und rundem Schlussstein . Die darüber liegenden Stockwerke enthalten grosse Blenden mit rundbogigen Fensteröffnungen. Den Abschluss des Turmes bildet ein vorgekragter Zinnenkranz mit je vier Zinnen auf jeder Seite. Im Südwesten zeigt sich der Ansatz einer Mauer mit Bogenstellung im zweiten Stockwerk.

Thorbau


Fig. 4 Burg Bocholt. Thorbau

Von den Gebäuden des jetzigen Gehöftes gehört nur der Thorbau (Fig. 2A) der älteren Burganlage an, nach der Ausführung der Details ein Werk aus der Mitte des 15. Jh. Er ist an den Kopfseiten in die modernen Ökonomiegebäude eingebaut. Das Material ist Backstein, die Rippen der Kapelle bestehen aus Tuff, an den Ecktürmen wechseln Backstein und Mergelstein in Bändern, die Auskragungen der Türmchen und das Pfostenwerk der Fenster des ersten Stockwerkes sind aus Blaustein gefertigt. Der Bau bildet ein Rechteck und enthält zwei Stockwerke mit hohem Walmdach, an den vier Ecken zeigen sich ausgekragte fensterlose Wachtürmchen mit hohem, spitzen Dach über doppelten Fries, wovon der untere ein gespritzter Kleeblattbogenfries mit zierlichem Dreipass. Das Erdgeschoss enthält einen etwas 6m hohen, mit einem Kreuzgewölbe überspannten raum, der wahrscheinlich gleichfalls als Kapelle diente.Die Rippen und Kämpferkonsolen sind in derber Profilierung, die ersten mit starker Unterarbeitung hergestellt (Profil b in Fig 5).

Das in a befindliche Wandschränkchen mit schmiedeeisernem Gitter, umrahmt von zielichem Tuffsteinproil, diente offenbar zur Aufbewahrung der kirchlichen Geräte. Die Durchfahrt selbst, mit einem Tonnengewölbe von Backstein überdeckt, dessen Scheitel um 70cm tiefer loegt als der Schlussstein des Kapellengewölbes, enthält in der südwestlichen Ecke eingebaut des Treppentürmchen mit gemauerten Trittstufen.


Fig. 5. Burg Bocholt. Thorbau, Grundriss, Durchschnitt und Details

In der nördlichen Umfassungsmauer befinden sich in 1m Höhe drei Schiessscharten mit Haussteinumrahmung. Das erste Stockwerk besitzt eine durchgehende Holzdecke. Entsprechend der Höhenlage des Erdgeschossgewölbes hat der Raum über der Kapelle, der an der östlichen Seite die reste eines wandkamins enthält, eine geringere Lichthöhe als die beiden über der Durchfahrt gelegenen Räumde; von dem einen dieser Räume war der an der Westseite vorgekrangte Abort zugänglich. Das Dach mit liegender Stuhkonstruktion asu Eichenholz nimmt im ersten Kniegeschosse einen grossen Raum auf, von dem aus die vier Ecktürme zugänglich sind; über der Kehlbalkenlage befindet sich der Speicher.

Inventare

Über die Ausstattung der Burg geben zwei Inventare Aufschluss (gedruckt FAHNE, Cod. Dipl. p. 171 und 250), deren erstes 1584 die Brüder Egbert und Johann von Bocholtz, deren zweites 1706 Jean Arnold und Eduard Bernard von Bocholtz aufgenommen haben.


aus: Die Kunstdenkmäler des Kreises Kempen.
Das Buch wurde 1891 (Düsseldorf, Schwann-Verlag)  veröffentlicht.
"Im Auftrage des Provinzialverbandes der Rheinprovinz herausgegeben von Paul Clemen"


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