Die Geschichte
der ROKAL-TT Modelleisenbahn

von Manfred Albersmann
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Der Niedergang

Die Konkurrenz schläft nicht

Titel des Buches

ROKAL stellte zwar einige schöne Modelle her, trotzdem arbeitete die Zeit in Westdeutschland gegen die Firma: Neben dem schon genannten Autorennbahn-Boom bekam ROKAL immer mehr die Konkurrenz der N-Bahnen zu spüren. Die ersten Modelle dieser noch kleineren Spur (1:160) sahen zwar etwas grobschlächtig aus, jedenfalls hielten sie keinem Vergleich mit den ROKAL-Fahrzeugen oder gar der Nenngröße H0 stand. Aber dies änderte sich bald und noch ab Mitte der 60iger Jahre erreichten die N-Modelle ein beachtliches Detaillierungsniveau.

Die Spur N und die Mode der Autorennbahnen waren - wie bereits gesagt - nicht zuletzt dafür verantwortlich, dass ab 1967 erste Absatzschwierigkeiten auftraten. Darüber hinaus traf die Rezession in Deutschland im Jahre 1967 auch die Automobilindustrie und wirkte sich zwangsläufig auch stark bei ROKAL aus. Schließlich war ROKAL Mitte der sechziger Jahre zu einem der wichtigsten Zulieferbetriebe für die Automobil-Industrie avanciert. So kamen von ROKAL Zierleisten und Vergaser, insbesondere die SOLEX-Vergaser waren weltbekannt und stellten die wichtigsten Einnahmequellen dar. Die Kapitaldecke war dünn und erstmals war bei ROKAL Kurzarbeit angesagt. Die Fertigung der Modellbahn lief zwar weiter, aber Robert Kahrmann stellte 1967 die Konstruktion und Entwicklung aus finanziellen Gründen ein, da die Realisierung Konstruktion und Entwicklung enorme Kosten (Formen, Werkzeuge) verursachte. Zur Rezession von 1967 und der aufkommenden Konkurrenz der Spur N von Arnold sowie der bereits genannten Autorennbahnen kamen innerbetriebliche Verluste des Armaturenbereichs und ein nicht unerheblicher Rückgang der Stückzahlen im Vergaserbau mit entsprechenden Umsatz-/Ertragseinbußen hinzu. Die Modellbahn konnte die Entwicklungskosten kurzfristig bei geringer werdendem Umsatz nicht ausgleichen. Erste Verkaufsbemühungen standen an.

Die Wirtschaftlichkeit des Produktionszweiges Modellbahn ließ bei ROKAL - so Insider - immer zu wünschen übrig, jedenfalls konnte sie sich mit den Zuwachsraten der Autozulieferer nie messen. Darüber hinaus konnte Ende der 60iger Jahre niemand übersehen, dass die ROKAL-Modellbahn gegenüber anderen Angeboten ständig an Bedeutung verlor. Schon Mitte der sechziger Jahre war sie vielfach nicht mehr als vollwertige Modellbahn anerkannt. Von einer Maßstäblichkeit der Fahrzeuge konnte keine Rede sein. Die Fahrgestelle der Wagen - vor allem der Güterwagen - sahen zu einfach aus. Die ROKAL-Kupplungen waren extrem groß. Die Radsätze hatten nach wie vor überdimensionale Spurkränze, damit konnten ROKAL-Fahrzeuge grundsätzlich nicht auf normgerechte Gleisanlagen fahren. Alle vierachsigen Personenwagen waren sehr verkürzt, auch die neuen Personenwagen von 1966, obwohl sie insgesamt den Trend zum echten Modell andeuteten. Die Detaillierung vieler Reisezug- und Güterwagen erschien verbesserungsbedürftig. Die Lokomotiven hätten zumindest den Maßstab von 1:120 angenähert werden müssen, so wie es zum Beispiel mit der BR 85 und der E 10 gelungen war. Stattdessen erschien 1965 die zwar sehr schöne, aber auch sehr unmaßstäbliche T 3.

Während in H0 die Jagd nach Superdetaillierung begann und N hinsichtlich der Verkaufszahlen ständig aufholte blieb ROKAL eine Modellbahn der fünfziger Jahre. Auch der Preis empfahl ROKAL-Modelle nicht, und dies, obwohl die Firma ihre Artikel im Unterschied zu anderen Modellbahn-Herstellern auch durch Warenhäuser und Installationsbetriebe vertrieb, ROKAL war - wie Vergleiche mit Fleischmann aus den Jahren 1964/65 und 1967/68 aufzeigen, im Verhältnis zur gebotenen Leistung, teuer. Mit dieser Preispolitik musste ROKAL nahezu zwangsläufig scheitern. Letztlich reichte es nicht aus, dem Publikum zu demonstrieren, dass mit der Nenngröße TT ein Vorteil beim Raumbedarf verbunden war, den die Kunden aber relativ teuer erkaufen mussten.

ROKAL setzte für sich das Marktgesetz außer Kraft, dass eine Firma auf eine geringer werdende Nachfrage mit Preisanreizen reagieren muss, um ein Produkt wieder attraktiv zu machen. Offenbar war die Firmenleitung von ROKAL der Ansicht, der TT-Bahner werde bereit sein, für seine Bahn jeden Preis zu zahlen. Aber die Marktanteile von TT sanken ständig und zeigten deutlich, wie unhaltbar die Ansicht der ROKALer in Wirklichkeit war (der Marktanteil von TT sank von 3,6 % im Jahre 1956 auf 1,8 % im Jahre 1965, die N-Spur hatte 1965 bereits 5,2 % Marktanteil erobert).

Nun - letztlich wurde die Produktion zurückgefahren und dem Umsatz angepasst. So versuchte ROKAL die frei werdenden Kapazitäten in der Modellbahn mit anderen Artikeln auszulasten: von 1966 - 1969 wurden Rundmotore für die Autoventilatoren der Firma Hella in Paderborn gefertigt. In dem kleinen Shed vor der Spritzlackiererei wurde eine Fertigungsstraße für die Bearbeitung der Gehäuse des Braun-Rasierapparates eingerichtet. In der Montage wurden nebenbei Starterdeckel für den Vergaserbau montiert. Außerdem erhielt die Abteilung einen Automaten für die Siebpatrone der Perlatoren für die Armaturenabteilung. So wurde das Personal der Modellbahnfertigung mit weiteren Aufgaben betraut. Entlassungen gab es nicht - auch später nicht. Führung und Personal waren in dem großen Betrieb immer einsetzbar.


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