Die Geschichte
der ROKAL-TT Modelleisenbahn

von Manfred Albersmann
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Technische Verbesserungen

Titel des Buches

Die Triebwagen beider Bauarten (Diesel und elektrisch) erfuhren zwei wesentliche konstruktive Verbesserungen, die sich auf die Laufeigenschaften günstig auswirken: Die Kraftübertragungsspirale vom Motor zum Triebgestell wird nunmehr durch eine Pendelführung (Isolierschlauch) an irgendwelchen wilden Schwingungen gehindert, die bei den früheren Ausführungen ab und zu auftraten. Das Triebgestell selbst ist jetzt nicht mehr in Druckknöpfen aufgehängt, sondern der Drehzapfen steckt in einer ca. 10 mm langen Gleitlagerführung und wird durch einen Sprengring (Idealscheibe) darin gehalten. Durch diese Maßnahme wurde ein evtl. "Aufklettern" beim Durchfahren von Weichen vermieden.

Weiche

Die Weichen des neuen Gleismaterials hatten zwischenzeitlich einen Doppelspulenantrieb erhalten, der durch Stromstoß die Umschaltung der Weichenzunge bewirkte. Beim GB-Bakelitgleis stand die Weichenspule noch unter Dauerstrom bei Bogenfahrt. Deshalb durften wegen Überlastungsschutz nicht mehr als drei Weichen auf Bogenfahrt gestellt sein. Außerdem waren die Weichen jetzt in jeder Stellung aufschneidbar und gingen in die Ausgangsstellung wieder zurück (ebenso die Weichen mit Handbetrieb) und zwar nicht mit einem komplizierten Mechanismus, sondern mittels einer Permanentmagnetscheibe, die unter der Laterne zwischen Eisenkernen der Spulen lag. Das Weichenlaternchen war von oben auswechselbar.

Die Weichen wurden mit Gleichstrom betrieben, weil ROKAL in erster Linie einen gemischten Gleich-Wechselstrombetrieb vermeiden wollte und weil die Spulen des Weichenantriebes gleichzeitig als gewisser Vorwiderstand für die Laternenbeleuchtung wirkte, was zur Folge hatte, dass die Weichenlaternen nur mit 20 - 30mA belastet wurden und dadurch eine erheblich längere Lebensdauer und einen sehr geringen Stromverbrauch hatten.

Weichenschaltungen
ROKAL-Weichenschaltungen aus dem Elektrohandbuch 1961

Alle Weichen besaßen ab 1956 die patentierte, automatische Fahrstraßen Um- und Abschaltung, die jetzt von oben einstellbar war und drei verschiedene Schaltungen ermöglichte. Welche von den bekannten Modelleisenbahnen hatte damals derartiges aufzuweisen?!

Genau so wie ROKAL die Aufschneidbarkeit der Weichen in verblüffend einfacher Form gelöst hatte, so einfach ging man auch bei der Lösung des Kehrschleifenproblems vor. Auch hier war jede Kompliziertheit vermieden worden: die Steuerung der Kehrschleife erfolgte über einen durch die Lok betätigten Schienenschalter in Verbindung mit einer x-beliebigen Weiche, die im Gleisbild irgendwo eingebaut war und die das Umpolen der Kehrschleifen-Polarität vornahm mittels des unter den Weichenzungen serienmäßig angebrachten Kontaktschalters. Die beiden Kehrschleifen-Funktionsweichen wurden durch den vorerwähnten Schienenschalter gleichzeitig betätigt. Damit entfiel eine komplizierte Spezialweiche mit Umschaltrelais.

Die ROKAL-Kreuzungen (rechts und links) von 22' 25' besaßen bekanntlich ein verhältnismäßig großes Herzstück, was dazu führte, dass Lokomotiven mit kurzen Achsständen bei Langsamfahrt stehen blieben. Dieses Manko wurde nunmehr dadurch beseitigt, dass durch Einfügen von Strombrücken die Spurkränze der Radsätze aufliefen und dadurch eine ununterbrochene Stromaufnahme gewährleistet war.

In das Gleissortiment neu aufgenommen wurden ein Kontakt- und ein Trenngleis, das auch als Anschlussgleis fungierte. Hierdurch erlangte das Gleis-Sortiment eine weitere Bereicherung mit deren Hilfe eine Reihe von Schaltungen durchgeführt werden konnten, die den Modellbahnbetrieb abwechslungsreich gestalten konnten.

Mit zielstrebiger Konsequenz wurde die "schmucke und zierliche TT-Bahn" (Miniaturbahnen 5/57) weiter entwickelt, verbessert, ergänzt und vervollkommnet. So brachte ROKAL im Jahre 1957 wieder einige Neuheiten heraus, die hervorragend beurteilt und von der Fan-Gemeinde begrüßt wurden: Eine C-Tenderlok, die nach dem Lok-Modell der Baureihe 89 (B 1011) der Deutschen Bundesbahn gefertigt war. Diese Reichsbahn Tenderlok (89 005) hatte für die deutschen Modellbahn-Hersteller eine bis heute unergründliche Vorliebe, denn die gleiche Nummer kommt bei fast allen Firmen vor.

BR 089
C-Tenderlok BR 89 mit dem neuen Kleinmotor (B 1011)

Zum ersten Mal wurde eine Rahmenbauweise angewandt, die aus zwei parallel auf Distanz gehaltene Pertinaxstreifen bestand. Hinten hielt der Motoransatz und vorne das Beleuchtungsaggregat den Abstand. Der neue Permanentmagnetmotor UPM 4 in Kurzwalzenform (27 x 22 mm) war im Führerhaus senkrecht gelagert. Dieser UPM 4 war eine interessante Konstruktion vom Team Gothe/Schmitz. Ein Magnetring wurde in die Druckgussform eingelegt und mit Zink umspritzt. Dabei wurden Halterungen für die Rahmendistanz und die Bürstenplatte angespritzt. Am Ende der Motorwelle befand sich eine Schnecke, die direkt auf das Schneckenrad auf der hinteren Treibradachse eingriff. Die restlichen Radachsen wurden über die Kuppelstangen angetrieben. Die Stromabnahme erfolgte über die Räder, bei den isolierten Rädern weiter über das Gestänge und einem Kabel zum Motor. Der Hohlraum unter dem Kesselgehäuse ist mit Bleiballast ausgefüllt.

Eine weitere interessante Neuheit wurde auf der Messe 1956 vorgestellt: Der Steckdosen-Trafo mit Überlastungsschutz, dessen Ausmaße 6 x 4 x 4 cm betragen und der einfach in eine Schuko-Dose gesteckt wird. Die Leistung beträgt 6 W bei 14 V Wechselstrom. An diesen Klein-Trafo wird ein kleines Fahrpult mit Gleichrichter und Fahrregler angehängt. Leider konnte diese handliche und praktische Trafo-Regler-Einheit zunächst nicht gesondert geliefert werden, sondern nur in Verbindung mit der Erstausrüstung ("JuniorA"-Grundausrüstung).

Für den Güterwagenbereich gab es einen Niederbordwagen mit und ohne Bremserhaus, einen Rungenwagen mit und ohne Bremserhaus und einen Planewagen ebenfalls mit und ohne Bremserhaus. Der Rungenwagen konnte noch mit Stammholz beladen werden.

Darüber hinaus wurden die schon erwähnten Speisewagen (international D 1221/D 1222) und Schlafwagen (international D 1223/D 1224) mit ISG-Beschriftung vorgestellt.

Heinz Thieme übernahm im Jahre 1957 die Fertigungsleitung mit Arbeitsvorbereitung, Bestellwesen, Vorkalkulation, Akkordzeiten und Planung der Jahresproduktionszahlen (zunächst "von Hand" - ab 1959 dann über EDV). Durch diesen Umstand war Heinz Holterbosch ab dieser Zeit für die Konstruktionszeichnungen und Konstruktion der nächsten Jahre allein verantwortlich.

Erhard Spielwarenmesse Nuernberg ROKAL
Der damalige Wirtschaftsminister Ludwig Erhardt,der die Spielzeugwarenmesse in Nürnberg im Jahre 1957 besuchte, äußerte sich positiv über das ROKAL-Sortiment auf dem Messestand von ROKAL

Samstag, den 25. Mai 1957

Lobberich ehrte Robert Kahrmann

Bruchstraße heißt nunmehr „Robert-Kahrmann-Straße“

„Einstimmig beschloß der Rat der Gemeinde Lobberich am vergangenen Montag in öffentlicher Sitzung, die Bruchstraße in Anerkennung der Verdienste des Fabrikanten Robert Kahrmann in „Robert Kahrmann Straße“ umzubenennen. Nachdem Bürgermeister Hein Nicus in kurzen Worten die Verdienste Robert Kahrmanns in der Gemeinde beleuchtete, befürworteten die Sprecher aller Fraktionen die Vorlage. Robert Kahrmann schuf mit der Ansiedlung der Rokalwerke vor 31 Jahren einen bedeutenden Industriezweig in der Gemeinde Lobberich. Darüber hinaus stand der Fabrikant auch den anderen Belangen in der Gemeinde ausgeschlossen gegenüber. Von den Vertretern der Gemeinde wurde Robert Kahrmann eine Urkunde, auf Pergament geschrieben und mit einem Ledereinband versehen, überbracht.“

Ausschnitt aus den „Grenzland-Nachrichten“ vom 25.5.1957

Robert-Kahrmann-Straße wird benannt
Gemeindearbeiter bei der Anbringung des neuen Straßenschildes

1958 übernahm Siegfried Klaumünzner als Meister die Fertigung und Kurt Hey wechselte zur kaufmännischen Seite für Kundenbetreuung, Schulung und technischen Außendienst. Damit waren die beiden Mitarbeiter ihren besonderen Fähigkeiten entsprechend optimal eingebunden.

Auch das Jahr 1958 blieb von der rasanten Entwicklung bei ROKAL nicht verschont. Bereits einen Monat vor der IX. Nürnberger Spielwaren Messe (an der im Übrigen erstmals auch ausländische Firmen teilnehmen konnten) kündigte ROKAL seinen TT-Freunden eine V 200 an. Interessant ist schon, dass auch die Konkurrenz der HO-Spurweite (Märklin, TRIX und Fleischmann eine V 200 herausbrachten).

V200
V 200 (B 1014)

Das Modell war in einer brillanten Ausführung und Detaillierung (so schrieb die MIBA im April 1958), wie man sie von ROKAL bereits gewöhnt ist. Mit automatisch wechselnder Stirnlampenbeleuchtung kostete das Maschinchen seinerzeit 40 DM.

V200 offen

Die winzigen Stirnlampen waren leicht auswechselbar, weil die Drehgestelle dank einer neuartigen Halterung leicht herauszunehmen waren. Dabei war das Gehäuse etwas auseinander zu spreizen, damit die Drehgestelle leicht aus den Lagerstützen herausgenommen werden konnten. Außerdem konnte durch Lösen zweier Schrauben das Ballastmittelstück auch noch herausgenommen werden, so dass man unbehindert an die Lämpchen herankam.

Bemerkenswert einfach gelöst war die Umschaltung der Stirnbeleuchtung entsprechend der Fahrtrichtung und zwar unter Ausnützung des Längsspiels des Schneckengetriebes, das ca 1 mm betrug. Die Schneckenwelle stieß nämlich je nach der Fahrtrichtung an einen Federkontakt vorn bzw. hinten (s. kleiner weißer Pfeil) und schaltete so die Beleuchtung um.

G255
Der Güterwagenpark erhielt als Neuzugang einen Güterzug- Gepäckwagen G 255 mit beweglichen Schiebetüren und einer Leig-Einheit G 256 mit unwahrscheinlich kurzem Abstand.
G256
Bei der DB gab es die Leig-Einheit bis in die 1950er auch als Kombination mit einem Güterzuggepäckwagen. Als geschlossene Güterwagen wurden jedoch nur Wagen der Bauart ‚Dresden’ und nicht der Bauart ‚Kassel’ verwendet.

Ebenfalls neu ist ein Zweizug-Trafo mit 2 x 14 VA. Da eine ROKAL-Lok im Durchschnitt 0,350 A aufnimmt, reichte er also leistungsmäßig nicht nur für zwei beleuchtete Züge aus, sondern darüber hinaus noch für sonstige "Scherze" wie Beleuchtungen und dgl. Der Trafo kostete damals 25,80 DM.

An die ROKAL-Fahrregler des letzten Jahres konnten nunmehr so genannte "Fernbedienungs-Bausteine und Verteiler" mittels Druckknöpfen angesteckt werden (Weichenschalter mit blauem Stellhebel, Signalschalter mit gelbem Stellhebel, Ein- und Ausschalter mit rotem Stellhebel, Kehrschleifenschalter mit weißem Stellhebel, Entkupplungsschalter mit schwarzem Stellhebel, Verteiler mit und ohne Kabel und mit 2,3 und 3 mm Anschlussbuchsen). Der Vorteil dieser Baukastenbauweise lag auf der Hand: einmal Einsparung vieler Kabel, zum anderen bot sich das gesamte Steuerpult als ein in sich geschlossenes Bild.

Das ROKAL-Fahrpult (Fahrregler) mit den Fernbedienungsbausteinen war eine Idee von Otto Gothe, die auch patentiert wurde. Gothe meldete übrigens vieles zum Patent an, wovon auch einige erteilt wurden, das Druckknopfsystem war jedoch eine der besten Ideen von ihm, die patentiert wurden. Modellbahner, die große Anlagen mit Gleisbildstellwerk bauen wollten, hatten Probleme, die Bausteine entsprechend zu integrieren.

Fahrregler
Fahrregler / Trafo für Weichen und Signale

Damit sich jeder mit der ROKAL-Elektrik zurechtfand, verfasste die Firma ein "Kleines Handbuch der Elektrotechnik". Hierin wurden die elektrischen Gegebenheiten und schaltungstechnischen Möglichkeiten der ROKAL-Modellbahn verständlich dargelegt (einschließlich der Radio-Entstörung) und auch Wesen und Funktion der einzelnen Fernbedienungsbausteine erläutert. Dies war bei den TT-Freunden eine äußerst nützliche Broschüre. Außerdem gab es zahlreiche Betriebsanweisungsblätter.

Handbuch Elektrotechnik

Die ROKAL-Gleis-Kreuzung von 22 ½ Grad besaß bekanntlich ein verhältnismäßig großes Herzstück, was dazu führte, dass Lokomotiven mit kurzen Achsständen bei Langsamfahrt stehen blieben. Dieses Manko wurde von den Konstrukteuren (wiederum war es Gothe) dadurch beseitigt, dass durch Einfügen von Strombrücken die Spurkränze der Radsätze aufliefen und dadurch eine ununterbrochene Stromaufnahme gewährleistet war.

Kreuzung
Die neue ROKAL-Kreuzung mit Strombrücken

Das Gleissortiment erhielt als Neuerung ein Schaltgleis, das quasi die Funktion der in den Fachpublikationen schon so oft besprochene "Kontaktschiene" erfüllte. Damit ließen sich automatisch Züge steuern und Weichen und Signale betätigen.

In der zweiten Hälfte der 50er Jahre ging auch ROKAL dazu über, immer mehr Gehäuse aus Kunststoff zu verwenden. Vielleicht etwas spät, dies lag jedoch daran, dass ROKAL keine geeigneten Fachleute für die Kunststoffformenherstellung besaß und auch nicht bereit war, eine Abteilung zum spritzen von Kunststoffteilen einzurichten.

So wurden Formen für Oberteile des Fahrzeugparks - wie bereits erwähnt - bei der Firma Schürfeld in Kierspe hergestellt. Nicht weit davon lag die Fabrikation der Fa. Wilhelm Bremicker. Diese Firma stellte hauptsächlich Verpackungsdosen her. Den Inhaber reizte es jedoch, anspruchsvollere Artikel herzustellen. Als "Vorzeigeobjekte" eigneten sich sehr gut die Modellbahnartikel, zumal sie das Image der aufstrebenden Firma stärkten. Als Hauslieferant von Kunststoffteilen war die Fa. Bremicker der wichtigste Zulieferer für die Modellbahn-Abteilung der Fa. ROKAL. Dies bezieht sich sowohl mengen- als auch umsatzmäßig.

Wilhelm Bremicker - Techniker und Kaufmann - kümmerte sich persönlich um dieses für ihn neue Geschäft. Die Zusammenarbeit entwickelte sich sehr gut. Qualitätskontrolle und Liefertreue waren für Bremicker selbstverständlich. Das Granulat in einer gewünschten Farbe war nur in großen Mengen (t) zu bekommen. Bremicker stellte für die meisten Artikel Rezepte her, nach denen er verschiedene Granulatfarben in der gewünschten Menge und Farbe mischte. Zum Teil ersparte dies das Überlackieren der Kunststoffteile.


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