Eisernes Buch
der Gemeinde Lobberich (1929)

- Krieger-Ehrentag -

Seite 186

eisernes Kreuz

Der gesamten Bürgerschaft Lobberichs genügt es jedoch nicht, den Heimkehrern den Söhnen durch Ehrenbogen, Kränze und Flaggen ihren herzlichen Willkommensgruß und Dank, ihre Liebe und Hochachtung zu entbinden, sondern sie fühlte sich gedrängt, einen besonderen Ehrentag einzusetzen, in dem ihr die Möglichkeit geboten sein sollte, der Dankbarkeit und Liebe würdigen Ausdruck zu verleihen. Unter dem Vorsitz des Herrn Bürgermeisters Eger, dem eine Anzahl Bürger aus allen Ständen Lobberichs mitberatend zu Seite stand, wurde ein Ausschuss gebildet, der sich alle Mühe gab, eine würdige Festveranstaltung zu sichern. Diese Ehrung durch die Gemeinde sollte stattfinden am Dienstag, den 3. Dezember 1918.

Es war vorgesehen:
Morgens feierliches Seelenamt für die gefallenen Krieger in der katholischen Pfarrkirche. 9 ½ Uhr Gedächtnis Feier in der evangelischen Kirche. Nachmittags 2 1/2 Uhr Versammlung der heimkehrten Krieger auf der Bahnstraße (Villa Wöllner). 3 Uhr Abholen der Krieger durch den Festausschuss mit Musik und Fahnenabordnung sämtlicher Ortsvereine. Darauf Zug zum Marktplatz. Hier Begrüßungslied durch die Sängervereinigung und Ansprache. Fortsetzung des Zuges durch den Ort. Sodann Abmarsch der einzelnen Gruppen zu den Lokalen Heyhausen, Klüttermann, Beckers und Büscher. Dort sollte eine kleine Stärkung gereicht werden, bestehend aus eine Erbsensuppe sowie Bier und Zigaretten. In den Sälen: Ansprache, Prolog, Gesang, Musik und turnerische Aufführungen sowie gemeinschaftliche Lieder.
Mit Rücksicht auf die bevorstehende Besetzung des linken Rheinufer ist durch die Entente-Truppen erschien eine Hinausschiebung des Ehrentages zwar unangebracht, es musste aber leider am 30. November 1918 nachstehende Bekanntmachung in „Rhein und Maas“ erlassen werden:

Krieger- Ehrentag.

Die Entente-Truppen werden bereits Ende dieser Woche den linken Niederrhein besetzen. Die Besetzung erfolgt also früher als vorgesehen. Aus diesem Grunde ist die Abhaltung des Krieger- Ehrentages in Frage gestellt. Um alle Weiterungen zu vermeiden, hat der vorbereitende Ausschuss gestern beschlossen, die Abhaltung des Krieger– Ehrentages ist bis auf weiteres hinaus zu schieben.

Lobberich, den 29. November 1918.

Der Bürgermeister.

Die vorstehende kirchliche Feier zu Heimkehrer der Krieger erlitt durch den Einmarsch der Entente-Truppen keinen Aufschub. Am Sonntag, dem 8. Dezember 1918, fand in den katholischen Pfarrkirche das von den Erzbischöfen und Bischöfen Deutschlands angeordnete feierliche Dankamt für die Heimkehr der Krieger statt. Überall verlief die kirchliche Feier in schöner Weise unter zahlreiche Beteiligung der Gläubigen, namentlich die heimkehrenden Krieger. Nachmittags fand ein Trauergottesdienst für die gefallenen Krieger mit Predigt statt. Herr Pfarrer Boers verlas von der Kanzlei aus die Namen von 202 gefallenen Krieger der Pfarrei Lobberich, die im Kirchenbuch verzeichnet sind. Hieran knüpfte der Pfarrer eine zu Herzen gehende Ansprache, bei der nicht manches Auge trocken blieb.

Wenn nun auch, wie die eben erwähnte Bekanntmachung gesagt, der Krieger-Ehrentag „bis auf weiteres“ verschoben werden musste, so ruhte der vorbereitende Festausschuss nicht, bis er die Abhaltung des Tages verwirklicht sah. Lange währτe es, bis man endlich die Abhaltung des Krieger-Ehrentages, der in „Ehrentag im Blumenflor“ umgetauft wurde, auf den 10., 11. und 12. Juli 1920 festsetzte. Der Ertrag dieses Fest das war für die Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen bestimmt. Eine Anregung in „Rhein und Mars“ zufolge flossen die Gaben zur Finanzierung des Festes reichlich. Außer 2 Darlehen, die zwei Wohltäter auf den Erlös des Festes in Höhe von 3000 Mark und 1000 Mark zur Verfügung gestellt hatten, gingen vor Beginn des Festes an Barspenden ein: Vaterländischer Frauenverein 1000 Mark, Herr Geheimrat van  der Upwich 500 Mark, Herr Anton van der Upwich 400 Mark, Herr Karl van der Upwich 300 Mark, Herr Arthur van der Beek 400 Mark, Herr Becker- Blerik 500 Mark. Eigens für die Kriegshinterbliebenen stiftete Herr Richard Janssen 2000 Mark zum Einkauf von Winterbedarf. Das hiesige Eisen- und Stahlwerk gab 1000 Mark zum Besten der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen. Einen nicht geringen Betrag erzählte man auch aus dem Blumenverkauf am Fest des selbst und nicht zuletzt auch aus dem Verkauf einer eigens zum „Ehrentag im Blumenflor“ angefertigten Festschrift.

Man kann es wohl auch als einen glücklichen Gedanken bezeichnen, dass zu dem großen Volks- und Blumenfeste eine durch die Fülle der mannigfaltigen Veranstaltungen führen der Festschrift herausgegeben wurde, die mit ihrer geschmackvollen Ausstattung bei allen Käufern gerne Aufnahme fand. Das einen seinen Sinn verratende, von dem heimischen Kunstmaler Herrn Otto Therstappen zu diesem Zwecke entworfene „Titelbild“ verlieh dem Werkchen eine vornehme und eindrucksvolle Einleitung. Umgeben von einem schmucken Margueritenkranze sah man in Bilder in sinnreicher Weise Deutsche Heldentreue mit erbarmender Frauenliebe vereint. Gewiss ein schönes Leitmotiv, dass die Seiten der Herzen zu rühren vermochte und das in dem anschließenden „Geleitwort“:  „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!“ von Herrn Hans Meyes, großen Beifall fand. Neben den beiden, noch eingeflochtenen Gedichten desselben Verfassers: „Vergiss, mein Volk, die teuern Toten nicht!“ sowie: „Den heimgekehrten Kriegern zum Gruß!“ waren auf einer besonderen „Ehrentafel“ die Namen der gefallenen, bezw. verstobenen Krieger eingetragen. Sodann gab der Kreisleiter, Herr Hans Bousardt, in einer längeren Abhandlung die Geschichte der hiesigen Ortsgruppe der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen bekannt.
Immer näher rückte nun das langersehnte Fest heran, dessen Verlauf angekündigt wurde durch nachstehende

Festfolge:

1. Samstag, den 10. Juli 1920,

nachmittags 6 Uhr: Fußballwettspiel der alten Herrenmannschaften Hennef gegen Lobberich.
Abends 8 ½ Uhr: Großer Zapfenstreich der Musikkapelle der Oberrealschule zu Elberfeld- Süd. Danach

Festbankett

Im Gesellenhause mit Instrumentalkonzert, Reden, Sologesängen, turnerischen und theatralischen Aufführungen.

2. Sonntag, den 11. Juli 1920,

vormittags 7 Uhr: Fußballwettspiel der 2. Mannschaften Hennef gegen Lobberich.
vormittags ½ 10 Uhr: Antreten der Vereine im Hotel Krings und Zug zur Kirche zum Festgottesdienst unter Teilnahme aller Fahnenabordnungen. Danach Zug zum Kriegerdankmal und Ehrenfriedhofe mit nachfolgender

Gedächtnisfeier für die Gefallenen.

Alsdann: Morgenkonzert auf dem Marktplatze.
Nachmittags 1 ½ Uhr: Fußballwettspiel der 1. Mannschaften Hennef gegen Lobberich,
nachmittags 3 Uhr: Aufstellung der Vereine am Sittard zum

Festzug.

Berittene Herolde, Trommlergruppe, 3 Musikkapelle, über 30 Vereine usw. mit ihren Fahnen. Alsdann Ehrung und Begrüßung der Krieger auf dem Markte durch die Gemeindebehörde. Hiernach

Jubel und Trubel

In allen Lokalitäten. Große Vokal- und Instrumentalkonzerte, Turn- und Wassersport, Riesenbazar mit zahlreichen Buden und Überraschungen.
Außerdem in 9 Lokalen Tanzvergnügen.
Bei Ludwigs: Venetianisches Strandfest, Riesenpavillion, Gondelfahrten bei bengalischer Seebeleuchtung, Freiball.
Im Gassenfeld bei Kisitz: Fußballwettspiel des Gassenfelder Spielvereins gegen Sportverein Kaldenkirchen, Freiball, Auftreten des ausgezeichneten Humoristen und Groteskonkomikers Wimmerlein aus Düsseldorf.
Im Restaurant B. Lehnen am Dyck: Konzert und Tanzbelustigung.

3. Montag, den 12. Juli 1920,

morgens: Trauergottesdienst für die gefallenen Krieger.
Abends: Geselliges Zusammensein der festgebenden Ortsgruppen beim Kameraden Pascher (Wirtschaft zum goldenen Adler).
In Anerkennung des idealen Zwecks dieser Veranstaltung bitten um zahlreiche Beteiligung:
Der Ehrenfestausschuss.                                                                                  Der Festausschuss.

Die festgebende Ortsgruppe.

Endlich war der 10. Juli 1920, der „Ehrentag der Kriege im Blumenflor“, gekommen. Nach langen, mühevollen Arbeiten, Sitzungen und Beratungen des Festausschusses konnten die Mitglieder desselben mit Befriedigung auf die geleistete Arbeit zurückblicken. Sie wurde gern und freudig geleistet, denn jeder war sich bewusst, dass seine Mühen Jenen gelten sollten, die ihr Bestes und höchstes für ihre Mitbürger hingegeben hatten. Zu diesem Zwecke war vieles geschaffen und geleistet worden. Aber nicht allein die Herren des Festausschusses waren bei den Vorbereitungen tätig, auch die gesamte Bürgerschafft hatte regen Anteil daran genommen.

Samstag, den 10. Juli 1920.

Für Samstagabend war im Gesellenhause eine Festsetzung vorgesehen, die sehr stark besucht war. Als Mitwirkende hatten sich zur Verfügung gestellt: Fräulein Paula Kummeich (Klavier) vom Kölner Konservatorium, Fräulein Maria Henseler (Sopran) vom Kölner Konservatorium, der Lobbericher Turnverein und der hiesige Dilettantenklub. Nachdem der Eröffnungsmarsch verklungen, begrüßte der Vorsitzende der Ortsgruppe, Herr Josef Terhaag, die so zahlreich Erschienen in herzlichen Worten und dankte für das Interesse, dass man dem Krieger– Ehrentag allseits entgegengebracht habe. Die Festfolge umfasste zehn Nummern, weshalb es zu weit führen würde, hier auf nähere Einzelheiten weiter einzugehen. Die Vereine sowohl als auch die sonstigen Mitwirkenden gaben ihr Bestes her, um die Besucher zu unterhalten. Das Dargebotene sprach allgemein an.

Sonntag, den 11. Juli 1920.

Ein prächtiger Sommertag blaute vom Himmel herunter und begünstigte den „Ehrentag der Krieger im Blumenflor.“ Schon am frühen Morgen setzte ein lebhaftes Treiben auf den Straßen ein. Die Blumenverkäuferinnen verteilten sich nach allen Richtungen und boten die schlichte Marguerite zum Kaufe an. Mittlerweile formierten sich die zahlreichen Fahnenabordnungen auf dem Parkplatz zur Teilnahme an dem Festgottesdienste in der katholischen Pfarrkirche. Das Gotteshaus war dicht gefüllt von Andächtigen, die ihre Bitten emporsandten für die gefallenen Brüder. Der Kirchenchor verschönerte den Gottesdienst durch eine mehrstimmigen Messe von Nekes. Nach der Beendigung des Gottesdienstes nahmen alle Vereine Aufstellung zum Zuge nach dem Friedhof, wo am Kriegerdenkmal und auf dem Ehrenfriedhof eine erhebende Gedächtnisfeier für die Gefallenen stattfand.

Am Kriegerdenkmal hielt Herr Dr. Riemann die Gedenkrede auf unsere gefallenen Brüder. Der Redner führte u.a. aus: „Wir stehen hier an heiliger Stätte, heilig auch die Stunde, die du im Gedenken an unsere Gefallenen gewidmet ist. Der Dank, der uns bei der heutigen Feier bewegt, er wird nie erlöschen. Der Krieg, der so lange gedauert, hat Auswirkungen gezeigt, an die wir nie gedacht haben. 15 Staaten sind gegen uns an gestürmt. Ein Meer von Blut ist geflossen. Unser fruchtbares Unglück haben wir den 9. November 1918 zu verdanken. Jeder muss mit eisernem Fleiße an dem Wiederaufbau unseres Vaterlandes mitwirken, wir sind arm geworden. Aus Dank zu den Gefallenen muss ich unser Volk emporzuarbeiten bemühen. Das das walte Gott!“
Im Auftrage des Kriegervereins legte der Redner am Denkmal einen Ehrenkranz nieder. Hierauf spielte der Lobbericher Musikverein den Choral „Wie sie so sanft ruhen, alle die Seligen.“ Nachdem die Klänge verklungen, sagen der Männer– Gesangverein „Hoffnung“ das Lied „Die Himmel rühmen“. Hieran schloss sich die Gedächtnisfeier für die Gefallenen auf dem Ehrenfriedhof. Die Gedächtnisrede hielt Herr Kreisleiter Hans Bousardt. Der Redner führte etwa folgendes aus:

„Wir stehen hier auf dem Ehrenfriedhof. Vergiss, mein Volk, die teuren Toten nicht!
Heute weilen die Seelen der Brüder, die für uns gestorben sind, in Italien, Russland, in Sibirien Eisfeldern, in den Fluten des Meeres, bei uns.
Sie alle starben für das deutsche Vaterland.
Gleich und Gleich ruhen dort die langen Reihen der Braven, die für uns ihr Leben dahin gaben. Lernen wir aus diesen Gräberreihen, dass wir Deutsche sind.
Deutsche, gedenkt Eurer gefallenen Helden!“

Mit dem Lieder „Der Tote Kamerad“, vorgetragen vom Männer– Gesangverein „Hoffnung“, hatte die eindrucksvollen Feier auf dem Friedhof ihr Ende erreicht. Auf dem Marktplatz fand danach noch das Morgenkonzert statt, dass gegen 1:00 Uhr beendigt war.

Vor Beginn der Nachmittagsfeier fand auf dem Sportplatze noch ein Wettspiel der ersten Mannschaft Hennef gegen die erste Mannschaft Lobberich statt.

Gegen 3 Uhr traten die Vereine am Sittard zum großen Festzuge durch Lobberich an. Drei Herolde zu Pferde in schmucker mittelalterlicher Tracht eröffneten ihn. Dann folgten die einzelnen Gruppen und Vereine mit ihren Fahnen, es waren über 30 Gruppen. Auch verschiedene auswärtige Kriegsgeschädigten – und Kriegshinterbliebenen – Ortsgruppen hatte sich dem Festzuge angeschlossen. Er bot einen malerischen Anblick mit seinen vielen Fahnen. Auf dem Marktplatz fand die Begrüßung durch den Vertreter der Gemeinde, Herr Bürgermeister Eger, statt.

Er führte aus:

„Hochansehnliche Festversammlung!
Meine lieben Krieger!

Willkommen in der Heimat! Mit diesen Worten begrüße ich sie als Vertreter ihrer Heimatgemeinde nach beinahe zweijähriger Waffenruhe. Leider gestatteten die Zeitverhältnisse es nicht, sie eher zum Willkommensgruß zu versammeln und auch heute scheint mir die richtige Zeit zur wahren Freude noch nicht gekommen zu sein. Tiefes Weh geht durch unsere Herzen, wenn wir uns die Novembertage 1918, die Tage ihrer Heimkehr vor Augen führen. Wir wie hatten wir es uns so ganz anders gedacht, als die auszogen, als in jenen unvergesslichen Augusttagen des Jahres 1914 sich Deutschland starke Leib so mutig reckte. Feucht schimmert es uns vor den Augen, wenn wir ein jene, acht schon so fern scheinenden Tagen denken und damit die traurige Gegenwart vergleichen. Damals eine herzbewegende Begeisterung und ein zuversichtlicher Jubel, heute ein innerlich zerriissenes kaiserloses Vaterland. Fassungslos standen sie bei ihrer Heimkehr den ungeheuren Umwälzungen gegenüber, verständnislos blickten sie ins fremde Gesicht das so arg veränderten Vaterlandes.
So kehrten sie heim, ihr tapferen, treuen Krieger. Gerne hätten wir gesehen, wenn sie in Ruhe und Ordnung hätten heimkehren können. In stolzer Würde hätte dann das Vaterland das unvermeidliche Leid getragen aber auch dieser trotz blieb uns versagt. Wieso seid ihr nun heimgekommen, ihr müden Kämpfer, die uns über vier lange Jahre hindurch todesmutig geschützt haben. Wer kann es wagen, zu schildern, was sie an Jammer und Not alles erlitten? Mag der Ausgang des Krieges noch so traurig sein, so darf deswegen unsere große Dankesschuld an sie nicht um eine einzige Ziffer ausgelöscht werden. So war es uns nicht vergönnt, Sie bei Ihrer Heimkehr mit lauten Jubel zu begrüßen, aber wir müssen sie wenigstens willkommen heißen, Ihnen unsere Hände dankend entgegenstrecken, den kargen Bissen Brot mit Ihnen teilen und Ihnen voller Liebe in die teuren Augenblicken, die in den langen blutigen Jahren so oft dem Tode unseretwegen in´s Antlitz sahen.
Willkommen, ihr guten und treuen Kämpfer, willkommen, ihr lieben guten Soldaten! Die dankbare Heimat empfängt euch in ihrer großen Armut und bitteren Not mit aufrichtiger Liebe. Wir danken Ihnen für all Ihre mutigen Taten von denen noch die späteren Zeiten berichten werden. Wir danken Ihnen dafür, dass Sie unsere Heimat mit ihren Leibern beschützt haben. Es ist ein wunderschönes Ding um die Heimat. Das werden die armen Menschen gekostet haben, deren Heimat im Krieg zerstört worden ist. Da, wo die Kriegsfackel in einer Landschaft geloht hat, wo Städte und Dörfer in Schutt und Asche untergegangen sein, wo der einzelne Bewohner vergebens nach der Stätte seines früheren Hausfriedens sucht, wo trauernde Menschen ihre Lieben beweinen, da ist die alte Heimat gestorben.
Sie, meine lieben Krieger, haben mit kräftigen Armen die Grenze der deutschen Heimat beschützt und damit viel Leid und Weh von uns ferngehalten. Um das Kleinod deutscher Heimat haben sie gelitten und gestritten. Dafür weiß Ihnen die Heimat Dank.
Seid uns willkommen, ihr Kriegsbeschädigten, die im Kampf um die Heimat sie schwere Kriegsbeschädigungen und Verwundungen zugezogen.
Seid uns von Herzen willkommen, ihr doch teuren, armen Kriegsgefangenen, die ihr langer Gefangenschaft verharren musstet. Möge euch die wiedergebende Heimat alles bieten, um die traurige Erinnerung der Kriegsgefangenschaft bald zu vergessen.
Schmerzlich gedenkt heute die Gemeinde der teuren Heldensöhne, die ihr Herzblut für Deutschland Ehre und Größe hingegeben haben. Heute Morgen haben wir Ihnen Ihre auf dem Ehrenfriedhof gedacht. Mögen Sie in fremder, blutdurchtränkte Erde sanft ruhen. Ihnen ewiger, unauslöschliche Dank! In vielen Häusern ist es still geworden, das Liebste ist nicht wieder gekehrt. Arme deutsche Kriegerfrauen, wir teilen euren Schmerz, doch wissen, ihr seid die Frau eines Helden, das muss stark und groß machen, den Schmerz zu ertragen. Arme Soldatenkinder, die den Vater verloren! Seid tapfer mit eurer Mutter, gedenkt, dass ihr einen Helden zum Vater habt gehabt, dessen Heldentum zum Sterne eures Lebens werden soll. In eurer Tapferkeit seid gut gegen die Mutter.

Hochgeehrte Festversammlung!

In den unvergesslichen Augusttagen 1914 schrieb der Arbeiterdichter Heinrich Lersch: „Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen.“ Niemals in der ruhmreichen Geschichte unserer Nation ist diese Forderung so gebieterisch an uns herangetragen getreten wie heute, dann von der Gegenwart haben wir nicht viel zu erwarten. Was wir aber neu bebauen müssen und können, das ist: komme was da wolle, die Zukunft unseren Nachkommen. Ein Volk, das sich nicht aufgibt, ist nicht verloren, kann niemals verloren sein.

Die Geschichte gibt uns den Beweis. Irland lebt noch immer, Polen ist wieder auferstanden und Armenien hat eine fast jahrtausendalte Unterdrückung nicht aus der Geschichte der Völker zu löschen vermocht, weil es leben, weil es für eine ferne, aber bessere Zukunft arbeiten wollte. Deutschland muss sich mit dem eisernen Willen zum Leben wappnen. Das mag manchen fremd anmuten, aber uns bleibt keine andere Wahl. Wir wissen nicht, wie die Verhandlungen in Spaa weiterlaufen werden. Wir wissen nicht, ob sich eine Basis finden wird, um die Interessen der beiden großen Gruppen auszugleichen, aber eins wissen wir: Deutschland muss leben. Wir brauchen ein neues, ein hartes, nüchternes Geschlecht. Vielleicht werden es ihrer mehrere sein müssen, bis die Zukunft uns heller leuchtet. Es werden Geschlechter der Arbeit, des stillen lautlosen Heldentums sein müssen. Bei der Jugend müssen wir beginnen. Hart, nicht hartherzig, muss sie werden und nüchtern. Hart gegen sich selbst, damit sie nicht verzagt. Ein Volk, dass ich in Zucht nehmen will, muss hart wieder sich sein. Das hatte Deutschland der Zukunft, das aber Lebens willen in sich tragen muss, es wird arm sein, einfach und voll sittlicher Kraft.
Deutschland hat heute die freieste Verfassung der Welt im Sinne demokratischer Gesamtanschauungen. Aber nur ein hartes und nüchterndes Geschlecht wird es Kapital daraus schlagen, das darin verborgen liegt. Frieden nach ihnen und Frieden nach außen, harte und nüchternde deutsche Männer und Frauen. Nur so schreiten wir durch neue Tore in eine neue und bessere Zukunft. Denn nach uns kommen Generationen, denen wir die Wege bereiten müssen und die unsere Rechte sein werden. Das alte Deutschland, dass 1918 unterging, hat unser Geschlecht nicht retten können. So muss es jetzt die Grundlage für ein neues legen, in denen die kommenden Geschlechter wohnen können.
Versprechen wir in dieser Stunde, dass wir alle an dem Wiederaufbau betragen wollen, soweit es in unseren Kräften steht, denn gebieterisch dürfen unsere gefallenen Helden verlangen, dass sie ihr Leben nicht umsonst für uns hingegeben haben. Wenn wir dieses Gelöbnis halten, dann kann und darf Deutschland nicht untergehen. Dieses Land, so wunderschön, das wir lieben, für das wir arbeiten, es wird das bleiben, was es ist, unsere geliebte Heimat, die Heimat unserer Kinder.
Dieses herrliche Heimatland soll leben hoch und nochmals hoch und zum dritten Mal hoch!“

Nach der Auflösung des Zuges auf dem Marktplatz in verteilten sich die Festteilnehmer auf die einzelnen Lokale. Der Jubel und Trubel dauerte lange und manches Scherflein wurde noch für den Zweck des Festes gespendet. Im Großen und Ganzen verlief der so mühevoll vorbereitete Ehrentag für unsere Krieger recht glanzvoll.

Nachklänge zum „Ehrentag im Blumenflor“.

Von Mitgliedern der Kapelle der Oberrealschule Elberfeld– Süd lief eine große Anzahl Dankschreiben an ihre Gastgeber ein, in der für die geistliche Aufnahme in Poesie und Prosa gedankt wurde. Es würde zu weit führen, sie alle hier aufzuführen. Ein Mitglied der Kapelle, Herr Hans Drößler aus Barmen, sandte nachstehende „Dank an Lobberich“ mit der Bitte um Aufnahme in „Rhein und Maas.“:

Dank an Lobberich!

Lobberich, du kleine Perle,
In dem Lande über´m Rhein,
Seit von dir ich musste scheiden
Denk ich Tag und Nacht nur dein.

Deiner Menschen großer, wahrer
Liebe und Gastfreundlichkeit,
Die so gütig mich empfangen,
Denke ich zu jeder Zeit.

Denk voll Sehnsucht stets mit Bangen:
Wie wird es wohl weitergeh´n?
Lobberich, du kleine Perle,
Wann wird´ ich dich wiederseh´n?

Deiner Frauen Güte spüren;
Deiner Mädel Zärtlichkeit;
Deiner Männer gute Kräuer
In den Suff´s Gemütlichkeit.

Doch ich darf nicht weiterschreiben,
Werde sonst vor Sehnsucht krank…
Eins nur will ich nicht verschweigen:
„Meinen allerwärmsten Dank!“


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