Eisernes Buch
der Gemeinde Lobberich (1929)

- Höchstpreise und Preisprüfungsstellen. -

eisernes Kreuz

Für den Regierungsbezirk Düsseldorf wurde im Oktober 1914 eine Polizeiverordnung, betreffend das öffentliche Freihalten von Lebensmitteln, erlassen, Nach dieser musste jeder Händler und Gewerbetreibende, der die in der Polizeiverordnung aufgeführten Lebensmittel (Kartoffeln, Schwarzbrot, Graubrot, Weizenmehl, Roggenmehl, Schmalz, Butter, Hülsenfrüchte, Eier, Salz, Griesmehl, Hafergrütze, Zucker, Milch, Speck, Schweinebraten, Schweinefleisch, Schweinekotlette, Bratwurst, Leberwurst, Blutwurst, Schwartemagen, Fleischwurst) feilbot, den Preis derselben in einer für den Käufer deutlich erkennbaren Weise und zwar innerhalb des Verkaufsraumes und außerhalb desselben an der Türe oder an dem Fenster durch Anschlag bekanntgeben. Diese Verordnung des Regierungspräsidenten hatte ihren Grund in den auftretenden Preistreibereien, die an manchen Orten zur Festsetzung der Lebensmittelpreise durch die Behörden führten.
Nach dem Gesetz über die Höchstpreise vom 4. August 1914 war derjenige mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 10 000 Mark zu bestrafen, der die festgesetzten Höchstpreise überschritt und der einen anderen zum Abschluss eines solchen Vertrages aufforderte oder sich zu einem solchen Vertrage erbot. Es wurde nun häufiger versucht, die Bestimmungen des Gesetzes dadurch zu umgehen, dass neben dem eigentlichen Preise noch eine Provision verlangt wurde. Aber auch dieses Verfahren war verboten und zog gerichtliche Bestrafungen nach sich.

Auf Grund des §5  der Bundesratsverordnung am 25. September 1915 über die Errichtung von Preisprüfstellen und die Versorgungsregelung wurde für den Kreis Kempen folgende Verordnung erlassen:

§1.   Wer Gegenstände des notwendigen Lebensbedarfs (Lebensmittel) im Kleinhandel feilhält, ist verpflichtet, ein Verzeichnis dieser Gegenstände in seinem Verkaufsraum oder an seinem Vertriebsstande anzubringen
§2.   Aus dem Verzeichnis muss der genaue Verkaufspreis der einzelnen Waren sowie ein etwa vorgeschriebener Höchstpreis ersichtlich sein.
§3.   Die Preisankündigung im Verzeichnis gilt als Preisforderung im Sinne des §5 Absatz 1 Nr. 1 der Bekanntmachung gegen übermäßige Preissteigerung vom 23. Juli 1915 (R.G.Bl.S.467), so dass also mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 10 000 Mark bestraft wird, wer für die in dem Verzeichnis aufgeführten Gegenstände Preise fordert, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse, insbesondere der Marktlage, einen übermäßigen Gewinn enthalten.
§4.   Das Verzeichnis muss in einer für den Käufer deutlich erkennbaren Weise wir folgt angebracht sein:

  1. In Ladengeschäften durch einen von der Straße bequem lesbaren Aushang im Schaufenster oder in Ermangelung eines Schaufensters durch einen Anschlag an der an unmittelbar zur Straße führenden Ladentüre;
  2. Im Marktverkehr durch Aushang des Preisverzeichnisses am Verkaufsstand.

§5.   Soweit die Ortspolizeibehörde es für notwendig hält, muss außerdem noch der Preis für jeden einzelnen Gegenstand an jedem im Verkaufsraum zum Verkauf dastehenden Behälter (geöffnetem Fass, Korb, usw.) Der App deutlich angebracht werden, dass der Käufer auch ohne Befragung des Verkäufers den Preis sofort ersehen kann.
§6.   Die angekündigten Preise dürfen nicht überschritten werden. Die Abgabe der im kleinen Verkauf üblichen Mengen an Verbraucher zu dem angekündigten Preise gegen Barzahlung darf nicht verweigert werden.
§7.   Gewisse Ware, für die ein bestimmtes Gewicht vorgeschrieben ist, insbesondere Brot und Backwaren, müssen beim Verkauf dem Käufer vom Käufer selbst dann, wenn der Käufer dies nicht wünscht, vorgewogen werden.
§8.   Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Vorschriften werden mit Geldstrafe bis zu 150 Mark und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu 4 Wochen bestraft, sofern nicht andere Vorschriften schwerere Strafen androhen.
§9.   Diese Verordnung tritt mit dem 5. September 1918 in Kraft.

Kempen- Rhein, den 29. August 1918.
Die Preisprüfstelle für den Kreis Kempen- Rhein.

Vorstehende Verordnung bringe ich mit dem Bemerken zur Kenntnis der Geschäftsinhaber, dass in den nächsten Tagen die genaue Befolgung der Anordnungen von Geschäft zu Geschäft nachgeprüft und das Unregelmäßigkeiten keinesfalls geduldet werden.
Die Klagen über übermäßige Preisforderungen waren die Ursache zum Erlass der Verordnung. Durch die Preisaushänge ist dem Käufer die Möglichkeit gegeben, sich ohne Befragung des Verkäufers in zuverlässiger Weise davon zu überzeugen, welche Preise gefordert werden dürfen; die Preisverzeichnisse werden nämlich von der Behörde regelmäßig geprüft. Es ist nun Sache des Käufers, sich gegen Übervorteilungen zu schützen, dass er jede Preisüberschreitung unnachsichtig zur Anzeige bringt. Den Behörden ist es bei Überfüllung von Verordnungen unmöglich, mehr, als hier geschehen, zum Schutze des Käufers zu tun. Das Weitere muss der Selbsthülfe überlassen bleiben.

Lobberich, den 24. September 1918.
Der Bürgermeister.


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