Die Bongartzstiftung


Entwicklung der Stiftung  - Rechtliche Verhältnisse - Der Bongartzhof


1. Entwicklung der Stiftung

Geschwister Bongartz:

  • Heinrich Bongartz, geb.: 31.10.1810, gest.: 20.08.1896
  • Gertrud Bongartz, geb.: 30.10.1818, gest.: 01.11.1885
  • Maria Agnes Bongartz, geb.: 23.11.1826, gest.: 11.11.1906

Im Jahre 1893 hat Herr Johann Heinrich Bongartz über seinen Grundbesitz ein Grundbuch anlegen lassen. Etliche der heute noch im Besitz der Bongartzstiftung stehenden Grundstücke waren bereits damals im Grundbuch des Heinrich Bongartz eingetragen.
Johann Heinrich Bongartz setzte durch Testament seine ledige Schwester Maria Agnes Bongartz zu seiner Alleinerbin ein.

Mit Testament vom 01.10.1896 hat Frl. Maria Agnes Bongartz ihr gesamtes Vermögen (390.000 Mark) der damaligen Gemeinde Lobberich vermacht, mit der ausdrücklichen Bestimmung, dass das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen zur Errichtung und Unterhaltung einer wohltätigen Stiftung, nämlich zur Gründung eines Waisen- und Erziehungshauses für waise katholische Mädchen, welches im Hause Hochstraße 29 eingerichtet werden sollte, verwendet werde.

Bongartzstift
Bongartzstift

Gebäude Hochstraße 29
Das „Bongartzstift“ war als „Säuglingsheim“ über rund sechs Jahrzehnte in Lobberich ein Begriff.

Mit Zusatz vom 20.08.1901 wurde dieses Testament erweitert. Am 12.11.1906 ist Frl. Maria Agnes Bongartz verstorben. Die Gemeinde Lobberich hat anschließend das Testament angenommen und die Stiftung gegründet. Mit Notariatsvertrag vom 09.02.1911 wurde das gesamte Grundvermögen der Frau Bongartz auf die Gemeinde Lobberich übertragen. Im Jahre 1927 hat die Gemeinde Lobberich ein getrenntes Grundbuch für die Bongartzstiftung anlegen lassen.

Das schon erwähnte Wohnhaus der Familie Bongartz in Lobberich, Hochstraße 29, gehörte neben anderen Gebäuden und Grundstücken ebenfalls zur Erbmasse. Das zweigeschossige Backsteingebäude wurde Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet und ist mit Datum vom 16.02.1989 in die Denkmalliste der Stadt Nettetal aufgenommen worden.

STein über dem Eingang Hochstraße 29

Im Jahre 1909 wurde das Waisenhaus in dem Gebäude auf der Hochstraße eingerichtet und elternlose Kinder bis zu ihrem 14. Lebensjahr von den Münsteraner Franziskusschwestern, die auch im Krankenhaus tätig waren, betreut. In der Zwischenzeit war dem Haus eine Kinderbewahrschule angegliedert worden, außerdem wurden Haushaltungs- und Nähkurse angeboten. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1934 wurde die Stiftung "kassiert". Das Haus diente zunächst der Hitlerjugend, ab Kriegsbeginn 1939 dem weiblichen Reichsarbeitsdienst als Unterkunft, zu der auch Baracken auf dem "Stöppken" (heute von-Bocholtz-Straße) gehörten.

Das wertvolle Mobiliar, Tafelsilber und Bilder, werden 1934 "heimlich" dem Krankenhaus übergeben, damit dieses Vermögen nicht der Partei zufiel. Nach dem Krieg findet sich nur noch ein Teil davon wieder.

Im November 1945 wurde in dem Gebäude Hochstraße 29 eine Nähschule eingerichtet. Verpflichtet wurden dafür die Christkönigschwestern, die in der Pfarre schon als Caritasschwestern dienten. In den nach dem Krieg notdürftig hergerichteten Baracken wurde zeitweilig ein Kindergarten eingerichtet. Die endgültige Nutzung des Haupthauses blieb zunächst in der Schwebe, zumal da zwischenzeitlich Flüchtlingsfamilien untergebracht wurden. Ein Waisenhaus oder Altenheim einzurichten, erschien als wirtschaftlich nicht rentabel.

1951/1952 wurde das Heim erneut eröffnet. Allerdings wurde der Stiftungszweck den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst, so dass statt des Waisenhauses ein Säuglingsheim auf Vorschlag des Kreises eingerichtet werden konnte. An die Stelle der Christkönigsschwestern, die wegen Personalmangels gekündigt hatten, kamen DRK-Schwestern. Es konnten 45 Kinder aufgenommen werden. Nach und nach wurde der bauliche Zustand des Hauses verbessert, eine Liegeterrasse angebaut und eine Milchküche eingerichtet.

Die Umgebung des Bongartzstiftes veränderte sich. Teile des Stiftgartens und des Bongartzplatzes wurden zum Bau der Pavillonbauten, des Stöppkens, der Sparkasse und des Kinos im Jahr 1957 verkauft.

1961/62 wurden für 430.000 DM alte Gebäude abgerissen und durch neue ersetzt. Weil nicht genügend Säuglinge zugewiesen wurden, mussten die Pflegesätze ständig erhöht werden. Zum 01.04.1969 wurde das Bongartzstift in ein Säuglings- und Kinderheim umgewandelt, weil das Heim sonst nicht mehr bestehen konnte. Durch diesen Beschluss stieg auch wieder die Belegung. Doch nach Änderung der Zielsetzung der Jugendhilfe -Kinder sollten entweder bis zum 14. Lebensjahr im Heim bleiben können oder in Pflegefamilien untergebracht wer-den- musste über eine andere Nutzung verhandelt werden, da in diesem Falle eine Wirtschaftlichkeit des Heimes nicht mehr zu erreichen war.

Zum 01.01.1973 wurde die Stiftung in einen Eigenbetrieb der Stadt Nettetal umgewandelt.

Am 20.08.1973 wurde vom Rat beschlossen, im Haus von-Bocholtz-Str. 5 einen Kindergarten einzurichten. Diesem Beschluss ging die Überlegung voraus, dass die wörtliche Erfüllung des Stifterwillens nicht mehr möglich wäre und das Testament deshalb sinngemäß erfüllt werden solle. Mit der Stiftung wollte die Stifterin den betreuungsbedürftigen jugendlichen Menschen eine Betreuung zuteil werden lassen. Diese Aufgaben erfüllt auch ein Kindergarten.

Die Stiftung wird seit diesem Zeitpunkt mit dem alleinigen Zweck weitergeführt, in Lobberich einen Kindergarten zu unterhalten. Die Erträgnisse des Stiftungsvermögens dienen ausschließlich zur Unterhaltung dieses Kindergartens. Am 01.04.1975 wird der Kindergarten eröffnet.

Das Gebäude Hochstr. 29 wird für den Betrieb des Kindergartens nicht mehr benötigt. Nach umfangreichen Umbauarbeiten zieht am 01.04.1976 das Standesamt und am 01.11.1982 das Rechnungsprüfungsamt in dieses Gebäude ein.

Mit Vertrag vom 25.11.1974 überlässt die Bongartzstiftung der Stadt Nettetal eine wertvolle und antike Zimmereinrichtung. In der Zeit von 1975 bis 1999 ist das Bürgermeisterzimmer mit den schönen Möbeln eingerichtet. Nach dem Umzug in das neue Rathaus wird das Trauzimmer des Standesamtes mit den Möbeln eingerichtet.

Vom 01.10.1978 bis 30.06.1992 ist in der Tiefparterre des Kindergartens die Sozialstation des Caritasverbandes beheimatet.
Ab 01.10.1992 zieht die Kleiderkammer des örtlichen Caritasverbandes Lobberich in diese Räume ein.

Durch das Flurbereinigungsverfahren aus den Jahren 1984/85 wird der sich auf viele kleine Einzelparzellen verteilte Grundbesitz der Bongartzstiftung zusammengefasst. Im Sassenfeld erhält die Bongartzstiftung eine große und gut zu bewirtschaftende zusammenhängende Ackerfläche.

Am 11.10.1996 wird das 100-jährige Bestehen des Testamentes mit einer Kranzniederlegung, einer Messe und einem Empfang unter Beteiligung der Kinder des Kindergartens gefeiert.

Vor dem Hintergrund fehlender Kindergartenplätze im Stadtteil Lobberich werden im Jahr 1996 Überlegungen zum Bau eines 4-Gruppenkindergartens angestellt. Der bisherige Kindergartenstandort an der von-Bocholtz-Straße soll aufgegeben werden. Im Jahr 1998 ist der Bedarf auch durch die Errichtung zusätzlicher Kindergartengruppen im DRK-Kindergarten gesunken. Der Bau des 4-Gruppenkindergartens wird zurückgestellt. Bedingt durch den Neubau eines Rathauses wird ab Mitte 1999 die Nutzung des Gebäudes Hochstr. 29 durch die Verwaltung entfallen. Die Stiftungsleitung beginnt mit den Überlegungen über eine neue Vermarktung des Gebäudes.

Zum 20.08.1999 zieht die gesamte Verwaltung in das neue Rathaus. Mit Wirkung vom 01.09.1999 hat die Stadt Nettetal die Nutzung des Hauses Hochstr. 29 als Verwaltungsgebäude aufgegeben. Der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt Viersen möchte das Gebäude zur Einrichtung eines sozial-psychiatrischen Zentrums nutzen:

  1. Kontakt- und Beratungsstelle für psychisch Kranke und ihre Angehörigen
  2. Anlauf und Koordinationsstelle für den Bereich "Betreutes Wohnen für psychisch Kranke"
  3. Wohnmöglichkeit für 2 - 3 betreute psychisch Kranke

In der Sitzung vom 16.12.1999 beschließt der Verwaltungsrat die Verpachtung des Gebäudes an die Arbeiterwohlfahrt. Das Gebäude wird anschließend komplett saniert (Kosten ca. 250.000 DM). Zum 01.06.2000 wird die Beratungsstelle eröffnet. Am 03.11.2000 wird das neue Sozialpsychiatrische Zentrum (SPZ) er-öffnet.

Am 20.05.2000 feiert der Kindergarten mit einem großen Fest sein 25-jähriges Bestehen.


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2. Rechtliche Verhältnisse

Die Bongartzstiftung in Nettetal wird seit dem 01.01.1973 in Anwendung der §§ 93 ff der Gemeindeordnung für das Land NW und entsprechend den Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung geführt.

Die Bongartzstiftung ist eine örtliche Stiftung im Sinne des § 87 der GO NW und wurde bis zum 31.12.1982 als ausgegliedertes Sondervermögen nach den Grundsätzen der kaufmännischen Rechnungslegung getrennt verwaltet. Sie stellt ein wirtschaftliches Unternehmen der Stadt Nettetal ohne eigene Rechtspersön-lichkeit dar.

Die Bongartzstiftung wird gemäß Ratsbeschluss vom 25.03.1982 ab 01.01.1983 in Form eines Unterabschnittes im städtischen Haushalt mit kameralistischer Buchführung geführt.

Die Arbeit der Bongartzstiftung basiert auf folgenden Grundlagen:

a.) Testament vom 01.10.1896,

b.) Satzung der Stadt Nettetal für die Bongartzstiftung in Nettetal vom 29.11.1982,

c.) Geschäftsanweisung für die Stiftungsleitung der Bongartzstiftung in Nettetal


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3. Der Bongartzhof

Zur Finanzierung der Stiftungsaufgaben brachte Agnes Bongartz auch einen Bauernhof im Sassenfeld in das Stiftungsvermögen ein.
„Niemals“ dürfe der „Ackerhof im Sassenfeld mit dazugehörenden Ländereien, Garten, Wiesen und Büschen (...) veräußert werden“

Mit notariellem Pachtvertrag vom 08.01.1903 hat Frau Agnes Bongartz den Bongartzhof an Herrn Heinrich Schmitz verpachtet. Der Pachtvertrag wurde am 04.04.1919 verlängert. Zu diesem Zeitpunkt waren an Herrn Schmitz neben den Hof- und Gebäudeflächen und dem Hausgarten ca. 11 Morgen Grünland und 54 Morgen Acker verpachtet. Im Jahre 1930 war der Grundstücksbestand schon auf 57 Morgen Ackerland und 25,5 Morgen Grünland und 2,5 Morgen Holz aufgestockt.

Nach dem Tode des Herrn Heinrich Schmitz am 29.08.1923 heiratete die Mutter des heutigen Altpächters den Landwirten Johann Borghs, der den Bongartzhof weiter bewirtschaftete.

Im Jahre 1946 hat der jetzige Altpächter, Herr Heinrich Schmitz, den Hof übernommen. Zum Hof gehörten damals ca. 85 Morgen Land.

Im Dezember 1977 ist Herr Heinrich Schmitz aus dem Pachtverhältnis ausgeschieden. Der Bongartzhof wird seit dieser Zeit vom Sohn des Altpächters, Herrn Heinz Schmitz, bewirtschaftet. Die Familie Schmitz bewirtschaftet also schon in der 3. Generation den Bongartzhof und in allen 3 Generationen hießen die Pächter mit Vornamen Heinz. Der Hof umfasst derzeit ca. 130 Morgen Land.


Straßenbezeichnung "Am Bongartzstift"

Im Zuge der Erschließung der Ludbachpassage wurde die Straßenverbindung von der von-Bocholtz-Straße her benannt in Link "Am Bongartzstift".


Aktuelles:

  • Link28. Februar 2009: Stiftung spielt nicht mit
    (Stadt benötigt Stiftungsgelände für Neuplanumg im Zusammenhang mit der Kaufland - Ansiedlung)
  • Link 24. September 2019: Stiftung trennt sich vom Bongartzhof
    „Niemals“, hatte Maria Agnes Bongartz in ihrem Testament vom 1. Oktober 1896 verfügt, dürfe der „Ackerhof im Sassenfeld mit dazugehörenden Ländereien, Garten, Wiesen und Büschen (...) veräußert werden“, als sie ihr gesamtes Eigentum der Gemeinde Lobberich vermachte, damit diese in ihrem Wohnhaus Hochstraße 29 ein Waisen- und Erziehungshaus für katholische Mädchen einrichte.
  • Link 24. September 2019: Der Bongartzhof soll verkauft werden
    Das „Niemals“ im Testament bezog sich einst auch auf andere Grundstücke/Häuser im Sassenfeld und im Flothend; von diesen hat sich die Stiftung in den 1970er Jahren getrennt, so dass Bürgermeister Wagner keinen eklatanten Verstoß gegen das Testament erkennen konnte: „Der Stiftungszweck ist aus dem Hof nicht mehr erfüllbar.“

Weitere Stiftungen in Lobberich:

  • Link Van der Upwich-schleß'sche Stiftung (Altenhilfe, Hilfe für Behinderte und mildtätige Zwecke)
  • Link Doerkesstiftung (Altenpflege)
  • Link Antoniusstiftung (Sozial) und Sebastianusstiftung (Kirchen und andere pfarrliche Gebäude)