ROKAL:

Geschichte ROKALs in Lobberich

Giesser

Die Fa. ROKAL (1914 (ab 1927 in Lobberich) - 1974)

Im Jahre 1927 siedelte das "Guß-Armaturenwerk Robert Kahrmann & Co." von Düsseldorf nach Lobberich über und begann recht bescheiden in den früheren Ställen und Remisen, die zum Haus Erlenbruch gehörten, die Produktion von Druckgruß- und Stanzteilen und Armaturen. Das Haus hatte die Familie Kahrmann mit den Nachfahren von Julius Niedieck gegen ein Gut in Arcen im benachbarten Holland getauscht.

Ende der 1930er Jahre bot die Firma „Robert Kahrmann & Co.“ bereits ein komplettes und umfangreiches Programm für Gas- und Sanitäramaturen an. Die Fertigung erfolgte komplett im Haus, angefangen vom Kokillenguss über die Montage, der Endkontrolle bis zur Verpackung. Die Produkte wurde damals unter dem Namen ROKA für RObert KAhrmann vertrieben. Diese Bezeichnung hat sich jedoch nicht durchgesetzt und ist bis heute weitgehend unbekannt. Bereits im Jahr 1937 wurde der typische ROKAL-Gießer im ovalen Firmenlogo verwendet. Das ROKAL-Emblem zeigt zwei Arbeiter beim Gießvorgang sowie die Initialen R K. Noch heute befindet sich dieses Logo an der Wand einer Werkshalle an der Robert-Kahrmann-Straße.

Dass eine Endkontrolle der Produkte zur damaligen Zeit anscheinend nicht selbstverständlich war, wird anhand der ersten Seite aus dem Katalogs aus dem Jahr 1937 ersichtlich. Hier steht: Alle Armaturen, welche dem Wasser- oder Gasdruck unterliegen, werden auf dem Prüfstand auf Brauchbarkeit genaustens untersucht. Für die Qualität seiner Produkte bürgte Robert Kahrmann mit seinem Namen, da er die Kataloge handsignierte.

Der Lobbericher Max Haas, von vielen „Onkel Max“ genannt, war zwischenzeitlich Privatdozent an der TH Aachen und gleichzeitig Leiter der Aluminiumzentrale Berlin geworden. Mit seiner Heimatstadt Lobberich war er eng verbunden. In seinem Haus in Berlin trafen sich all jene Lobbericher, Breyeller und Hinsbecker, die es dorthin verschlagen hatte. Auch Prof. Werner Jaeger gehörte zum Freundeskreis von Prof. Dr. Haas und besuchte die regelmäßigen Zusammenkünfte im Hause Haas.

Während des zweiten Weltkriegs wurde die Firma Robert Kahrmann in die Produktion kriegswichtiger Güter einbezogen. Allerdings gibt es nur wenige Dokumente aus dieser Zeit, da alles streng geheim war und nach dem Krieg fast alle Unterlagen vernichtet wurden. Gesichert ist, dass Zünder oder Zündergehäuse aus Druckguss und Stanzteile gefertigt wurden. Die Stammbelegschaft bestand aus etwa 20 Personen. Hinzu kamen nochmals 20 Zwangsarbeiter aus Russland und Polen, die in eigens gebauten Baracken untergebracht waren. Diese dienten noch Jahre nach dem Krieg als technisches Büro, Kantine und Krankenstube. Schon während des Krieges gab es eine Verbindung zur Deutschen-Vergaser-Gesellschaft DVG in Berlin und eine Zusammenarbeit mit den dortigen Mitarbeitern Prof. Pierburg und Paul Schönefeld. In Lobberich wurden Vergasergehäuse aus Druckguss gefertigt und nach Berlin geliefert, wo die Endmontage stattfand.

Auch die Nachrichten, die Prof. Dr. Max Haas aus Berlin mitbrachte, verhießen nichts Gutes. Als Mitglied des Oberkommandos der Wehrmacht und Wehrwirtschaftsführer kannte er viele Details über die wirkliche Lage. In dieser Zeit rief Hitlers Rüstungsminister Speer eine Geheimkonferenz der Wirtschaftsführer ein und erklärte: „Meine Herren, der Krieg ist längst verloren. Wir stehen vor der völligen Vernichtung unserer Industrie! Retten Sie, was zu retten ist. Bringen Sie ihre wichtigsten Unterlagen, Konstruktionszeichnungen und Forschungsergebnisse an mehreren Stellen im Reich in Sicherheit. Aber nicht nach Osten über die Oder und nicht nach Westen über den Rhein. Mehr kann ich nicht mehr tun! Alles Gute!

Prof. Haas und Bernhard Pierburg waren zu dieser Schicksalssitzung eingeladen und handelten. Haas beschwor nun Pierburg entgegen der Speerschen Meinung, nach Westen über den Rhein zu gehen und alle wichtigen Unterlagen im Hause seiner Mutter in der Kempener Straße in Lobberich einzumauern. Die Unterlagen der Solex-Vergaser-Fabrikation konnten trotz des Bombenkrieges nach Lobberich gebracht werden.

Die Firma „Robert Kahrmann & Co.“ blieb vom Krieg verschont und die Maschinen wurden von den Besatzungsmächten nicht demontiert. Trotz Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung lief die Produktion bald nach Kriegsende wieder auf Hochtouren und Anfang 1946 wurden 60 Personen beschäftigt. Produziert wurden neben sanitäre Armaturen auch Druckknopfspüler für Toiletten und Rasierapparate aus verchromtem Zinkblech. Zu dieser Zeit trat Werner Grodde, einer der späteren Schwiegersöhne Robert Kahrmanns, in die Firma ein. Ihm verdankt die Firma den wirtschaftlich größten Erfolg im Bereich der Armaturenfertigung.

Robert Kahrmann suchte 1949 einen kurzen griffigen Namen für seine Firma und deren Produkte. In Anlehnung an die Produktbezeichnung ROKA aus den 1930er Jahren entschied er sich für den Namen ROKAL, bei dem neben seinen Initialen RObert KAhrmann noch der Standort der Firma, Lobberich einbezogen wurde. Der Firmenname wurde zunächst von „Robert Kahrmann & Co.“ in „ROKAL GUSS- und ARMATURENWERK GmbH“ geändert. Ab 1953 hieß die Firma nur noch „ROKAL GmbH“.

Durch die explosionsartige Entwicklung des Unternehmens in allen Produktionsbereichen war das ehemalige Firmengelände in den früheren Remisen und Ställen von Haus Erlenbruch mittlerweile viel zu klein geworden und so entstand im Laufe der Jahre an der Bruchstraße, heute Robert-Kahrmann-Straße ein weitläufiges Firmenareal von etwa 100.000 Quadratmeter Fläche.

Die Finanzkraft, die sich aus den erfolgreichen Unternehmensbereichen ergab, ermöglichte den überaus schnellen Aufbau einer Modelleisenbahn Abteilung. Ein gewisser Eugen Engelhard hatte Robert Kahrmann 1946 dafür begeistern können und so wurden alle technischen und personellen Grundlagen geschaffen, aus dem Nichts eine konkurrenzfähige Modellbahn zu produzieren. Bei allem spielerischen Ambiente - in jedem Mann steckt ein Lokomotivführer - standen für Robert Kahrmann die wirtschaftlichen Aspekte im Vordergrund.
Das „Bähnchen“, wie es von den ROKALern liebevoll genannt wurde, sollte nach einer Anlaufphase profitabel sein.

(Manfred Albersmann)

Nachtrag:

Nach dem Konkurs 1974 und dem Weggang der Nachfolgerfirma Logo Pallas/Pierburg/Rheinmetall 2014 wurde 2023 beschlossen, das Areal für eine Wohnbebauung umzuwidmen.


Logo Die Geschichte der ROKAL GmbH von Manfred Albersmann
Erweiterte Onlineversion des Buches


Weiterführende Links

  • 1957: Lobberich ehrte Robert Kahrmann. Bruchstraße heißt jetzt "Robert-Kahrmann-Straße"
  • 1964: Ein Portrait der Firma Rokal: Vom Autovergaser bis zur Modellbahn,
  • Logo gemeinsame Geschichte mit Pierburg (Vergaserbau)
  • Eisenbahn: Rokal dementiert Verkaufsgerüchte 1969