Rollup - Serie des Lobberland e.V.

Erzbischof Everger tauscht "lubbruch"

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Lobbericher Geschichten
                                                       

In der "fundatio" der Mönchengladbacher Benediktinerabtei St Vitus wird beschieben, wie es zu seiner Gründung kam:
Gero, Erzbischof von Köln, hatte nach langer Suche einen geeigneten Platz für das Kloster im heutigen Mönchengladbach gefunden.

Sein Nachfolger Everger - 985-999 Erzbischof von Köln - holte schon bald nach seinem Amtsantritt i. J. 985 deren Abt Folrad und seine Mönche nach Köln in die Abtei Groß St. Martin. Der Legende nach gelang es St. Vitus selbst, Erzbischof Everger - im Traum und unter Androhung des Höllenfeuers - umzustimmen.
Everger versprach also, das Gladbacher Kloster in Ehre wieder herzustellen.

Everger auf dem von ihm gestifeteten Evangeliar
Erzbischof Everger

Dafür galt es, den vollen Besitz der Abtei und Umgebung sicherstellen.
Für die Seelsorge hier war der Bischof von Lüttich, Notger, zuständig. Um alle Befugnisse für Gladbach und Rheydt zu bekommen, musste dieser entschädigt werden. Die Urkunde, die dieses Geschäft im ersten Jahrtausend dokumentiert, ist nicht überliefert, es gibt aber einen Bericht aus dem 12. Jh.: Eine "Predigt über die Entdeckung der Reliquien der Heiligen Vitus, Cornelius, Cyprian und anderer in (Mönchen)gladbach", lateinisch: "Sermo in inventione reliquiarum sanctorum Viti, Cornelii, Cypriani et aliorum in Gladebach"
Das sog. Brüsseler Manuskript, in dem diese Predigt zu finden ist, befindet sich im Archiv der Weblink Bollandisten in Brüssel, einer Gemeinschaft, die sich dem Sammeln und wissenschaftlichen Bearbeiten von Heiligengeschichten verschrieben hat.

Brüsseler Handschrift
Brüsseler Handschrift mit der Predigt
Sermo in inventione reliquiarum sanctorum Viti, Cornelii, Cypriani et aliorum in Gladebach
Sermo in inventione reliquiarum sanctorum Viti, Cornelii, Cypriani et aliorum in Gladebach
Predigt über die Entdeckung der Reliquien der Heiligen Vitis, Cornelius, Cyprian und anderer in Gladebach

Oben rechts auf der rechten Seite - zu erkennen am eingezogenen Absatz links - ist zu lesen:

 

Text
(Auszug, Hervorhebung: Lobberland e.V.)

Latein:

Inte(r)a haut sec ac voverat reparando monasterio

pontifex instabat.

.

q(uo)d, q(u)a festinato p(er)ficere studuit,

cu(m) nullo ornatu, sicut e(st) hodie, p(er)fecit.

.

S(ic) et pa(r)rochia(m) non distulit mutuare.

p(ro) duab(us); eccl(es)iis; id est gladebach et reithe,
donans tres. tieglon, lubbruch et vennelon.

Deutsch:

Dann hatte er keineswegs (nur) feierlich versprochen, das Kloster zu erneuern,

sondern der Bischof (Everger) trieb (diese Erneuerung auch) voran.

Da er sich um schnelle Vollendung bemühte,

vollendete er sie ohne die Verzierungen, wie sie heute (vorhanden) sind. (Heute = bei Entstehen der Predigt)

Und tatsächlich: er hat (auch) nicht gezögert, die Pfarrei zu tauschen:

für zwei Pfarren - es ist Mönchengladbach und Rheydt -
gab er drei: Tegelen, Lobberich und Venlo.

Also - kurz und knapp:
Der Bischof (Everger) trieb, wie er's (dem hl. Vitus) versprochen hatte, die Erneuerung des Klosters voran. Weil es schnell gehen soll, geschah das zunächst schmucklos. Für die Pfarreien Mönchegladbach und Rheydt tauschte er dabei - drei für zwei - Lobberich, Venlo und Tegelen.

Der lat. Text betont dabei, wie tatkräftig der Erzbischof hier vorgeht:
Everger meint es ernst: "er redet nicht nur - er zieht's durch, er beeilt sich dabei, verzichtet erstmal auf (unnötigen?) Schmuck und bezahlt (mit 3 für 2 Pfarren) eigentlich auch zu viel."

Vor diesem Hintergund kann man annehmen, dass Lobberich und Tegelen seinerzeit ähnlich bedeutend gewesen sein müssen wie Venlo Rheydt und Mönchengladbach.


Die erste urkundliche Erwähnung mag also 1.000 Jahre zurückliegen, die eigentliche Urkunde existiert aber heute nicht mehr.
Was erhalten ist, berichtet in einer Predigt gut ein Jahrhundert später von dem - sicherlich seinerzeit auch beurkundeten Geschäft.

Lobberich feierte das Jubiläum seines Bestehens 1988 mit einem Pontifikalamt
(mit den Bischöfen der beteiligten (Erz-)Bistümer), einem Festzug und einem historischen Markt:

Logo 1000 Jahre

Das Ende der Pfarre Lobberich 2025

Im 21. Jahrundert verstärkt sich der nach den 1970er Jahren aufgetretene Priestermangel deutlich. Da nach katholischer Auffassung an der Spitze einer Pfarre immer ein vom Bischof eingesetzter, und diesem Gehorsam schuldigen, Priester stehen muss, werden in den Bistümern in Deutschland die Pfarren reduziert. So auch in Aachen: aus 326 Pfarreien (2024) sollen nur acht Pfarrgemeinden übrig bleiben.

Mit Dekret vom 08. November 2024 hat der Bischof von Aachen zum 01.01.2025 den Pastoralen Raum Nettetal/Grefrath, bestehend aus der Kirchengemeinde St. Benedikt Grefrath und – noch – den sieben Kirchengemeinden in Nettetal errichtet.
Plan des Bischofs ist, dass der Pastorale Raum Nettetal/Grefrath ab 01.01.2026 nur noch aus zwei selbständigen Kirchengemeinden besteht.
Das bedeutet, dass die sieben Kirchengemeinden bis dahin fusionieren müssen. Freiwillig zugestimmt hatte der Pfarrgemeinderat Lobberich im Jahr 2005 noch der Bildung einer Weblink "GdG" Nettetal - wohlgemerkt als "Zusammenschluss rechtlich selbständig bleibender benachbarter Pfarrgemeinden zur Koordination und verbindlichen Form der Kooperation der Pastoral durch wechselseitige Anregung, gemeinsame Planung und gegenseitige Hilfe".
Die Institution "Pfarrgemeinderat" wurde 8 Jahre später als beschließendes Gremium mit "Anteil an der Gemeindeleitung" vom Bischof abgeschafft.

Die über 1000-jährige Geschichte der Pfarrgemeinde St. Sebastian, Lobberich endet also zum 31. Dezember 2025 - ebenso die der Gemeinden St. Anna, (Schaag), St. Lambertus, (Breyell), St.Peter, (Hinsbeck), St. Lambertus, (Leuth), St. Clemens, (Kaldenkirchen) und St. Peter und Paul, (Leutherheide).


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