Die Hagelkreuzkapelle
von Max Zanders
Die Hagelkreuzkapelle im Schatten des Wasserturms wird seit 1965 von der Straßengemeinschaft Stein/Hagelkreuzstraße gepflegt. Im Jahre 1989 wurde die Kapelle in wochenlanger Eigenleistung komplett saniert. Mit einer Messe und einem Nachbarschaftsfest wurde im Jahr 1990 das 350-jährige Bestehen der Hagelkreuzkapelle gefeiert. Im gleichen Jahr hat Max Zanders im Pfarrbrief den historischen Hintergrund der Hagelkreuzkapelle beschrieben:
Pastor Pricken berichtet zum Jahr 1640, dass im Beisein der Adligen Johann und Ägidius von Bocholtz, des Pastors, der Schöffen und Geschworenen aus Lobberich, der Landmesser von Dülken den Platz am "hagel Crutz" besichtigt habe, um ihn, "welcher jahrlichs mehr und mehr abgebouwet und verkleinert worden", neu einzupfählen.
"...nach alter leuth memoria und kundtschafft" sei der Boden auf dem das Kreuz stünde vom "heithausen gutt", das Creutz aber erbauwet von die Erbgenamen des hauses Bocholtz" (Kirchenbuch S. 17, Eintragung des Pastors Norbert Pricken zum 6. Juni).
Aufgrund dieser Eintragung müssen wir folgern, dass unser Hagelkreuz am Wasserturm, zu dem alljährlich Bittprozessionen führten, schon vor 1600 errichtet wurde. Die höhergelegene Stelle lag am Kirchweg der Herren von Bocholtz. Gut Heythausen liegt bekanntlich ganz in der Nähe im Schutz der Erdterrasse.
Wer daran interessiert war, den Betplatz zu verkleinern, erfahren wir nicht.
Diese Eintragung des Pastors Pricken führt uns in die Zeit, in der die Bewohner des Kirchspiels größte körperliche Not zu erleiden hatten, hatte doch 1635 die Pest gewütet und in 1 ½ Jahren 700 Menschen dahingerafft.
Vom 1.5.1636 bis 13.1.1639 hatten die protestantischen Holländer, deren Truppen in dieser Zeit das Heft in der Hand hielten, jede katholische Religionsausübung untersagt, so dass der Pastor seine Gläubigen an Sonn- und Feiertagen ins Jülicher Breyell in Haus Waldo(i)s bei der Nelsenmühle (am Übergang vom Breyeller See zum Windmühlenbruch) zum Gottesdienst rief. Als auch dieses verboten wurde, folgte Lobberich seinem Pastor des Sonntags und an Feiertagen ins Kreuzkloster nach Dülken und danach wieder nach Breyell.
Wie muss es die leidgeprüften Lobbericher erschüttert haben, als dann am 4. April 1640 ein heftiges Erdbeben den Ort erschütterte (zum Vorstehenden s. A. Fahne, Die Dynasten von Bocholtz, Ausgabe 1863, II, S. 286).
Bittprozessionen an den 3 Tagen vor Christi Himmelfahrt haben eine frühkirchliche Wurzel und wurden auf der Kirchenversammlung von 813, die 1 Jahr vor dem Tod Karls des Großen in Mainz stattfand, den Gläubigen sehr ans Herz gelegt: Alle sollten sie begleiten, und zwar (mit Ausnahme der Kranken) barfuß und in Bußkleidern. Man erkennt, dass die Bittgänge vom Ursprung her auf Abwendung von Not, die auch durch menschliche Schuld verursacht war, gerichtet waren. Man darf davon ausgehen, dass unsere Vorfahren um 1640 für diesen Zusammenhang eine durch Erlebnisse im Dreißigjährigen Krieg geschärften Sinn hatten. Erst als die Kriegsnot mit Elend, Krankheit und Tod an Bedeutung nachgelassen hatte, wurde das Gebet um Schutz vor "Pest, Hungersnot und Krieg" auf die Bitte um eine gute Ernte - bewahre uns vor "Hagel, Blitz und Unwetter" - eingeengt.
Es ist noch zu bemerken, dass unser Hagelkreuz in Lobberich die älteste schriftlich genannte Gebetsstätte in der Feldflur ist, die schon vor der Rochuskapelle im Sassenfeld (Dreißigjähriger Krieg) und der Eremitage an der Düsseldorfer Straße (1744 erbaut) bestand.
Rektor Josef Budde rechnete ein Kreuz, das dort gestanden habe, wo später das Hagelkreuz aufgestellt wurde, zu den sogenannten 7 Fußfällen.