Weltweit die einzige Kleinstadt mit authentischem
Gaslicht seit 1887:
Gaslicht in Lobberich:
Abschied vom Gaslicht? 2009-2011
Übersicht
Fragen und Antworten für Skeptiker
Streit um das Gaslicht - seit 1887
Vision: Vermarktung und Würdigung des Gaslichtes
Kulturelle Überlegungen
Kleine Geschichte der Lobbericher Gasversorgung als erstes Zeichen des Fortschrittes
Der Stadtplanungsausschuss bekräftigte am 20. Mai 2010 den Beschluss, auch an der Brabanter Straße das Gaslicht zu entfernen. Dieser Entschluss wurde Anfang November durchgezogen.
Quellen:
Pressemeldung der Stadtverwaltung
Lobberland e.V. sieht interessanten
Gesprächen entgegen.
Trauriger Anblick...
Argumentation: LEDs sind effizienter - Gaslaternen müssen weg.
Die von Verantwortlichen gebetsmühlenartig wiederholten Hinweise auf
die Energieeffizienz von LEDs wird einer Gasbeleuchtung entgegen gehalten,
deren techno-kulturelle Bedeutung nicht einmal Erwähnung findet. Lieber
setzt man auf eine neuartige Technik, die den Nachweis der Langlebigkeit
noch gar nicht erbringen konnte. Stadtwerke und Verwaltung sprechen von
theoretischen 15-20 Jahren,
in Düsseldorf geht man von nur 11 Jahren aus.
(Link) Gaslaternen müssen häufiger gewartet
werden. Dies danken sie mit Langlebigkeit: 100 Jahre alte Gaslaternen sind
dagegen keine Seltenheit.
Die Politik nahm bisher Kenntnis, winkte durch und konnte sich - auch nach
neuen Erkenntnissen - nicht zu einer Revision dieser Entscheidung durchringen.
5 der wenigen Gaslaternen, die Lobberich noch "besitzt" (1) wurden bereits demontiert - am 20. Mai wurde der Abriss der Laternen Brabanter Straße bestätigt, Anfang November vollzogen.
Allerdings: Neben Lobberich ist weltweit kein kleinstädtischer Ort bekannt, in der noch authentisches Gaslicht an geschichtlicher Stelle betrieben wird. (Zahlen zur Verbreitung hier: )
Zur Bedeutung der Gaslaternen:
In
Düsseldorf
und Berlin schlagen die Wogen hoch: Ganze
Bürgerbewegungen
setzen sich für den Erhalt der Gasbeleuchtung ein. Eine Eintragung der
Düsseldorfer Laternen in die UNESCO - Liste des Weltkulturerbes wird
angestrebt.
Bei uns wurden die meisten Gaslaternen bisher scheinbar nebenbei entfernt. Dass auch Gebrauchsgegenstände wie Straßenlaternen schützenswerte Kulturgüter sein können, (2) war den Wenigsten bewusst. Hätte man Opas Auto aus den 50-er Jahren heute auch wegen des Spritverbrauches verschrottet?
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Ein Stadtverordneter, der den Beschluss 2009 mitgetragen hatte: "Wir haben da nicht drüber nachgedacht".
Nach einem Hinweis an die Denkmalschutzbehörde wurde von Seiten der Verwaltung der Abriss Brabanter Straße zunächst gestoppt. Auf der letzten Sitzung des Stadtplanungsausschusses wurde der Beschluss aber bekräftigt. Immerhin sollen die Leuchten jetzt pfleglich behandelt und für eine Verwendung an anderer Stelle eingelagert werden, gleichzeitig wurde deutlich, dass nun auch die letzten Laternen an historischer Stelle (sie sind es, die Lobberich einzigartig machen) zur Debatte stehen:
Die entsprechende Pressemeldung spricht nun davon, dass
"vor einem Gespräch" mit der Gaslicht - Initiative keine
weiteren Leuchten entfernt werden sollen. Abgebaute Laternen sollen eingelagert
werden.
Wohlgemerkt: vor der Ausschusssitzung war von offizieller Seite von weiteren
Leuchten (anderen Straßen) gar nicht die Rede.
- Was plant man also für die Zeit nach den Gesprächen?
- Soll in diesen Gesprächen die Verantwortung für das Kulturelle Erbe jetzt denjenigen übertragen werden, die die Öffentlichkeit aufgerüttelt und auf eine soche Verantwortung hingewiesen haben? Der Hinweis auf Sponsoren ist überdeutlich: Es soll in den Gesprächen um "Erhaltungsmöglichkeiten insbesondere Sponsoring" gehen!
- Eigentum verpflichtet. Verpflichtet auch Eigentum an Gaslaternen?
Es besteht also weiter die Gefahr, dass die letzten Zeugnisse der für Lobberich so bedeutenden Epoche der Industrialisierung verschwinden. Spätestens, wenn Versorgungsleitungen erneuert werden müssen, werden die Gaslaternen wohl wieder zur Debatte stehen.
Argumente "Gas als Beleuchtungstechnik"
Was bisher geschah:
Ein Großteil der Gasbeleuchtung ist Straße für Straße abgebaut worden ohne dass dies zu Protesten geführt oder nur diskutiert worden wäre. Jetzt dürfte jedem Interessierten die Bedeutung der Laternen bekannt sein und immer noch geht es um die letzten Reste dieser Technik und damit um einen evtl. endgültigen Abschied. Allerdings: inzwischen formiert sich Widerstand.
Denn von einem technisch notwendigen Abriss der Gaslampen, wie es noch vor wenigen Wochen geheißen hat, kann nach einer ersten Einschätzung nicht die Rede sein. Andreas Meßollen, anerkannter Experte des Vereins ProGaslicht e.V. attestierte bei einer stichprobenartigen Sichtprüfung der Technik in diesen Leuchten am Windmühlenweg eine grundsolide, gepflegte Technik. Auch die Leuchten seien in einem guten Gesamtzustand. Wer wolle, könne die innere Technik durch noch modernere, noch wartungsärmere ersetzen, aber "es besteht keine Not, die wegzureißen".
Jede Umrüstung bedeutet Investitionen. Was also jetzt elektrifiziert wird, ist auf Jahrzehnte (Amortisation der Investition) weg.
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Politik:
Im Herbst 2009 wurden die Mitglieder des Stadtplanungsausschusses dahingehend informiert, dass die Gaslaternen am Schulzenburgweg/Brabanter Straße nicht mehr "auf dem Stand der Technik" seien. (Protokoll) Offensichtlich waren Instandhaltungsmaßnahmen (4) an den Laternen erforderlich geworden.
Ein Erhalt der Gaslaternen scheint schon zu dieser Zeit nicht im Blick der Verantwortlichen gewesen zu sein. Eine Reparatur evtl. beschädigter Teiele wurde nicht (schon gar nicht öffentlich) diskutiert. Es wurde lediglich deren Abbruch der Gasleuchten und Ersatz durch LED - Leuchten (3) bekanntgegeben: Die gewählten Vertreter des Stadplanungsausschusses nahmen das zur Kenntnis. Mit Blick auf die versprochenen Einsparungen (3) auch "zustimmend".
Eine Diskussion zum pro/kontra habe es nach übereinstimmenden Berichten aus dem Ausschuss nicht gegeben. Die kulturhistorische Bedeutung der Leuchten wurde nicht angesprochen. Man hatte diesen übereinstimmenden Berichten zu Folge eher den Eindruck, informiert zu werden, nicht aber, dass eine Entscheidung gefordert sei. Die Vorlage wurde durchgewunken und trotz ersten Hinweisen auf den Wert der Leuchten für Lobberichs Geschichte im Mai 2010 bestätigt.
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Bürger:
Die Anwohner der Brabanter Straße erfuhren 4 Wochen später aus der Zeitung vom 22. Oktober von den Plänen - Sie durften lediglich "zur Kenntnis nehmen", auch taten sie es nicht "mit Zustimmung". Von Seiten der Stadtverwaltung (5) wurde hierbei zunächst die Zeitung und dann erst die Betroffenen informiert. Der Brief, der den Anwohnern die Beteiligung an den Kosten ankündigte, trägt das Datum der Veröffentlichung durch die Zeitung.
Es heißt darin lediglich,dass "die vorhandene, mit Gas betriebene Straßenbeleuchtung altersbedingt ausgetauscht werden" müsse.
Wie der Austausch von Kulturgut Andere zur Kostenbeteiligung zwingt:
Wenn so verfahren wird, dass man auf Instandhaltung (4) verzichtet und stattdessen die Lampen ersetzt, erreicht man eine - wenn auch möglicherweise von Anwohnern gar nicht gewünschte - "verkehrtechnische Verbesserung", also einen "Vorteil für die Grundstückseigner" Wichtiges Detail: So können (Stadtverwaltung: "müssen") die Anlieger an den Kosten beteiligt werden.
Hier drängt sich der Verdacht auf, dass ein Kulturgut (2) - inzwischen muss man wohl sagen: bewusst - geopfert wird, um Andere zwingen zu können sich an den Kosten zu beteiligen.
In einem Bericht des Express wird aus Düsseldorf berichtet, dass bei Pilotprojekten die Bürger nicht zur Kasse gebeten werden (müssen) In Lohausen wurden LED installiert ohne Kostenbeteiligung (Link)
Kostenersparnis als oberste Maxime? Oder "verantwortlich" und "Gut für die Region"?
Wenn der Stadtwerkekunde nur auf kostengünstigen
Strom/Gasbezug setzen würde, könnte er zu dem Schluss
kommen, dass sich ein Wechsel zu einem anderen Strom- und Gasanbieter
lohnt.
Dagegen halten Stadtwerkeverbände den Claim "Gut für die Region"
zu sein. Das hört sich nach wertorientierter Politik an. Auch wenn die
Stadtwerke Nettetal diesen Claim zumindest auf ihrer
Homepage
gar nicht unterstützten. Messen lassen sollten sie sich daran. Denn
wenn sie nicht "gut für die Region" sind, machen sie sich m.E. schnell
überflüssig. Zahlreiche Plakate im Stadtgebiet, warben 2010 für
die Stadtwerke Nettetal als besonders "verantwortlich"en Energieversorger.
Eine Verantwortung wäre aber auch für Kulturgüter denkbar.
Sind Bürger und Politik machtlos zum "zur Kenntnis nehmen" verdonnert?
Soooo einfach isses nicht:
Politik:
Die Stadt hat die Beleuchtung zwar verkauft und den Betrieb auf die Stadtwerke
übertragen; sie hat auch noch Einfluss auf neue Art und Umfang der
Investitionen sowie bei der Unterhaltung. Auch wenn es sich um ein Geschäft
der laufenden Verwaltung handelt, kann der Rat (oder auch der zuständige
Ausschuss) die Entscheidungen wieder an sich ziehen.
Die Politik sollte daher das Für und Wieder offen diskutieren und dabei
Gaslicht nicht von vorneherein abschreiben.
Bürger:
Der Bürger kann über die gewählten Vertreter Einfluss nehmen.
Er kann sich für eine echte Diskussion um das Für und Wider stark
machen. Er kann zum Ausdruck bringen, dass er Geldausgaben (letztlich sein
Steuer-, Strom- Gas- oder Wassergeld) zum Erhalt der Laternen befürwortet.
(Geld, dass zusätzlich eingenommen oder anderswo gespart werden muss)
Gegenüber den Stadtwerken der Bürger allenfalls Rechte als umworbener Kunde. Da es inzwischen Konkurrenzanbieter gibt, die Strom und Gas billiger verkaufen, kann die Kundenzufriedenheit den Stadtwerken nicht ganz egal sein.
Was tun?
Kurz:
Wir halten das Gaslicht für erhaltenswert.
Wir bitten Anwohner, Verantwortliche und alle Bürger, nach einem Weg
zu suchen, wie die Gastechnik geschützt werden kann. An erster Stelle
sehen wir die Stadtwerke als Eigentümer sowie Politik und Verwaltung
in der Pflicht.
Fußnoten:
(1) Die Straßenlaternen wurden nach unserem
Wissensstand an die Stadtwerke verkauft. Mit "Besitz" ist daher gemeint,
dass es sich bei techno-kulturellem Erbgut um den "Besitz" der Allgemeinheit
geht: Lobberich "besitzt" mehrere Kirchen, ein Kastell, einen Wasserturm
- und eben auch noch 28 Gaslaternen.
Übrigens: Ob alles mit rechten Dingen zugeht, kann nur mit Mühen
nachvollzogen werden - Der Vertrag, der laut Zeitungsberichten ein
Rückkaufsrecht beinhalten sollte ist "wie alle
(Verträge) nicht-öffentlich".
Zweifel an der Schutzwürdigkeit von Gasbeleuchtungen könnte eine Stellungnahme des LVR-Amtes für Denkmaplpflege ausräumen: Der wissenschaftliche Referent, Axel Föhl (Referat Technik- und Industriedenkmale) hatte sich in die Auseinandersetzung um die Düsseldorfer Laternen aus Denkmalschützerischer Sicht beteiligt. Er urteilt im Dezember 2009: "Ganze Straßenbilder (gemeint: mit Gasbedeuchtung) repräsentieren (...) ein technik-, urbanistik- und sozialgeschichtlich relevantes Erscheinungsbild. Die Erhaltung dieses Zustandes stellt somit eine denkmalpflegerisch wertvolle Zielsetzung dar." (=> mehr) |
(3) In Berlin ist man aus ökonomischen und
ökologischen Gründen vom Einsatz der LED-Techik auf Jahre
abgerückt.
Die Technik wird dort - kurz zusammengefasst - als nicht ausgereifte
Technik mit sehr wohl hohem Potenzial eingeschätzt.
(4)
Der Begriff Instandhaltung umfasst die Bereiche Wartung, Inspektion,
Instandsetzung, und Verbesserung.
-
Unter Wartung versteht man alle Maßnahmen, die dazu dienen, den Sollzustand an einem System zu bewahren.
-
Bei der Inspektion werden alle Maßnahmen ergriffen, die zur Feststellung und Beurteilung des Istzustandes an einem System notwendig sind.
-
Die Instandsetzung umfasst alle Maßnahmen, welche dazu dienen, den Sollzustand in einem System wiederherzustellen.
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Unter Verbesserung versteht man alle technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Steigerung der Funktionstüchtigkeit eines Systems ohne die bisherige Funktion zu ändern.
(5) Die Stadtverwaltung hat scheinbar keinen Einfluss auf die Entscheidung der Stadtwerke genommen. Sie erledigt aber die "Drecksarbeit" - nämlich das Eintreiben der Kostenbeteiligung von den Anwohnern. So umfasst der Brief nur eine knappe allgemeine Begründung der Maßnahmen, dann allerdings eine 3-seitige juristische Untermauerung der angekündigten Zahlungsaufforderung.
Ralf Schmeink
(Für Hinweise auf missverständliches und Falsches bin ich dankbar
-
eventuelle Korrekturen werden unverzüglich erledigt.)
Zeitschiene (unvollständig):
15. Juli: Gaslaterne im Pfarrgarten wieder in Betrieb
27. Mai: Gaslaternen: Gespräche über Erhalt
geplant
21. Mai: Einsatz für Gaslaternen
Infoabend am 19. Mai - ein
Bericht
15. Mai:
Kampf um Lobberichs letzte Gaslaternen
28. "März Umweltschutz durch
LED" (Unkritischer Bericht - Pressemeldung der Stadtwerke
zusammengefasst)
25. März: Leserbrief in den GN:
Kulturelles Erbe nicht verschrotten
19. März
2010: Beleuchtung - Nettetal gehen die Lichter auf (unkritischer Bericht
der WZ)
18. März 2010. Die Stadt im
neuen Licht - Stadtwerke setzen auf LED-Lampen anstatt Gaslaternen
(unkritischer
Bericht der GN)
17. März 2010: LED ersetzt Gaslaternen (unkritischer
Bericht der RP)
12. März: "News" der Stadtwerke Nettetal: Unsere Stadt
im neuen Licht LED-Technik in der Straßenbeleuchtung
11. Dezember 2009: LVR: Erhaltung
von Gaslampen ist "denkmalerisch wertvolle Zielsetzung"
26. Oktober 2009: Düsseldorfs Gaslicht soll als
UNESCO-Weltkulturerbe eingetragen werden
22. Oktober: Die Anwohner der Brabanter Straße
werden über den geplanten Abriss informiert (Kommentiertes
Schreiben)
22. Oktober 2009: LED - Lampen
am Schulzenburgweg werden von Lampenfirma subventioniert
15 September 2009: der Ausschuss für
Stadtplanung nimmt einstimmig "zustimmend Kenntnis" von den Plänen,
die Gaslaternen am Schulzenburgweg
und an der Brabanter Straße zu ersetzen.
Zur Diskussion 2017
Die Stadtwerke hatten die Laternen nicht instand gesetzt, mit der Begründung "Es gibt keine Ersatzteile"
Streit 2022
Der Bürgermeister gibt bekannt, dass "die Stadt Nettetal" die Stadtwerke beauftragen, die Gaslaternen vom Netz zu nehmen